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Opel-Poker im Wahlkampf wieder offen

15. Juli 2009

Eigentlich war Ende Mai alles klar. Opel sollte an den Autozulieferer Magna verkauft werden. Seitdem hat Opel-Mutter General Motors eine Blitz-Insolvenz absolviert. Und wer Opel kauft, ist wieder völlig offen.

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Kommt Opel bald zurück zur Mutter GM? Elefantenbaby mit Mutter im Tierpark Hagenbeck in Hamburg (Foto: dpa)
Kommt Opel bald zurück zur Mutter GM?Bild: picture-alliance/ dpa

Am Mittwoch (15.07.2008) informierten Vertreter der Investmentfirma RHJI das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin über ihr Konzept für eine Opel-Übernahme. An diesem Tag hätte eigentlich der Verkauf mit Magna abgeschlossen werden sollen. Doch der Mutterkonzern General Motors hatte zuvor klar gemacht, dass er weiterhin nach allen Seiten verhandelt. Klar ist: Die Entscheidung über Opels Zukunft fällt in Detroit.

Alles wieder offen

Für die Bundesregierung, aber auch die Beschäftigten an den vier deutschen Opel-Standorten, kommt die Wende überraschend. RHJI – der Europa-Ableger der US-Beteiligungsgesellschaft Ripplewood - hatte zwar schon früher Interesse an Opel geäußert, ebenso der chinesische Autobauer BAIC. Doch nur das Angebot von Magna fand die Zustimmung der deutschen Politik. Die ist wichtig für jeden potentiellen Käufer, denn nur mit Staatshilfen in Milliardenhöhe lohnt sich der Kauf des angeschlagenen Autobauers.

Opel-Mitarbeiter bei einer Demonstration vor dem Stammwerk Rüsselsheim. Die Kanzler-Kandidaten der großen Parteien waren extra angereist. (Foto: dpa)
Opelaner sind auch WählerBild: picture-alliance/ dpa

Die Bundesregierung und die Länder mit Opel-Standorten hatten Ende Mai bereits Überbrückungshilfen von 1,5 Milliarden Euro zugesagt, um Opel etwas Luft zu verschaffen. Zusätzlich wird der Bund wohl mit Garantien für bis zu fünf Milliarden Euro an Opel-Krediten haften. Für die deutschen Steuerzahler könnte der Opel-Verkauf also eine teure Angelegenheit werden, sollte die Firma pleite gehen.

Angst vor der Wahl

Doch keine der großen Parteien will es so kurz vor der Bundestagswahl Ende September riskieren, ein Traditionsunternehmen mit 26.000 Mitarbeitern in Deutschland in die Pleite rutschen zu lassen. Im Gegenzug erhofft sich die deutsche Politik dafür eine langfristige Sicherung von Opel und entschied sich daher für das Angebot von Magna.

Magna führt

Ein Auto des russischen Herstellers GAZ. GAZ ist als Partner von Magna im Gespräch - aber sicher ist das nicht.
GAZ aus Russland - bald Partner von Opel?Bild: picture-alliance / dpa

Der kanadisch-österreichische Automobilzulieferer hatte versprochen, keines der deutschen Opel-Werke zu schließen. Zudem will er den Kauf mit Partnern aus Russland tätigen, die halbstaatliche Großbank Sberbank und möglicherweise der russische Autobauer GAZ. Während Optimisten hier neue Chancen für Opel auf dem russischen Markt sehen, verweisen Skeptiker auf noch ungeklärte Finanzierungsfragen auf russischer Seite. Außerdem ist noch nicht sicher, ob sich GAZ überhaupt beteiligen wird.

Misstrauen gegenüber BAIC

Umgekehrt verlief die Diskussion des Angebots von BAIC, einem Hersteller, der in China nur rund 12.000 Autos pro Jahr baut und dort zudem an Joint-Ventures mit Daimler und dem koreanischen Hersteller Hyundai beteiligt ist. Politik und Arbeitnehmervertreter lehnten das Angebot von BAIC ab, weil sie befürchten, dass BAIC nur am Technologietransfer interessiert ist, die Autos aber in Kürze lieber in China bauen wird.

Opel zurück zu GM?

Führt die Geschäfte bei RHJI: der Deutsche Leonard Fischer (Foto: dpa)
Führt die Geschäfte bei RHJI: der Deutsche Leonard FischerBild: picture alliance/dpa

Auf Vorbehalte stießen auch die bisherigen Angebote von RHJI. Die Beteiligungsgesellschaft will Opel sanieren und danach gewinnbringend verkaufen. An GM, argwöhnen Gewerkschafter und Politiker gleichermaßen. Sollte das zutreffen, wäre die Investmentfirma nur eine Art Strohmann für GM. Mit dem Ergebnis, dass der Mutterkonzern, den viele für die Krise bei Opel verantwortlich machen, die europäische Tochter bald wieder kontrollieren würde – finanziert durch deutsche Steuermilliarden.

Roland Koch, Ministerpräsident von Hessen, dem Bundesland mit dem größten Opel-Werk, gab sich am Mittwoch reserviert. "Ob und wie weit ein anderer Investor Staatsgeld bekommt, muss in jedem Fall neu überprüft werden." Hessen kommt für rund ein Viertel der bisherigen Überbrückungshilfen an Opel auf.

Wie offen die Verhandlungen um Opel wirklich sind, bleibt abzuwarten. Russlands Präsident Dmitri Medwedew will sich bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag für das Angebot von Magna und seinen russischen Partnern stark machen, berichteten russische Agenturen.

Sicher ist nur, dass General Motors nach wie vor die Verhandlungen führt. GM besitzt noch rund 35 Prozent an Opel, den Rest hat eine Treuhandgesellschaft. Zu welchen Zugeständnissen die deutsche Politik mitten im Wahlkampf bereit ist, das scheint man in Detroit gerade auszutesten.

Autor: Andreas Becker

Redaktion: Henrik Böhme