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Es gelte, die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten

5. Juni 2009

Barack Obama wurde von den Buchenwald-Überlebenden Elie Wiesel und Bertrand Herz begleitet.

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US-Präsident Barack Obama, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Elie Wiesel und Bertrand Herz in Buchenwald (Foto: AP)
Gang durch die Gedenkstätte: Obama, Merkel, Elie Wiesel und Bertrand HerzBild: AP

Für den amerikanischen Präsidenten war der Besuch der Gedenkstätte in Buchenwald am Freitag (05.06.2009) auch eine Reise in die eigene Vergangenheit: Sein Großonkel, der als US-Soldat zu den Befreiern des Buchenwald-Nebenlagers Ohrdruf gehörte, hatte ihm viel über die Eindrücke erzählt. Diese Erzählungen haben den jungen Barack Obama nachhaltig beeinflusst.

Sichtlich beeindruckt absolvierte der amerikanische Präsident einen Rundgang über das Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers. Immer wieder blieb er stehen und ließ sich von zwei Überlebenden des Lagers, Elie Wiesel und Bertrand Herz, erklären, wie das Lagerleben abgelaufen ist. "Was ich hier gesehen habe, werde ich nicht vergessen", sagte Obama. "Dieser Ort lehrt uns, dass wir stets wachsam bleiben müssen, damit sich das Böse nicht verbreitet."

"Intoleranz widerstehen"

Vier weisse Rosen auf der Gedenkplatte in Buchenwald (Foto: AP)
Rosen zum GedenkenBild: AP

Gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel legte er eine weiße Rose an einem Gedenkstein nieder und erwies so den Opfern des Lagers die Ehre. Während dieser Teil des Besuchs von TV-Stationen teilweise live übertragen wurde, blieben die Kameras beim Gang in das Krematorium des Lagers ausgeschlossen. In einer Ansprache nach dem Rundgang verurteilte er jede Form der Leugnung des Holocaust. Buchenwald mahne dazu, wachsam zu sein: "Uns Lebenden obliegt es nun, Intoleranz und Gleichgültigkeit zu widerstehen", sagte Obama. "Wir müssen Zeugnis ablegen, damit die Welt weiß, was hier geschehen ist."

Die Bundeskanzlerin zeigte sich beeindruckt von der Gedenkplatte, die stets auf die Lebenstemperatur von 37 Grad erwärmt ist. In unmittelbarer Nachbarschaft zu Weimar, wo viele Deutsche große Beiträge zur europäischen Kultur geleistet hätten, sei es nach wie vor schwer nachvollziehbar, wie es zu derartigen Lagern habe kommen können. Folgerichtig sei die Erinnerung an diesen Zivilisationsbruch zur Staatsräson der Bundesrepublik geworden. "Wir Deutschen werden nicht vergessen, dass wir nach dem Krieg die Chance zum Neuanfang, zu Frieden und zu Freiheit, der Entschlossenheit und dem Einsatz - und ja, auch das: dem Blutzoll - der Vereinigten Staaten und all denen zu verdanken haben, die an ihrer Seite als Alliierte oder Widerstandskämpfer standen", sagte Merkel.

Wiesel: Welt hat Lektion nicht gelernt

Blick auf den Stacheldraht-Zaun und das Lagertor in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar. (Foto: dpa)
Das ehemalige LagertorBild: picture alliance / dpa

Der Friedensnobelpreisträger und ehemalige Buchenwald-Häftling Elie Wiesel sagte, dass die Welt ihre Lektion aus Buchenwald noch nicht gelernt habe. Er und andere Überlebende hätten nach der Befreiung aus dem Lager gehofft, dass Hass und Rassismus keinen Platz mehr hätten. "Hätte die Welt gelernt, hätte es kein Kambodscha, kein Ruanda, kein Darfur und kein Bosnien gegeben", sagte Wiesel.

Vor dem Besuch in Buchenwald war Obama in Dresden mit Merkel zusammen gekommen. Nach dem etwa einstündigen Gespräch hatte der US-Präsident erklärt, Deutschland sei nicht nur ein "entscheidender Partner", sondern auch ein "enger Freund". Die Bundeskanzlerin versprach, vor allem im Nahost-Konflikt gemeinsam mit den USA für eine Zweistaaten-Lösung einzutreten. Aber auch im Atomstreit mit dem Iran, bei der Bekämpfung der weltweiten Wirtschaftskrise und beim Klimaschutz wollen beide Länder in Zukunft eng zusammenarbeiten.

Frauenkirche: "Wonderful"

Obama und Merkel (Foto: ap)
Das Verhältnis zwischen den beiden Politikern ist intakt: Obama und Merkel in DresdenBild: AP

Vor dem Hintergrund der Rede Obamas am Donnerstag in Kairo sieht die deutsche Regierungschefin neue Möglichkeiten, den fest gefahrenen Friedensprozess im Nahen Osten wieder zu beleben. Mehr noch: Die Rede sei "ein Türöffner in die arabische Welt", meinte Merkel. Der amerikanische Präsident hatte vor 3.000 Muslimen den gegenseitigen Respekt zwischen den Religionen eingefordert. So könnten die Konflikte zwischen Religionen und Kulturen friedlich gelöst werden.

Aber der Besuchstag hielt für den amerikanischen Präsidenten auch kulturelle Höhepunkte bereit. Nachdem er das "Grüne Gewölbe" des Dresdner Schlosses bewundert und sich ins Goldene Buch der Stadt eingetragen hatte, entlockte ihm der Anblick der restaurierten Dresdner Frauenkirche ein "wonderful".

Auf dem Weg in die Normandie

US-Präsident Barack Obama während seiner Rede an der Universität Kairo am 4. Juni 2009 (Foto: AP)
Rede an der Universität Kairo am 4. Juni 2009Bild: AP

Nach dem Besuch in Buchenwald reiste Obama weiter in die Pfalz, um in Landstuhl das dortige US-Militärhospiz zu besuchen. Dort werden verletzte amerikanische Soldaten aus dem Irak und aus Afghanistan behandelt. Am Abend setzte Obame seine Europareise in Richtung Frankreich fort. Dort wird er am Samstag in der Normandie an den Feierlichkeiten zum 65. Jahrestag der alliierten Landung im Jahr 1944 teilnehmen. Auch Großbritanniens Premier Gordon Brown, Prinz Charles und Kanadas Premierminister Stephen Harper werden zu der Gedenkfeier am sogenannten D-Day erwartet.

Die Reise des amerikanischen Präsidenten hat bisher ein positives Echo hervorgerufen. Vor allem die Rede in Kairo, in der Obama durch gegenseitigen Respekt ein friedliches Miteinander der Religionen und Kulturen einforderte, wird als Meilenstein hervorgehoben. EU-Chefdiplomat Javier Solana hofft, dass nun "die EU, die USA und die Länder der Region anfangen können, die vielen Probleme zu lösen, mit denen wir im Nahen Osten konfrontiert sind". (hel/mas/dpa/rtr/afp/ap/epd)