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Opposition attackiert Guttenberg

24. Januar 2011

Mit Blick auf die Affären bei der Bundeswehr schießt sich die Opposition auf Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ein. Dieser nennt die Entscheidung sachgerecht, den Kapitän der 'Gorch Fock' abzuberufen.

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Die 'Gorch Fock' am Kai in Warnemünde (Archivfoto vom 11.08.2008: dapd)
Dunkle Wolken über der 'Gorch Fock': Gab es auf dem Schulschiff eine Meuterei?Bild: dapd

Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold warf Guttenberg vor, das Ansehen der Bundeswehr zu schädigen. Dessen Auftrag, alle Teilstreitkräfte auf den Prüfstand zu stellen, erwecke den Eindruck, als ob es flächendeckend ein Problem in der Bundeswehr gebe, sagte Arnold dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Ausgabe vom Montag 24.01.2011). Es gehe aber um die Untersuchung konkreter Einzelfälle. Deren Aufklärung habe der Minister zunächst verschleppt, nun verfalle er in hektischen Aktionismus, kritisierte Arnold.

Der Chef des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, sagte der "Augsburger Allgemeinen" (Montag), es mache ihn "tief betroffen", wenn die Soldaten "unter einen Generalverdacht gestellt" würden. Er fühle sich "da schon ein bisschen an die heilige Inquisition erinnert."

'Gorch-Fock'-Kapitän abgelöst

Der jetzt abgelöste Kapitän der 'Gorch Fock', Norbert Schatz (Foto: dpa)
Der jetzt abgelöste Kapitän der 'Gorch Fock', Norbert Schatz (Archivbild)Bild: picture alliance/dpa

Als Reaktion auf die Vorfälle auf dem Segelschulschiff 'Gorch Fock' der Bundesmarine hat Guttenberg eine umfassende Untersuchung der gesamten Bundeswehr auf mögliches Fehlverhalten angeordnet. Es solle überprüft werden, ob es Anhaltspunkte für Rituale gebe, die den Grundsätzen der Bundeswehr widersprächen, so der Minister in der Zeitung "Bild am Sonntag".

Hintergrund für diese Anordnung sind offenbar Berichte über Drill und Drangsalierungen junger Soldaten auf der 'Gorch Fock'. Im November 2010 hatte eine 25-jährige Marinesoldatin beim Sturz aus der Takelage des Dreimasters tödliche Verletzungen erlitten. Danach war es zu einer Konfrontation zwischen Offiziersanwärtern und Schiffsführung gekommen – angeblich eine Meuterei. Am Samstag hatte Guttenberg den Kapitän Norbert Schatz seines Postens enthoben.

SPD: Bauernopfer

Der SPD-Abgeordnete Arnold kritisierte diese Entscheidung. Der Schritt habe nichts mit seriöser Personalführung zu tun, sagte er am Montag im ZDF. Erst hätte Guttenberg die Mitarbeiter anhören müssen. Die Entlassung sei "ein Stück weit ein Bauernopfer." In derselben Sendung nahm ein Offizierskollege den abgesetzten Kapitän in Schutz. Fregattenkapitän Martin Wilhelm sagte, Schatz sei ein sehr erfahrener Marineoffizier und "ein Mann der leisen Töne". Er sei mit ihm neun Monate auf dem Schiff gefahren.

Kritisch äußerten sich auch die Grünen: "Erst sagt Guttenberg in aller Öffentlichkeit, dass die Vorverurteilungen von Soldaten infam seien. Und dann entlässt er wenige Stunden später den Kommandanten der 'Gorch Fock' ", so Grünen- Verteidigungsexperte Omid Nouripour dem "Hamburger Abendblatt" (Montag). "Das ist ein Armutszeugnis für Guttenberg, der sich immer als großer Aufklärer inszeniert."

In einer in Berlin verbreiteten Erklärung bezeichnete Guttenberg seine Entscheidung, Kapitän Schatz von dessen Pflichten zu entbinden, als sachgerecht und notwendig. Schatz sei nicht "gefeuert" worden. Solten die Vorwürfe sich als nicht stichhaltig erweisen, könne der Kapitän seine Karriere fortsetzen.

Koalition stützt Verteidigungsminister

Guttenberg wird von einem Mitglied der Führungsakademie militärisch begrüßt (Foto: ap)
Guttenberg besuchte im Mai 2010 die Führungsakademie der Bundeswehr in HamburgBild: AP

CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder unterstützte hingegen das Vorgehen Guttenbergs. Ebenfalls im Fernsehen erklärte Kauder: "Also ich kann gar keine Informationspannen erkennen. Die Bundeswehr klärt die Vorfälle, die jetzt innerhalb von kurzer Zeit geschehen sind, auf. Die Staatsanwaltschaft ist auch schon tätig. Und der Bundesverteidigungsminister legt seinen Bericht vor.

Er hat, als jetzt die Dinge bekannt geworden sind, schnell gehandelt." Mit Blick auf die Entlassung des 'Gorch Fock'-Kapitäns sagte Kauder, es sei "ein ganz normaler Vorgang, dass jemand vom Dienst suspendiert wird".

Ähnlich äußerte sich die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Elke Hoff: "Aus Fürsorgegründen ist es absolut richtig, den Kapitän aus der Schusslinie zu nehmen, bis alles aufgeklärt ist." Der Kommandant sei ja nicht geschasst worden, sondern könne wieder auf seinen Posten zurück, wenn die Untersuchung kein Fehlverhalten ergebe, sagte Hoff der "Passauer Neuen Presse" vom Montag.

Ausschusssitzung am Mittwoch

Am Mittwoch wird Guttenberg dem Verteidigungsausschuss des Bundestages Auskunft geben. Außer zu den Vorfällen auf der 'Gorch Fock' soll er dort auch zum versehentlichen Todesschuss eines Bundeswehrsoldaten auf einen Kameraden in Afghanistan und zum Öffnen von Feldpost von Soldaten aus Afghanistan Stellung nehmen.

Autor: Michael Wehling (dpa/dapd/rtr/afp)
Redaktion: Eleonore Uhlich