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OPEC-Anwärter USA

10. Mai 2003

Die USA haben im UN-Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf eingebracht, der ihnen für mindestens ein Jahr die Kontrolle über die Politik und Finanzen des Iraks sichern soll. Die UN wollen nun über den Entwurf beraten.

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Eine Monatsration, die jedem Iraker laut dem UN-Programm "Öl für Lebensmittel" zustehtBild: UNICEF

Einen Monat nach der Einnahme Bagdads soll der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) in New York über einen Resolutionsentwurf zum Ende der Irak-Sanktionen beraten. Der amerikanische UN-Botschafter John Negroponte legte dem Gremium den Entwurf auf einer eigens anberaumten Sondersitzung am Freitag (9. Mai 2003) vor. Im Anschluss daran wollte sich der Rat zu einer zweitägigen Klausurtagung zurückziehen, um über die Vorschläge zu beraten. Es gilt als unwahrscheinlich, dass der Rat vor Anfang kommender Woche über den Inhalt des Textes diskutiert. Negroponte äußerte die Erwartung, dass die Resolution "innerhalb der nächsten Wochen", spätestens aber bis zum 3. Juni, dem derzeitigen Datum der Beendigung des UN-Hilfsprogramms "Öl für Lebensmittel", verabschiedet wird.

Aufhebung der Sanktionen

In dem Papier, das die US-Regierung gemeinsam mit Großbritannien und Spanien erarbeitet hat, wird der Rahmen für eine mindestens einjährige Besatzungszeit abgesteckt. Die Pläne Washingtons sehen vor, die seit 1990 bestehenden Sanktionen gegen den Irak, also auch die Einschränkungen für die Ölindustrie, unverzüglich aufzuheben. Bestehen bliebe nur das Waffenembargo. Die USA bezeichnen sich in dem achtseitigen Entwurf erstmals als Besatzungsmacht im Irak und akzeptieren die damit verbundenen völkerrechtlichen Verpflichtungen.

Die Vereinten Nationen sollen die USA und Großbritannien als wichtigste Staaten der Kriegsallianz zunächst für zwölf Monate zur Verwaltung des Iraks ermächtigen. Dieser Zeitraum könnte nach Einschätzung von UN-Diplomaten allerdings beliebig verlängert werden, da die USA und Großbritannien als Veto-Mächte jeden UN-Beschluss zur Aufhebung ihres Mandats blockieren könnten.

Nur begrenzte Mitsprache für UN

Die Vereinten Nationen sollen nur ein begrenztes Mitspracherecht erhalten. Ihnen räumt der Resolutionsentwurf lediglich das Recht ein, einen Sonderkoordinator für Irak zu ernennen. Dieser soll in Zusammenarbeit mit den Alliierten vor allem für die humanitäre Versorgung der Bevölkerung zuständig sein. Er wird nach den US-Plänen zusammen mit Vertretern des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank einem internationalen Beratergremium angehören, das beim Aufbau neuer Verwaltungsstrukturen beratend mitwirken darf, aber keine Verantwortung übernehmen soll.

Die bisherige UN-Mission zur Kontrolle der Abrüstung in Irak wird in dem Resolutionsentwurf mit keinem Wort erwähnt, wäre damit also nach Verabschiedung der Resolution in ihrer jetzigen Form beendet. Die USA lehnen die Rückkehr der Rüstungsinspekteure offen ab. Frankreich und Russland machen ihre Zustimmung zu einer Aufhebung der Sanktionen bislang davon abhängig, dass die Abrüstungsbedingungen erfüllt sind. Das UN-Hilfsprogramm "Öl für Lebensmittel" soll nach vier Monaten beendet werden. Zudem schlägt die US-Regierung eine Reduzierung der irakischen Reparationsleistungen an Kuwait vor. Künftig sollen nur noch fünf statt 25 Prozent der Erlöse aus den irakischen Ölverkäufen in den wegen der irakischen Invasion 1991 eingerichteten Entschädigungsfonds fließen.

Begehrlichkeiten nach Ölindustrie

Der Entwurf wurde teilweise heftig kritisiert. Der für die Entwicklungspolitik zuständige EU-Kommissar Poul Nielson wertet die Resolution als Versuch der USA, die irakische Ölindustrie unter ihrer Kontrolle zu bringen, und "dadurch ein Mitglied der OPEC" - der Organisation Erdöl exportierender Länder - zu werden. Es sei sehr schwer, zu anderen Schlüssen zu gelangen, sagte Nielson nach seiner Rückkehr von einer Reise nach Bagdad.

Russlands Außenminister Igor Iwanow will eine Zustimmung zum vollständiges Ende des Embargos von einer Rückkehr der UN-Waffeninspekteure nach Irak abhängig machen. Deutschland und Frankreich erklärten sich unterdessen zu "pragmatischen Lösungen" bereit, wie der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder es ausdrückte.

Frankreichs Präsident Jacques Chirac erklärte, sein Land werde bei den Beratungen im UN-Sicherheitsrat "konstruktiv" sein. Allerdings müsse die UN in jedem Fall eine "zentrale Rolle" beim Wiederaufbau Iraks spielen, betonte er am Rande von Gesprächen in Polen. Zudem hoffe er auf eine schnellstmögliche Wiederherstellung der "vollen Souveränität des Irak". (am)