1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ohrfeigen im Namen der Kirche

16. April 2010

Der wegen Prügelvorwürfen kritisierte Augsburger Bischof Walter Mixa hat eingeräumt, Heimkinder früher möglicherweise geohrfeigt zu haben. Ist der Kirchenmann, der zugleich Militärseelsorger ist, noch tragbar?

https://p.dw.com/p/Myk5
Bischof Walter Mixa in Bischofsornat (Foto: dpa)
Gab dem öffentlichen Druck nach: der Augsburger Bischof Walter MixaBild: picture alliance / dpa

Allmählich setzt die Erinnerung beim Augsburger Bischof Walter Mixa also ein. Nachdem er alle Prügelvorwürfe wochenlang vehement zurückgewiesen hatte, räumte der Kirchenmann am Freitag (16.04.2010) ein, in seiner Zeit als Stadtpfarrer Kinder und Jugendliche möglicherweise geschlagen zu haben. "Die eine oder andere Watsch'n vor zwanzig oder dreißig Jahren" könne er nicht ausschließen, teilte der hochrangige Vertreter der katholischen Kirche über seine Pressestelle mit.

Mehrere frühere Bewohner des katholischen Kinderheimes in Schrobenhausen in Oberbayern hatten gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" schwere Anschuldigungen gegen Mixa erhoben. Unter anderem hatten sie ihn beschuldigt, Heimkinder mit Stöcken geschlagen zu haben. Sie wollten ihre Anschuldigungen gegen den Bischof, der von 1975 bis 1996 Stadtpfarrer von Schrobenhausen war, unter Eid vor Gericht bezeugen.

Eine Zeiterscheinung

"Das war damals vollkommen normal und alle Lehrer und Schüler dieser Generation wissen das auch", führte Mixa nun aus. Zugleich wandte er sich nochmals gegen Vorwürfe, die ihm schwere körperliche Züchtigungen unterstellen. "Solche hat es durch mich nie gegeben", versicherte er erneut. Zudem bedaure er sein damaliges Verhalten.

Renate Künast (Foto: AP)
Künast: die Behauptung, Orfeigen seien normal gewesen, ist perfideBild: AP

Der vom Kinder- und Jugendhilfezentrum in Schrobenhausen beauftragte Sonderermittler, der Rechtsanwalt Sebastian Knott, konnte noch nicht sagen, ob die mit Eidesstattlichen Erklärungen bekräftigten Vorwürfe gegen Mixa der Wahrheit entsprechen. Mehrere Zeitzeugen hätten aber gesagt, dass die Schwestern im Heim gedroht hätten: "Warte nur, wenn der Stadtpfarrer Mixa kommt."

Grüne: Mixa muss gehen

Die Grünen forderten Mixa umgehend zum sofortigen Rücktritt auf und warfen ihm vor, gelogen zu haben. "Immer und immer wieder hat er Vorwürfe, er habe Kinder geschlagen und gezüchtigt, zurückgewiesen", erklärte die Fraktionschefin im Bundestag, Renate Künast, in Berlin. Es sei "perfide", dass er sich nun darauf berufe, Ohrfeigen seien normal gewesen und das hätten alle so gemacht. Als Bischof habe er "jegliche moralische Autorität" verloren, so Künast.

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, forderte eine bedingungslose Aufklärung. Bei der Vollversammlung der Laienvertretung der deutschen Katholiken in München sagte er, zum jetzigen Zeitpunkt seien Rücktrittsforderungen aber kontraproduktiv. Dagegen warf die Diözesanrätin Elisabeth Mantlik dem Bischof "ein Trauerspiel" vor. Die "Heuchelei" sei unerträglich "und auch ein Stück Feigheit".

Autorin: Eleonore Uhlich (afp, dpa, kna)
Redaktion: Oliver Samson