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Ostdeutsche Erfolgsgeschichte

Ralf Jäckel7. Oktober 2004

Es gibt ihn doch - den Aufschwung Ost. Zum Beispiel in Kölleda. Mittelständische Unternehmen und internationale Spitzenkonzerne machen die thüringische Kleinstadt zu einem Leuchtturm für die gesamte Region.

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Kölleda hat es geschafftBild: dpa ZB-Fotoreport

Abgeerntete Getreidefelder, einsame Straßen, Fachwerkhäuser: Auf den ersten Blick ist Kölleda tiefste Provinz – ein typisches ostdeutsches Städtchen mitten im ökonomischen Niemandsland. Und doch ist der 6000-Seelen-Ort das wirtschaftliche Aushängeschild der Region. Sein eigentlicher Schatz liegt zwei Kilometer vom Stadtrand entfernt: Im Gewerbegebiet sind Unternehmen aus fast allen Branchen zu finden. Insgesamt 175 vor allem mittelständische Firmen mit Geschäftsbeziehungen in die ganze Welt haben sich in den vergangenen Jahren in Kölleda angesiedelt.

"Prominente" Unternehmen im Gewerbegebiet

Das Gewerbegebiet ist denn auch Frank Zweimanns ganzer Stolz. Seit 1992 ist er Bürgermeister von Kölleda. Damals, als die alte DDR-Industrie fast völlig wegbrach und immer mehr Arbeitsplätze verschwanden, ging er in die Offensive. "Wir haben auf die Zukunft gesetzt", so Zweimann. Und das hat sich ausgezahlt. Während andere Bürgermeister über leere Kassen klagen, freut sich Zweimann, dass Kölleda inzwischen doppelt so viel an Steuern von Unternehmen einnimmt wie noch vor fünf Jahren. Das Geld steckt er in die Infrastruktur. Im Gewerbegebiet liegen inzwischen die modernsten Wasser-, Strom- und Telekomleitungen. Außerdem sorgen der Industriebahnanschluss und die Nähe zur Autobahn für schnelle Transportwege.

Die guten Bedingungen locken immer neue Investoren an – sogar internationale Spitzenkonzerne: Autobauer DaimlerChrysler hat hier gemeinsam mit Mitsubishi für 250 Millionen Euro eine Motorenfabrik errichtet. Dass die Wahl gerade auf Kölleda fiel, war für Frank Zweimann ein Husarenstreich. Bei der Ausschreibung stach er 59 andere Bewerberstädte aus, denn Kölleda verfügte als einzige Bewerberin über eine freie Fläche von 40 Hektar, die sich noch dazu im Eigentum der Stadt befand. 400 Arbeitsplätze sind auf diese Weise entstanden.

Ehemaliger DDR-Betrieb schafft Sprung an die Börse

Doch die eigentliche Erfolgsgeschichte von Kölleda schrieb die Funkwerk AG. Während der fast 60 Jahre seines Bestehens hat das Unternehmen Höhen und Tiefen durchgemacht und sogar den Zusammenbruch der DDR überlebt. Heute rüsten die 350 Mitarbeiter Eisenbahnen in ganz Europa mit hochmodernen Funksystemen aus. Die Funkwerk AG produziert zudem an weiteren Standorten in Deutschland unter anderem Mobilfunkanlagen fürs Auto. Seit Funkwerk vor vier Jahren an die Börse ging, stiegen Umsatz und Gewinn immer weiter. Der Betriebsgewinn lag im vergangenen Jahr bei fast 18 Millionen Euro. Anfang September 2004 stieg Funkwerk an der Deutschen Börse in den TecDax auf. Damit gehört die Firma aus Kölleda zu den deutschen Top-Unternehmen im Technologiebereich. Manager Norbert Gunkler erklärt diesen steilen Aufstieg mit dem besonderen Funkwerk-Erfolgsrezept: "Wir wollen in Nischenmärkten tätig sein, das heißt keine Produkte auf den Markt bringen, die in Massenmärkten anzusiedeln sind."

Trotzdem jeder Sechste ohne Job

Während im Funkwerk alle Zeichen auf Erfolg stehen, ist in Kölleda selbst von Euphorie kaum etwas zu spüren. Zwar geht es der Stadt besser als vielen anderen Gegenden der Region, trotzdem ist hier jeder Sechste ohne Job. Auch Kölleda könne sich eben nicht von der gesamtwirtschaftlichen Lage abkoppeln, gibt Bürgermeister Frank Zweimann zu bedenken. Die Arbeitslosigkeit werde wohl weiterhin hoch bleiben. Aber der Bürgermeister will weiter an seiner Strategie festhalten: Jeden Euro, der im Haushalt übrig ist, in das Gewerbegebiet investieren und damit Firmen anlocken, die Arbeitsplätze schaffen.