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Opus ultimum: Folge 9/2003

Man schreibt den 17. Februar 1854. Eines Abends – man ist gerade zu Bett gegangen – springt Schumann auf und eilt ans Schreibpult...

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Robert SchumannBild: DPA

Dort notiert er ein Thema, von dem er sagt, die Engel hätten es ihm eingegeben – oder auch die Geister Schuberts und Mendelssohns, wie er andernorts verlauten lässt. Die ganze Nacht liegt er mit offenen Augen da, fantasiert, glaubt, dass Gestalten aus einer anderen Welt ihn umschweben und ihm herrlichste Dinge offenbaren.

Das Thema ist der Beginn von Schumanns letzter Komposition: eine schlichte, schwebende, dabei choralhaft-innige Es-Dur-Melodie, zu der er in den folgenden Tagen noch fünf Variationen schrieb. Die Nachwelt hat es mit diesem letzten Werk nicht gut gemeint. Der alberne Beiname "Geistervariationen" musste als Ersatz dafür herhalten, dass es seinerzeit nicht gedruckt und nie einer Opuszahl für würdig befunden wurde.

Am 27. Februar 1854, zehn Tage nach dem Notat des Themas, fertigt Schumann eine Reinschrift der Variationen an, - Ergebnis einer konzentrierten Arbeit, das keinerlei Hinweise auf das gibt, was dann geschieht: Schumann springt zur Mittagszeit plötzlich auf, läuft in Hausschuhen und geblümtem Schlafmantel auf die regennasse Straße und zur nahen Rheinbrücke. Die absonderliche Aufmachung fällt kaum jemandem auf, denn auf den Straßen Düsseldorfs feiert das Volk Karneval, genauer: den Rosenmontag. So kommt der Komponist unbehelligt auf die Brücke. Er wirft zunächst seinen Ehering in die Fluten – und springt dann selbst hinterher. Schiffsleute holen ihn aus dem eiskalten Rheinwasser, tragen den Triefenden und Schlotternden durch den närrischen Jubel in seine Wohnung in der Bilker Straße.

Wie die Geschichte weitergeht und und natürlich die "Geistervariationen" selbst verrät Autor Markus Schwering in dieser neunten Folge von "Opus ultimum".

Sprecher: Matthias Ponnier

Redaktion/Produktion: Dieter Glave