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OECD verstärkt Kampf gegen Steueroasen

23. Juni 2009

20 OECD-Länder haben sich darauf verständigt, gemeinsam gegen Steuerparadiese und intransparente Finanzkonstrukte vorzugehen. Mit dabei sind auch Länder, die vor kurzem noch als Steueroasen in der Kritik standen.

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Symbolbild Steuerparadies (Grafik: DW)
Steueroasen sollen nach dem Willen der OECD trockengelegt werden

OECD-Generalsekretär Angel Gurria lobte am Dienstag (23.06.2009) in Berlin ausdrücklich die Schweiz, Luxemburg und Belgien. Diese Länder hatten noch vor wenigen Wochen als europäische Steuerparadiese in der Kritik gestanden. Nun meinte Gurria: "Wir haben in den letzten drei Monaten mehr Fortschritte erzielt als in den zehn Jahren davor."

Nach Einschätzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zeigt der verstärkte Druck auf Steueroasen Fortschritte. Seit der Vorlage einer "grauen Liste" unkooperativer Staaten Anfang April hätten sich 40 weitere Länder bereiterklärt, OECD-Standards zum Austausch von Informationen bei Steuerfragen einhalten zu wollen. Damit sei die Zahl auf inzwischen 84 Staaten gestiegen.

Ein Drittel der OECD-Länder fehlt

Der Generalsekretär nahm an einem Steuergipfel im Bundesfinanzministerium teil. Am Tisch saßen dort insgesamt 20 OECD-Staaten: Belgien, Kanada, Dänemark, Finnland, Irland, Island, Italien, Japan, Korea, Luxemburg, Mexiko, Niederlande, Norwegen, Österreich, Spanien sowie Schweden, Schweiz und Großbritannien; eingeladen hatten Deutschland und Frankreich. Ziel des Treffens war ein gemeinsames Bekenntnis zu mehr Transparenz und zu einem besseren Datenaustausch. Das Treffen knüpfte an eine Konferenz in Paris im Oktober an.

Die OECD wurde 1961 in Paris gegründet und vereinigt 30 Mitgliedsländer auf der ganzen Welt. Alle Mitgliedsländer bekennen sich zu Demokratie und Marktwirtschaft. Warum nur zwei Drittel der OECD-Mitglieder eingeladen wurden, ist nicht bekannt.

Gemeinsame Erklärung

Die in Berlin anwesenden Vertreter ihrer Länder einigten sich auf eine Erklärung, wonach die Unterzeichner gemeinsam und verstärkt gegen internationale Steueroasen vorgehen wollen. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) nannte die Erklärung, die auch Sanktionsmöglichkeiten vorsieht, bemerkenswert. Auch Steinbrück lobte die Schweiz, Luxemburg und Österreich und sprach ihnen ein "großes Kompliment" aus. Wie der französische Haushaltsminister Eric Woerth forderte Steinbrück zugleich, es nicht bei Ankündigungen zu belassen. Die Länder müssten diese jetzt auch umsetzen.

Finanzminister Hans-Rudolf Merz und Peer Steinbrück (Foto: AP)
Konnten nach einigem Streit wieder gemeinsam scherzen: Merz (l.) und SteinbrückBild: AP

Schweiz signalisiert Steinbrück Entgegenkommen

Die Schweiz bot der deutschen Regierung eine Ausweitung der Amtshilfe in Steuersachen an. Der Schweizer Finanzminister Hans-Rudolf Merz und Steinbrück vereinbarten bereits am Montagabend, Verhandlungen über eine Revision des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) aufzunehmen. Dies teilte das Berner Finanzministerium in der Nacht zum Dienstag mit. Zugleich wies Merz erneut den Vorwurf zurück, dass die Schweiz eine Steueroase sei.

Merz erwartet für seine Kooperation Gegenleistungen, etwa weniger Einschränkungen beim Marktzutritt für Schweizer Finanzinstitute in Deutschland sowie bei der Besteuerung von Schweizer Flugpersonal, das in der Bundesrepublik angestellt ist.

Die Aussprache zwischen Merz und Steinbrück fand nach wiederholten Misstönen statt. Das Verhältnis zwischen Deutschland, der Schweiz und anderen Nachbarstaaten war in den vergangenen Monaten wegen teils deftiger Vorwürfe Steinbrücks belastet. Der stellvertretende SPD-Chef hatte etwa der Schweiz im übertragenen Sinn mit der Peitsche gedroht, wenn das Land sein Bankgeheimnis nicht lockere. Jüngst hatte er zudem Luxemburg, Liechtenstein, die Schweiz und Österreich in eine Reihe mit Ouagadougou gestellt, der Hauptstadt Burkina Fasos. Neben der Schweiz verhandeln inzwischen mehrere weitere Länder mit Deutschland und Frankreich über die Standards in Steuerabkommen.

Beispiel Zumwinkel

Klaus Zumwinkel in der Mitte seiner Anwälte (Foto: AP)
Prominenter Steuerhinterzieher aus Deutschland: Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel (M.)Bild: AP

Wie Steueroasen unter anderem Spitzenverdienern in Deutschland bei der Hinterziehung von Steuern dienlich sein können, zeigte unlängst der Fall des früheren Post-Chefs Klaus Zumwinkel. Er war im Januar in einem spektakulären Prozess zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren sowie einer Geldstrafe von einer Million Euro verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der frühere Spitzenmanager zwischen 2002 und 2006 über eine Stiftung in Liechtenstein knapp eine Million Euro Steuern hinterzogen hatte.

Steinbrück stößt auf Widerstand in der Heimat

In Deutschland selbst verzögern sich Steinbrücks Gesetzespläne für schärfere Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung. Er plant für Unternehmen schärfere Auflagen, wenn sie mit Ländern Geschäfte machen, die sich nicht an die OECD-Standards halten. Auch für Bürger mit hohen Einkommen sind erweiterte Erklärungspflichten vorgesehen. CDU und CSU sind damit jedoch nicht einverstanden. Daher ist unklar, ob und wann Steinbrücks Vorhaben Gesetz in Deutschland wird. (mas/gri/ap/dpa)