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Opernregie von morgen

Claudia Bathe 8. April 2013

Auch die Oper geht mit der Zeit. Seit 2001 wird auf der Suche nach den jungen Wilden mit neuen Ideen der europäische Opernregie-Preis ausgeschrieben. Doch diesmal suchte die Jury vergebens nach einem Ausnahmetalent.

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Bühnenbildentwurf von Rafael Villalobos und Rafael Merino aus Spanien.Copyright. Camerata Nuova
Bild: Camerata Nuova

Alle zwei Jahre setzen sich die alten Hasen der Branche an der Volksoper in Wien zusammen und beurteilen den Nachwuchs. Der einzige deutschsprachige Regie-Wettbewerb wurde von der Camerata Nuova ins Leben gerufen, einem Verein von Opernfans, der sich der Förderung des Musiktheaters verschrieben hat. Bei der Preisvergabe arbeiten sie eng mit der "Opera Europa" zusammen, einem länderübergreifenden Zusammenschluss von mehr als 125 Opernhäusern.

Ein wenig nachdenklich waren die Juroren am Ende des Wettbewerbs. Lange hatten sie sich beraten und schließlich statt der vorgesehenen drei Preise nur einen einzigen vergeben: den zweiten Preis.  Von den vier Finalisten hatte ihrer Meinung nach nur einer versucht, ausgetretene Pfade zu verlassen, nämlich der 26-jährige spanische Regisseur Rafael Villalobos.

Aus weltweit 87 eingegangenen Regiekonzepten zu den beiden Kurzopern "Der Bajazzo" von Ruggero Leoncavallo und "Cavalleria rusticana" von Pietro Mascagni hatte die international besetzte Intendanten-Jury die vier Finalisten im Vorfeld ausgewählt. In der Endrunde an der Volksoper Wien mussten sie zunächst eine Szene aus ihrem Konzept mit drei Sängern erarbeiten. Dabei konnte der spanische Regisseur punkten. Die Darsteller erfassten seine Ansagen schnell und konnten sich gut in die Figuren aus "Der Bajazzo" einfühlen. Die Szene wurde lebendig. In der Oper ersticht der alte Schauspieldirektor einer Wandertruppe aus Eifersucht seine junge Frau.

Proben vor erfahrenen Theatermachern

Die Kandidaten aus Albanien und Italien taten sich im Vergleich zu dem Spanier schwer. Der Teilnehmer aus den USA leitete die Sänger zwar souverän an, doch das sichtbare Ergebnis erschien den Juroren dann doch etwas zu konventionell.  Überhaupt war der Juryvorsitzende und Intendant der Bregenzer Festspiele David Pountney der Meinung, dass viele der eingereichten Entwürfe mutiger hätten sein können.

Der Preisträger Rafael Villalobos aus Spanien (2. Preis) vor der Jury. Copyright. Camerata Nuova
Die Jury tat sich schwer, einen würdigen Preisträger zu findenBild: Camerata Nuova

Und die Mainzer Operndirektorin Tatjana Gürbaca hatte beim Sichten den Eindruck, dass es zwei Gruppen von angehenden Opernregisseuren gab: Die einen ließen den Ablauf der Stücke unangetastet, verlegten die Geschichte höchstens in ein anderes Umfeld und machten aus der Schauspieltruppe beispielsweise eine Broadway-Company. Die anderen sahen die Opern mehr als Material an, das man zerschlagen und neu anordnen konnte. Wobei die Deutschen radikaler waren als beispielsweise die Italiener. Gürbaca führt das darauf zurück, dass in Deutschland mit seiner großen Theaterdichte der Bedarf größer sei, bekannte Geschichten auch einmal anders zu erzählen als in Ländern mit wenigen Opernhäusern.

Junge Regisseure könnten mutiger sein

Auch der spanische Regisseur Rafael Villalobos ging mit den Stücken eher experimentell um. Die Opern spielten bei ihm in einem abstrakten Raum; hohe dunkle Backsteinmauern erinnerten an eine Kathedrale. Kirchenbänke warenum ein rundes, bewegliches Bühnenpodest aufgebaut. Hier führte eine Schauspieltruppe "Cavalleria rusticana" und "Der Bajazzo" auf. "Theater auf dem Theater"  nennt man das in Fachkreisen, und so hatte Leoncavallo seinen "Bajazzo" schon ursprünglich angelegt.

Der Preisträger Rafael Villalobos aus Spanien (2. Preis).Copyright. Camerata Nuova
Am Ende überzeugte der Spanier Rafael VillalobosBild: Camerata Nuova

Im Konzept des jungen Regisseurs, der um den Opernregiepreis kämpfte, spielten die beiden Opern aber nicht hintereinander. Stattdessen verflocht Villalobos sie miteinander und strich beispielsweise eine so beliebte Musiknummer wie die Ouvertüre zu "Cavalleria rusticana" einfach raus. Das war dem Intendanten des Stadttheaters Klagenfurt Florian Scholz dann doch etwas zu gewagt.  An seinem Haus sollte das Siegerkonzept ursprünglich aufgeführt werden. Deswegen erhielt Rafael Villalobos am Ende nicht den ersten, sondern nur den zweiten Preis.

Sehr verantwortungsvoll habe die Jury  entschieden, fand Nicholas Payne, der Direktor der "Opera Europa". "Wir wollen nicht, dass wir einem jungen Regisseur eine Produktion anvertrauen, mit der er auf die Nase fällt und seine Karriere beendet ist, bevor sie begonnen hat", betonte er. "Und das kann in dieser Branche schnell passieren."

Rafael Villalobos aus Spanien (und Darsteller debattieren bei der Probe. Copyright. Camerata Nuova
Villalobos gibt klare AnweisungenBild: Camerata Nuova