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Opel: Auf Hoffnung folgt Ernüchterung

13. September 2009

Die anfängliche Erleichterung über den Verkauf von Opel an den Mehrheitseigner Magna schlägt mehr und mehr in Skepsis um.

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Ein selbstgemaltes Plakat mit der Aufschrift Opel/Magna umgeben von Herzen (Foto: AP)
Endet die Ehe zwischen Magna und Opel bevor sie begonnen hat?Bild: AP

Magna will bei Opel offenbar mehr Stellen in Deutschland abbauen, als bislang bekannt. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Spiegel" könnten neben 3000 Stellen in der Produktion weitere 1100 in der Verwaltung gestrichen werden. Das deutete auch Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) an. Mit Blick auf weitere drohende Stellenstreichungen sagte zu Guttenberg der "Bild am Sonntag": "Es war seit dem Frühjahr allen Beteiligten durch meine Hinweise bekannt, dass sich die von Magna genannte Zahl nur auf den Produktionsbereich bezieht und im Verwaltungsbereich noch weiterer Stellenabbau durch Magna zu befürchten war."

Das Opelwerk in Rüsselsheim (Foto: AP)
Das Opelwerk in RüsselsheimBild: AP

Insgesamt würden sogar 10 500 Stellen abgebaut, davon etwa 4500 in Deutschland, sagte ein Magna-Sprecher der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Der Stellenabbau werde auch an der Hauptverwaltung in Rüsselsheim nicht spurlos vorübergehen, bestätigte Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) der Zeitung. Daran habe auch Betriebsratschef Klaus Franz nie einen Zweifel gelassen. Der Stellenabbau werde sich jedoch im überschaubaren Rahmen abspielen, ganz sicher ohne betriebsbedingte Kündigungen, bekräftigte Koch. Opel beschäftigt an den vier deutschen Standorten mehr als 25 000 Mitarbeiter. Magna wurde auch wegen der Arbeitsplatz-Pläne von Bund und Ländern gegenüber dem Finanzinvestor RHJI favorisiert. Doch der kanadisch-österreichische Zulieferer, der zusammen mit russischen Partnern bei dem Autobauer einsteigen will, hat selbst erhebliche Probleme.

Zweifel nehmen zu

Auch die Kritik von Wettbewerbshütern an der Transaktion reißt nicht ab. Wegen der deutschen Finanzhilfen in Höhe von 4,5 Milliarden Euro gibt es in der Bundesregierung laut "Spiegel" Befürchtungen, dass andere EU-Staaten mit Opel-Standorten wie Großbritannien, Belgien oder Polen in Brüssel Beschwerde einlegen, weil die Beihilfe die zulässige Größenordnung überschreitet. Als Obergrenze gelte für gewöhnlich die Lohnsumme, die bei Opel geringer ausfällt.

Bundeskanzlerin Merkel wies das in der "Süddeutschen Zeitung" vom Samstag zurück. Es sei zwar richtig, dass die Garantien, die vom Bund und den vier Opel-Bundesländern gegeben werden sollen und an denen sich weitere europäische Länder beteiligen werden, von Brüssel genehmigt werden müssten. Eine beihilferechtliche Genehmigung des Kredit- und Bürgschaftsprogramms sei von der Kommission aber schon gegeben worden. Allerdings müssten hierzu auch noch Gespräche mit der Kommission geführt werden.

Angela Merkel (Foto: AP)
Bundeskanzlerin Angela Merkel hält die Zweifel in Brüssel für unberechtigtBild: AP

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte mit Blick auf die Finanzspritzen für Magna in der Zeitschrift "Super Illu", dass der Konzern über die bereits zugesagten 4,5 Milliarden Euro keine weiteren Staatshilfen bekommen werde. Er kritisierte überdies zu Guttenbergs Verhalten bei dem Opel-Verkauf. "Ich habe es nicht als wirtschaftspolitische Linie empfunden, dass Herr Guttenberg sich zunächst nicht um Opel kümmern wollte, dann eine Insolvenz empfahl, eine Entscheidung für eine Investorenlösung mittrug und diese am Tag darauf infrage stellte", sagte Steinmeier der "Welt am Sonntag".

Benachteiligung der Konkurrenz?

Der Chef der Monopolkommission, Justus Haucap, warf der Regierung Wettbewerbsverzerrung zulasten anderer Hersteller vor. In einem Gastbeitrag für "Handelsblatt.com" schrieb er am Samstag, jeder verkaufte Opel sei ein nicht verkaufter Ford, VW oder Wagen eines anderen Herstellers. "In Wahlkampfzeiten ist aber bedauerlicherweise für rationale Betrachtungsweisen nicht immer viel Platz."

Laut "Spiegel" entdeckte die EU-Kommission noch ein weiteres Detail, das die Genehmigung des Magna-Deals gefährden könnte. Danach arbeitet das Werk in Antwerpen, das dichtmachen soll, wirtschaftlicher als das in Bochum, das nach den Plänen erhalten bleiben soll. Eine solche betriebswirtschaftlich unsinnige Entscheidung ist aber nach EU-Recht untersagt, wenn der Staat mit Bürgschaften stützend eingreift.

Nach monatelangen Verhandlungen hatte der bisherige Opel-Mutterkonzern GM erklärt, 55 Prozent der Anteile am deutschen Autobauer an das Konsortium des österreichisch-kanadischen Autozulieferers Magna und der russischen Sberbank verkaufen zu wollen. 35 Prozent von Opel will der US-Konzern behalten, 10 Prozent können die Mitarbeiter kaufen. Es sind aber noch etliche Hürden zu nehmen. Die Arbeitnehmer wollen bei Einschnitten nur mitziehen, wenn sie mehr Einfluss erhalten. Verlangt werde ein Vetorecht bei Stellenabbau, Produktionsverlagerungen oder Schließungen, sagte der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel der "Welt am Sonntag". Gesamtbetriebsratschef Franz kündigte im Deutschlandradio Widerstand gegen eine mögliche Schließung des Werkes Antwerpen an. (fg/dpa/AP)