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Sturm im Wasserglas?

18. Februar 2010

US-Präsident Barack Obama hat im Weißen Haus den Dalai-Lama empfangen; trotz heftiger Proteste der Chinesen. Das Verhältnis zwischen beiden Staaten ist kompliziert - man könnte es als eine "Hass-Liebe" beschreiben.

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Barack Obama vor chinesischer Flagge (Montage: DW)
Angespannt - so bewerten viele Experten das Verhältnis USA-ChinaBild: AP / Fotomontage: DW

Diesmal gab es kein Zurück: Trotz der Proteste der Chinesen empfing US-Präsident Barack Obama den Dalai Lama am Donnerstag (18.02.2010) in Washington. Ein Sprecher der Pekinger Außenministeriums hatte zuvor gefordert, Obama solle die Begegnung mit dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter absagen, um den "chinesisch-amerikanischen Beziehungen nicht weiteren Schaden zuzufügen". Doch Obama freue sich auf ein konstruktives Gespräch mit dem Dalai Lama, erklärte der Sprecher des Weißen Hauses.

Obama von Beginn an gesprächsbereit

Dalai Lama (Foto: DW)
Obama will den Dalai Lama treffen, China ist empörtBild: DW

Barack Obama wollte im ersten Jahr seiner Amtszeit alles anders machen als seine Vorgänger. Diese hatten sich nämlich dafür stark gemacht, sich gegenüber China zunächst hart zu zeigen. Doch ohne den Ballast solcher früheren Versprechen konnte die Obama-Regierung sehr schnell Gespräche und hochrangig besetzte Gipfeltreffen zwischen den beiden Staaten aufnehmen - vor allem vor dem Hintergrund der globalen Finanzkrise. Schließlich besitzen die Chinesen eine halbe Milliarde Euro an US-Staatsanleihen und sind damit der größte Gläubiger der Amerikaner.

Ihre erste Auslandsreise führte US-Außenministerin Hillary Clinton dann auch nach Peking. Dabei erklärte Clinton, dass sie Fortschritte in der Debatte über Menschenrechte nicht zur Bedingung mache, um mit China über andere wichtige Themen zu reden. Das brachte ihr zuhause viel Kritik ein.

2009 noch kein Treffen mit Dalai Lama

Barack Obama und Wen Jiabao (Foto: AP)
So viele höfliche Gesten gibt es momentan nicht mehr zwischen Obama und dem chinesischen Premier WenBild: AP

Kritik musste auch Präsident Obama einstecken, als er eine Begegnung mit dem Dalai Lama im vergangenen Jahr ablehnte. Und auf seiner ersten Reise nach China richtete er sich ganz nach den Wünschen der Gastgeber. In Schanghai erklärte er bei einem Treffen mit Studenten: "Wir haben ein positives, konstruktives und umfassendes Verhältnis, das den Weg ebnet zu einer Partnerschaft bei den entscheidenden Themen unserer Zeit: die Erholung der Wirtschaft, Entwicklung von sauberen Energien, nukleare Abrüstung, Bekämpfung des Klimawandels, Frieden und Sicherheit in Asien und weltweit."

Doch in letzter Zeit scheint sich das Blatt gewendet zu haben. US-Außenministerin Hillary Clinton erklärte bei einer Rede in Paris, China müsse sich der Forderung nach härteren Sanktionen gegenüber Iran anschließen, wenn es nicht diplomatisch isoliert und wirtschaftlich benachteiligt werden will. Clinton hatte zuvor auch gesagt, Peking solle die Hacker-Angriffe aufklären, über die Google sich öffentlich beschwert hatte. Außerdem kündigten die USA an, Taiwan Waffen im Wert von 6,4 Milliarden Dollar zu liefern.

Beziehung USA-China "schon immer kompliziert"

Und nun trifft Präsident Obama das religiöse Oberhaupt der Tibeter - obwohl die chinesische Führung versucht hat, dies zu verhindern. Für die China-Expertin Nina Hachigian vom liberalen Center for American Progress war das eine absehbare Entwicklung. "Die Herangehensweise der amerikanischen Regierung hat sich nicht verändert, es ist vielmehr eine Frage des zeitlichen Ablaufs", so Hachigian. In den amerikanisch-chinesischen Beziehungen gehe es früher oder später immer um diese schwierigen Themen. Das Verhältnis zwischen China und den USA sei kompliziert und man habe viele Differenzen, sagte sie, aber "künstlich dramatisieren muss man es auch nicht". Auch im vergangenen Jahr hätten die Amerikaner Entscheidungen getroffen, die zu Irritationen bei den Chinesen geführt hätten. "Zum Beispiel, als Präsident Obama chinesische Reifenimporte mit Strafzöllen belegt hat, weil er überzeugt war, dass dies im Interesse der USA sei."

"Das war genau das, was die USA wollten"

Hubschrauber vor Flaggen der USA und Taiwans (Montage: DW)
Auch der Waffendeal der USA mit Taiwan Ende Januar hat die Chinesen verärgertBild: AP Graphics/DW

Ferner verweist die China-Expertin auf Erfolge von Obamas China-Politik: "Das Ergebnis des Klimagipfels von Kopenhagen ließ zwar zu wünschen übrig. Aber es war besser, als die meisten Beobachter es von China noch ein halbes Jahr zuvor erwartet hätten." Und was den Iran betreffe, habe China sich der ziemlich harschen Einschätzung der Internationalen Atomenergiebehörde angeschlossen, so Hachigian. "Gegenüber Nordkorea haben sie Sanktionen unterstützt und durchgesetzt - das haben sie vorher noch nie getan. Und im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise haben sie prozentual das größte Konjunkturpaket der Welt verabschiedet. Das war genau das, was die USA wollten."

"Chinas heftige Reaktionen waren zu erwarten"

Natürlich, so gibt auch die China-Expertin zu, gebe es in allen diesen Bereichen noch viel zu tun. Die scharfen Worte Chinas im Zusammenhang mit Tibet und Taiwan würden sie aber nicht überraschen. Das seien eben Themen, die China besonders wichtig seien. "Chinas Reaktionen waren zwar heftig", so Hachigian, "aber nicht heftiger als in der Vergangenheit. Sie waren zu erwarten und nicht ungewöhnlich".

Auch für die Zukunft ist Hachigian optimistisch - anders als viele andere China-Experten, die von einer zunehmend angespannten Beziehung zwischen den beiden Ländern sprechen. "Wir sind sicherheitspolitisch und wirtschaftlich so abhängig voneinander, dass wir immer Wege finden, bei Themen zu kooperieren, die uns beiden wichtig sind." Differenzen bei anderen Themen werde es dabei aber immer geben.

Autorin: Christina Bergmann
Redaktion: Miriam Klaussner