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OECD-Konferenz in Paris berät über Fahrplan für Mali

Katrin Matthaei21. Oktober 2015

Die internationale Gemeinschaft will Mali voranbringen. In dem westafrikanischen Land gibt es zwar einen Friedensvertrag, doch der Norden wird weiterhin von lokalen Rebellen und islamistischen Gruppen terrorisiert.

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Mali Präsident Ibrahim Boubacar Keita in Paris
Malis Präsident Keita (Mitte) ist zu Gesprächen in ParisBild: picture alliance/Zuma Press/A. Freindorf

Das Ziel der Konferenz in Paris ist ambitioniert: Die internationale Gemeinschaft will ein neues Mali aufbauen. Doch dass die Lage im Norden des Landes weiterhin fragil ist, wissen sowohl Malis Präsident Ibrahim Boubakar Keita als auch die Vertreter der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Trotzdem gibt es auch Anlass für vorsichtigen Optimismus: Im Juni brachten Malis Zentralregierung und die verschiedenen bewaffneten Tuareg-Rebellengruppen im Norden ein Friedens- und Versöhnungsabkommen unter Dach und Fach. Dieses nun für die nächste Zukunft mit Leben - und vor allem Geld - zu füllen, ist das Ziel der Konferenz in Paris.

Die vergangenen drei Jahre waren eine Zerreißprobe für das westafrikanische Land, das fast dreieinhalb Mal so groß ist wie Deutschland: Im Frühjahr 2012 nahmen Dschihadisten mit Verbindungen zu Al-Kaida den Norden Malis ein. Sie hatten eine Revolte der lokalen bewaffneten Tuareg-Gruppen ausgenutzt, die seit Jahrzehnten um mehr Autonomie oder sogar Unabhängigkeit von der Zentralregierung in Bamako kämpfen. Im Januar 2013 wurden die Islamisten zwar größtenteils durch einen von Frankreich geführten internationalen Militäreinsatz vertrieben. Sie sind aber weiterhin im äußersten Norden des Landes aktiv und kontrollieren immer noch einige Landstriche.

Der Norden braucht Entwicklungsperspektiven

Aber mit der Vertreibung der Islamisten hörte die Gewalt nicht auf: Lokale Tuareg-Gruppen weigerten sich, die Kontrolle wieder an die Armee und die malische Staatsregierung abzugeben. In der unübersichtlichen Grenzregion zu Algerien gibt es einen regen Schmuggel mit Waffen und Drogen. Für viele arbeitslose Jugendliche ist der illegale Handel die einzige Einnahmequelle in dem von der Zentralregierung in Bamako lange vernachlässigten Norden.

Tuareg Rebellen unterzeichnen Friedensabkommen in Bamako (foto: HABIBOU KOUYATE/AFP/Getty Images)
Zaghafter Optimismus nach der Unterzeichnung des Friedensvertrages im JuniBild: GettyImages/AFP/H. Kouyate

In dem Friedensvertrag vom Juni einigen sich schließlich die bewaffneten Tuareg-Gruppen (ohne die Islamisten) auf eine Dezentralisierung, die dem Norden weitreichende Selbstverwaltung zugesteht. Gleichzeitig stimmten die Rebellen zu, dass die nationale Armee wieder Zugang zum Norden bekommt. Im Gegenzug erklärte sich die Regierung bereit, die Region aufzubauen und für Entwicklung und Jobs zu sorgen.

"Jetzt muss sich Mali erholen und den Wiederaufbau voranbringen", sagt Paul Melly, Analyst bei der renommierten Organisation Chatham House in London. " Die OECD-Länder werden sich die Wirtschaftslage Malis anschauen und Pläne zur Entwicklung des Nordens diskutieren. Vor zwei Jahren hatte die internationale Gemeinschaft auf einer Geberkonferenz in Brüssel rund drei Milliarden Euro zugesagt.

Terrormilizen weiterhin aktiv

Die französische Regierung hat im Vorfeld des heutigen Treffens Hilfen von 330 Millionen Euro für Mali angekündigt. "Frankreich sieht Mali als absolute Top-Priorität", so Melly. Paris wolle in der Region wieder für Stabilität sorgen "und so der Gefahr des Dschihadismus in der Sahel-Region entgegentreten". Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich ist mit 1300 Soldaten in Mali aktiv. Auch die deutsche Bundesregierung will künftig Soldaten in die Region entsenden.

Karte Mali Bamako Timbukutu Sevare
Bild: DW

"Das pessimistischste Szenario ist, dass die Dschihadisten wieder die Kontrolle über einen Teil unseres Landes gewinnen", warnt Berthe Yakouba, Repräsentant der deutschen Konrad-Adenauer-Stiftung in Mali. Dann drohten dem Land Terroranschläge wie durch Boko Haram in Nigeria, Niger und Tschad. "Wir müssen verhindern, dass sich diese Gruppen wieder bei uns festsetzen", warnt Yakouba.

Friedensvertrag vom Juni bereits gebrochen

Aber auch ohne die Islamisten bewertet er den Friedensabschluss sehr vorsichtig. "Im Norden gibt es den Frieden nur auf dem Papier, denn dort herrschen weiterhin die verschiedenen bewaffneten Gruppen" Jede von ihnen verfolge ihre eigenen Interessen, so Yakuba.

Tatsächlich wurde der Friedensvertrag bereits massiv gebrochen: Im August und September kämpften regierungstreue Milizen und Tuareg-Rebellen um die Vorherrschaft in der Stadt Anéfis. Erst Ende September einigten sie sich auf einen Waffenstillstand, einen sogenannten Ehrenpakt. "Aber auf lange Sicht löst er nicht die Probleme, warum sich die rivalisierenden Gruppen überhaupt gegenüberstehen."

Vertrauen der Bevölkerung im Norden gewinnen

Er erhofft sich von der OECD-Mali-Konferenz, dass sie dem Norden dauerhafte Stabilität und Entwicklung bringt. Die Zentralregierung in Bamako müsse sich nun um diese Region kümmern, die sie viel zu lange vernachlässigt habe.

Mali Anschlag auf ein Restaurant in Bamako (Foto: HABIBOU KOUYATE/AFP/Getty Images)
Der Anschlag auf ein Restaurant erschütterte Malis Hauptstadt Bamako im März 2015Bild: AFP/Getty Images/H. Kouyate

Das allerdings braucht Zeit und Geld. Denn die ohnehin schwachen Verwaltungs- und Wirtschaftsstrukturen sind seit dem Überfall durch die Islamisten vollständig zusammengebrochen. "Hoffentlich bewegt sich Mali jetzt auf einen Punkt zu, wo die nicht-terroristischen Gruppen und Milizen ihre Waffen niederlegen und Teil des politischen Prozesses werden", sagt Paul Melly. Aber die breite Bevölkerung im Norden werde das unterstützen, wenn sie sehe, dass ihre Interessen vertreten und das Geld fair ausgegeben werde, so Melly.

Daran dürften die Geldgeber heute auf der Konferenz in Paris auch den malischen Präsidenten Ibrahim Boubakar Keita erinnern.