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Wahl in Polen

21. Oktober 2007

Die Polen haben sich bei den Wahlen für einen Regierungswechsel entschieden: Stärkste Partei wurde die liberale Bürgerplattform (PO) von Donald Tusk. Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski räumte seine Niederlage ein.

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Wahlsieger Donald TuskBild: AP

Der bisherige Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski hat bei den vorgezogenen Parlamentswahlen am Sonntag (21.10.2007) eine herbe Niederlage einstecken müssen. Regierungschef wird nun aller Voraussicht nach der europafreundliche Oppositionschef Donald Tusk, dessen Bürgerplattform (PO) einen klaren Sieg einfuhr.

Koalitionspartner noch unklar

"Wir haben lange gewartet!", sagte Tusk vor jubelnden Anhängern. "Wir werden eine gewaltige Arbeit leisten und wir werden sie gut machen. Ihr habt alles Recht, heute zu jubeln." Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski räumte seine Niederlage ein. "Wir haben es nicht geschafft", sagte er im Wahlkampfzentrum seiner nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Eine Beteiligung an einer möglichen Koalition lehnte er ab. Sein Rivale Tusk machte noch keine Angaben über mögliche Koalitionspartner.

Nach einem teilweise erbittert geführten Wahlkampf nahmen 55,3 Prozent der Wahlberechtigten an der Abstimmung teil, mehr als bei jeder anderen Wahl seit dem Sturz des kommunistischen Regimes Ende 1989. Die unerwartet hohe Wahlbeteiligung hatte am Abend für deutliche Verzögerungen bei der Bekanntgabe der Prognosen gesorgt. In einigen Wahllokalen gingen die Stimmzettel aus, der Urnengang musste verlängert werden.

Liberale erreichen fast 42 Prozent

Der ersten Auszählung zufolge erhielt die PO 41,6 Prozent der Stimmen und 208 der 460 Abgeordnetenmandate. Kaczynskis Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS)kommt dagegen nur auf 32,4 Prozent der Stimmen und 164 Abgeordnete im neuen Parlament. Ebenfalls ins Parlament gewählt wurde das Mitte Links-Bündnis LiD des ehemaligen Präsidenten Aleksander Kwasniewski mit 13,1 Prozent und 52 Mandaten.

Die gemäßigte Bauerpartei PSL erhielt mit 8,8 Prozent und 35 Abgeordnete. Die beiden rechten Splitterparteien Liga Polnischer Familien sowie Selbstverteidigung scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde. Noch klarer fiel das Ergebnis im Senat aus: Im Oberhaus des Parlaments kommt die PO laut einer Nachwahlbefragung des Meinungsforschungsinstitutes PBS auf 67 der 100 Sitze und damit auf eine Zweidrittel-Mehrheit.

Ein Kaczynski bleibt

Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski muss gehen, sein Bruder Lech (r.) bleibt Präsident, Quelle: AP
Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski muss gehen, sein Bruder Lech (r.) bleibt PräsidentBild: picture-alliance/ dpa

"Es war eine Schlacht. Wir haben sie gewonnen. Aber morgen müssen wir anfangen zu arbeiten", rief Tusk seinen Anhängern im Wahlkampf-Hauptquartier zu. Nach den Jahren der Spaltung unter Jaroslaw Kaczynski als Regierungschef und dessen Zwillingsbruder Lech als Präsidenten müssten die Polen jetzt wieder zusammen finden, sagte Tusk und fügte mit Blick auf die hohe Wahlbeteiligung hinzu: "In schwierigen Zeiten wissen die Polen, dass sie Verantwortung für ihr Land übernehmen müssen."

Regierungschef Kaczynski gratulierte dem Wahlsieger und kündigte an: "Wir gehen in die Opposition und wir werden eine harte Opposition sein, die Rechenschaft verlangt für alle Wahlversprechen." Präsident Lech Kaczynski äußerte sich zunächst nicht zu der herben Niederlage seines Bruders, die von Experten auch als Votum gegen den Staatschef angesehen wurde. Seine Amtszeit läuft noch weitere drei Jahre.

Steinbach begrüßt Wahlsieg der Liberalen

Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, begrüßte den Sieg der Liberalen. "Es ist gut für Polen, es ist gut für Deutschland und gut für Europa", sagte sie im ZDF. "Das, was an Ressentiments vorhanden ist, das kam von polnischer Seite. Ich hoffe, dass sich das entkrampft." Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und der Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering, gratulierten. "Zwischen Deutschland und Polen werden die Dinge sicher etwas einfacher", sagte Pöttering.

Die 30,5 Millionen wahlberechtigten Polen waren nur zweieinhalb Jahre nach den vorangegangenen Wahlen erneut zu den Urnen gerufen, weil die Koalition Kaczynskis mit der Liga Polnischer Familien sowie mit Selbstverteidigung im Sommer zerbrochen war. Auch im Ausland war die Wahl mit Spannung erwartet worden. Vor allem bei Polens Partnern in der EU hatten die Kaczynskis zuletzt immer wieder für Unmut gesorgt. (stu/tos)

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