1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Barack Obama und die afro-amerikanische Community ein Jahr nach der Wahl

4. November 2009

Zum ersten Mal übernahm mit Barack Obama ein Afro-Amerikaner das höchste Amt der USA. Entsprechend groß waren die Erwartungen der schwarzen Bevölkerung. Konnte Obama sie bisher erfüllen?

https://p.dw.com/p/KOF8
Sean Scott aus Bridgeport, Connecticut, wartet vor dem Washingtoner Kapitol am Morgen der Amtseinführung Barack Obamas am 20. Januar. 2009 (Foto: AP)
Obamas Wahl ließ nicht zuletzt Afro-Amerikaner 'Hoffnung wagen'Bild: AP

Wenn es um seine Hautfarbe geht, dann gibt sich Barack Obama zurückhaltend. Schon während des Präsidentschafts-Wahlkampfs kam er erst auf das Thema Rassendiskriminierung zu sprechen, als er sich von seinem damaligen schwarzen Pastor Jeremiah Wright lossagen musste. Die Berichte über dessen diskriminierende Predigten schadeten Obamas Ansehen. Als Präsident antwortete er auf im März auf einer Pressekonferenz auf die Frage, ob seine Hautfarbe eine Rolle in seinem Amt spielt. "Jetzt beurteilen mich die Amerikaner genau so, wie es richtig ist: Danach, ob wir die Liquidität des Finanzsektors wieder verbessern können, Arbeitsplätze schaffen und die Wirtschaft unterstützen und das Land vor Angriffen schützen. Und das sind die Themen, die mich täglich beschäftigen."

Obama als T-Shirt-Ikone

Das sehen die Afro-Amerikaner in den USA ein bisschen anders. Sie sind stolz darauf, dass es einer von ihnen bis in das höchste Amt im Staat geschafft hat. Nolan Rollins, ist Präsident der Urban League in New Orleans, einer Menschenrechtsorganisation, die sich für Schwarze einsetzt. New Orleans hat eine überwiegend afro-amerikanische Bevölkerung. Wenn Rolllins heute durch New Orleans geht, sieht er afro-amerikanische Teenager, die T-Shirts mit dem Siegel des amerikanischen Präsidenten tragen. "Wann hat es das jemals gegeben: Sie tragen nicht nur das Bild von Barack Obama, sondern das Siegel der Vereinigten Staaten. Das sagt doch ganz eindeutig etwas über den Stolz, den alle Afro-Amerikaner fühlen, weil jemand wie er im Weißen Haus sitzt."

(Foto: AP)
Im Präsidentschafts-Wahlkampf mied Barack Obama das Thema 'Race Relations'Bild: AP

Nicht nur auf T-Shirts, auch auf den Titelbildern zahlreicher Magazine ist seit einem Jahr immer wieder Barack Obama zu sehen. Dadurch würde sich das negative Bild, das die amerikanische Öffentlichkeit von schwarzen Männern, positiv verändern, meint Andre Perry, Dekan des Bildungsinstituts der Universität von New Orleans. Es sei gar nicht notwendig, dass der Präsident eine Politik verfolgt, die speziell Schwarze unterstützt. Sie würden von jeder sozial gerechten Politik automatisch profitieren, sagt der Afro-Amerikaner. Das gelte für eine Reform des öffentlichen Schulsystems, genauso wie für die der Gesundheitsreform oder eine Reform des Justizsystems. Für Andre Perry muss Obama seine Reformbemühungen gar nicht mit dem ausgewiesenen Schild 'für Schwarze’ versehen. "Ich möchte, dass Präsident Obama die Sozialpolitik des Staates reformiert und das versucht er."

Keine Klientelpolitik

Präsident Obama sieht das offensichtlich ebenso. In einer Rede vor der NAACP, einer Organisation, die sich für die Rechte der Schwarzen in den USA einsetzt, wies er in diesem Sommer allerdings nicht nur auf die noch immer vorhandene Rassendiskriminierung in den USA hin. Er betonte erneut, dass seine Reformen allen Minderheiten zu Gute kommen. Er sieht sich als Präsident aller Amerikaner – und ist damit gut beraten, meint Edward Frantz, Geschichts-Professor an der Universität von Indianapolis. Immer, wenn ein Präsident gewählt wird, glaubten einzelne Gruppen, sie hätten ihm diesen Sieg gebracht und erwarteten entsprechende Gegenleistungen: Bei John-F.Kennedy waren es die Katholiken, bei Franklin D. Roosevelt die Gewerkschaften. Ein Präsident könne diese Erwartungen aber nicht erfüllen, auch nicht für die Afro-Amerikaner, sagt der Historiker. "Wir reden hier über zehn Prozent der Bevölkerung. Man kann keine Wiederwahl gewinnen, wenn man nur die Interessen dieses Teils der Wähler bedient."

Der Fall Henry Louis Gates

Auch dürfe man nicht vergessen, dass viele Amerikaner Obama gewählt hätten, gerade weil er gerade keine ausgewiesene Politik für Schwarze macht.

Welchen Einfluss Obamas Präsidentschaft auf die Rassendiskriminierung in den USA hat, werde sich erst mit der Zeit zeigen, so Frantz. "Rassenprobleme verschwinden nicht einfach, nur weil man einen afro-amerikanischen Präsidenten hat. Das war vorher klar, auch wenn einige Schwarze und Weiße es gehofft hatten. Der Zwischenfall mit Professor Henry Louis Gates hat ganz deutlich gezeigt, dass das Problem nicht einfach von der Bildfläche verschwindet."

(Foto: DPA)
Erfolgreiche Bier-Diplomatie - die Affäre um die Verhaftung des afroamerikanischen Professors GatesBild: dpa/PA

Der schwarze Harvard-Professor Gates hatte einen weißen Polizisten der Rassendiskriminierung bezichtigt, weil dieser ihn in Gates eigener Wohnung als mutmaßlichen Einbrecher verhaftet hatte, obwohl Gates sich ausweisen konnte. Obama verurteilte das Vorgehen des Polizisten als "dumm", ohne die Fakten zu kennen.

Für Edward Frantz die verständliche Bemerkung eines farbigen Präsidenten. "Im Unterschied zu einem weißen Präsidenten, denn die meisten weißen Politiker haben wohl nie die Erfahrung gemacht, dass sie wegen ihrer Hautfarbe von der Polizei angehalten oder festgenommen werden."

Subtile symbolische Veränderung

Obamas Bemerkung und dem Vorfall folgte ein nationaler Aufschrei von Schwarzen und Weißen, der in einem "Bier-Gipfel" im Weißen Haus endete. Der Präsident wollte damit zeigen wollte, dass Meinungsverschiedenheiten im Gespräch gelöst werden können. Welche Bedeutung dieses als "Foto-Termin" abgewertete Treffen langfristig hat, so der Historiker Frantz, wird sich erst in vielen Jahren zeigen. Harte Fakten, dass es den Afro-Amerikanern unter einem Präsidenten mit schwarzer Hautfarbe besser geht, gibt es also nicht. Doch Frantz rät, die symbolische Bedeutung der gesamten Präsidentschaft Obamas nicht zu unterschätzen. "Wenn Kinder, schwarze, weiße oder Latinos, einfach nur schauen, wer Präsident ist, dann sehen sie jetzt eben ein anderes Bild. Das ist sehr subtil, aber ich glaube es ist doch eine wichtige Veränderung."

Autorin: Christina Bergmann

Redaktion: Sven Töniges