1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Georgien nach der Wahl

Amalia Oganjanyan / Markian Ostaptschuk2. Oktober 2012

Das Oppositionsbündnis "Georgischer Traum" sieht sich als Sieger der Parlamentswahl. Präsident Michail Saakaschwili hat die Niederlage seiner Partei "Vereinte Nationale Bewegung" eingeräumt.

https://p.dw.com/p/16IYx
Anhänger der georgischen Opposition jubeln (Foto: DW)
Anhänger der Opposition jubelnBild: DW/Amalia Oganjanyan

Nach vorläufigen Angaben der Zentralen Wahlkommission liegt das Oppositionsbündnis "Georgischer Traum" mit 53 Prozent der Stimmen bei den Parteilisten klar in Führung. Die regierende "Vereinte Nationale Bewegung" kommt auf 41 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 61 Prozent.

Schon kurz vor Schließung der Wahllokale begannen sich Anhänger des oppositionellen Wahlbündnisses "Georgischer Traum" auf den Straßen von Tiflis zu sammeln. Der Milliardär Bidsina Iwanischwili hatte das Bündnis Anfang des Jahres gegründet. Als erste Umfrage-Ergebnisse zum Wahlausgang bekannt wurden, wonach die Opposition mit einem Sieg bei der Parlamentswahl rechnen könne, war der Jubel unter den Anhängern der Opposition groß.

Bidsnia Iwanischwili auf einer Kundgebung der Opposition (Foto: AP)
Bidsina Iwanischwili rechnet mit eigener Mehrheit im ParlamentBild: dapd

Besonders viele Menschen versammelten sich auf dem zentralen Freiheitsplatz der georgischen Hauptstadt. Sie zeigten sich glücklich darüber, dass die Opposition eine Wahl und nicht eine weitere Revolution gewonnen habe. Es kam zu keinen Zusammenstößen zwischen Anhängern von Iwanischwilis Bündnis und Anhängern der bisher regierenden "Vereinten Nationalen Bewegung" von Präsident Michail Saakaschwili. Sie versammelten sich in der Parteizentrale im Stadtzentrum.

Saakaschwili setzt auf Direktmandate

Als Erster wandte sich Iwanischwili an seine Wähler. Er dankte ihnen für ihr Vertrauen und betonte, außenpolitisch den nordatlantischen Kurs Georgiens fortsetzen zu wollen. Ferner wolle er die Interessen der nationalen Minderheiten des Landes achten. Der Geschäftsmann sagte, alle Emotionen seien nun verflogen und er sei zur Zusammenarbeit bereit. Der Wahlsieg sei der Beginn eines Traumes, so Iwanischwili. Zugleich warnte er seine Anhänger vor jeglicher Aggression gegen Anhänger der "Vereinten Nationalen Bewegung", die er als "Brüder" bezeichnete.

Eine halbe Stunde nach Iwanischwilis Ansprache wandte sich der georgische Präsident Saakaschwili an die Menschen des Landes. Er dankte ihnen für die aktive Teilnahme an der Parlamentswahl.

Portrait von Micheil Saakaschwili (Foto: AP)
Michail Saakaschwili hat die Niederlage seiner Partei eingestandenBild: dapd

Iwanischwili sagte, er rechne mit mindestens 100 der 150 Mandate. Der Milliardär würdigte die Tatsache, dass der Präsident die Niederlage seiner Partei anerkannt habe.

Wer wird künftiger Regierungschef?

Die Wahl ist von besonderer Bedeutung, denn das neue Parlament erhält in einem Jahr mehr Befugnisse. Nach der nächsten Präsidentenwahl im Oktober 2013 treten entsprechende Änderungen der Verfassung in Kraft. Das bisherige Präsidialsystem wird dann von einem parlamentarischen Regierungssystem abgelöst. Der Premier wird nicht mehr vom Präsidenten vorgeschlagen, sondern von der stärksten Partei im Parlament gestellt. Ferner verliert der Präsident sein Weisungsrecht in der Innen- und Außenpolitik.

Beobachter vermuten, dass Saakaschwili 2013 Regierungschef werden will und deswegen den Verfassungsänderungen zugestimmt hat. Nach zwei Amtszeiten darf er im kommenden Jahr nicht mehr für das Präsidentenamt kandidieren. Aber auch Iwanischwili strebt das künftig mit deutlich größerer Machtfülle ausgestattete Amt des Regierungschefs an.

Beobachter melden Verstöße

Während in der Hauptstadt ausgelassen gefeiert wurde, wurden aus den Provinzen des Landes Verstöße gegen das Wahlgesetz gemeldet. So werfen Mitglieder der Opposition der Regierungspartei vor, in manchen Gegenden versucht zu haben, Wahlergebnisse zu fälschen. Spannungen soll es in der Stadt Chaschuri gegeben haben, wo - nach Medienberichten - in mehreren Wahllokalen Spezialeinheiten erschienen sein sollen. Zuvor sollen in einem der Wahllokale Auszählungsprotokolle verschwunden sein. Gegen die dort protestierenden Menschen habe die Polizei Tränengas und Gummigeschosse eingesetzt. Das georgische Innenministerium wies diese Berichte zurück. Es seien keine Spezialeinheiten in Wahllokale geschickt worden.

Wähler vor einer Wahlurne bei der Parlamentswahl in Georgien (Foto: DW)
Beobachter stellen Verstöße in mehreren Wahllokalen festBild: DW

Mehrere Nichtregierungsorganisationen verlangen inzwischen, die Wahlergebnisse in einigen Wahllokalen zu annullieren. So hätten in einigen Wahllokalen Vertreter der Regierungspartei Werbung gemacht und Wähler unter Druck gesetzt. Zudem sollen Stimmzettel gefehlt haben.