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Wiederaufforstung der Osterinsel

Michael Marek7. April 2015

Sie liegt mitten im Stillen Ozean, zwischen Chile und Polynesien. Die Osterinsel, bekannt für ihre monumentalen Steinskulpturen und ihre karge, artenarme Landschaft. Für beides werden die Bewohner verantwortlich gemacht.

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Luftaufnahme des erloschenen Vulkans Rano Raraku mit Steinbruch und Kratersee, der aus der grasbewachsenen Ebene herausragt, am Rand der Pazifische Ozean (Foto: Michael Marek)
Bild: Michael Marek

Rötlich-schwarz ist das vulkanische Gestein. Und nach einer Regenperiode überzieht frisches, grünes Gras das hügelige Eiland. Doch es gibt nur wenig Süßwasser, zwei Vulkanseen, kein einziges Bächlein fließt hier. Wenn es mal regnet auf der Osterinsel, versickert das Wasser in dem porösen Vulkanboden und lässt das Gras schnell vertrocknen. Auch deswegen präsentiert sich das Eiland am Ende der Welt fast baum- und strauchlos.

Um Schadensbegrenzung bemüht

Jorge Alexandro Edmunds, Biologe und Mitarbeiter der chilenischen Forstbehörde auf der Osterinsel (Foto: Michael Marek)
Testet Samen, Nüsse, Setzlinge: Jorge Alejandro EdmundsBild: Michael Marek

Doch seit Jahrzehnten gibt es Unternehmungen, das zu ändern: Vor knapp zehn Jahren hat die chilenische Forstbehörde CONAF damit begonnen, den salzresistenten Aito-Baum auf der Osterinsel anzupflanzen, erzählt Jorge Alejandro Edmunds. Der Biologe und seine Kollegen untersuchen, ob es neben dem Aito-Baum noch andere Arten gibt, die zur Wiederaufforstung geeignet sind.

"Die starken Winde tragen sämtliche Mineralien fort, die die Bäume zum Überleben so dringend bräuchten", erklärt Edmunds eine der Ursachen für das spärliche Wachstum. Hinzu komme, dass die Sonne hier zwölf Stunden täglich scheine. Die Gischt des Ozeans, die mit ihrem salzigen Wasser die frischen Setzlinge bedecke, tue ihr Übriges, damit viele der Setzlinge vor den meteorologischen Bedingungen kapitulierten.

Eukalyptusbäume (Foto: Michael Marek)
Eukalpytus gedeiht gut auf der kargen OsterinselBild: Michael Marek

Trotzdem: 70.000 Bäume haben bisher einen Platz in dem kargen Osterinsel-Boden gefunden. Aber über 200.000 sind nötig, um die voranschreitende Erosion zumindest aufzuhalten. Eine Sisyphusarbeit, sagt Edmunds: "Seit 2006 haben wir jetzt Bäume, die bereits fünf bis sechs Meter gewachsen sind. Überlegen Sie einmal, fünf Meter! Der Boden der Osterinsel ist sehr mager, es gibt keinerlei Mineralien. Wir brauchen also Dünger zum Wiederaufforsten."

Mensch gegen Natur

Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass die Insel bis zum 17. Jahrhundert von Wäldern bedeckt war. Sie wurden von den Vorfahren der heutigen Osterinsulaner abgeholzt, um die Moai - die steinernen Statuen - zu transportieren, um Kanus und Häuser zu bauen und um die Toten zu verbrennen. Als die Insel um Ostern 1722 von den Europäern entdeckt wurde, war das Eiland schon baumlos: "Meine Vorfahren waren davon besessen, diese Statuen zu bauen", erzählt die Insulanerin Uri Avaka Teao, "nur um den anderen Stämmen zu beweisen, wie mächtig sie waren. Es war eine Katastrophe. Sie vergaßen darüber, sogar für Nahrung zu sorgen, Fische zu fangen oder Gemüse anzubauen. Sie haben sich nur auf ihre Statuen-Manie konzentriert."

Von einem Ökozid spricht der US-Geograph und Pulitzer-Preisträger Jared Diamond in seinem Bestseller "Kollaps - warum Gesellschaften überleben oder untergehen". Und so hat sich für Diamond der Untergang auf der Osterinsel abgespielt: Um 1600 sei vermutlich der letzte Baum gefällt worden. Von da an fehlte nicht nur der wichtigste Rohstoff, um die Steinriesen aus dem Steinbruch zu rollen. Es gab auch kein Feuerholz mehr und keinen Werkstoff für die Kanus, um zum Fischen auf das Meer zu fahren. Die küstennahen Gebiete waren schnell überfischt und die Vögel ausgerottet. Durch den Kahlschlag war der Ackerboden dem Regen und den kräftigen Passatwinden schutzlos ausgesetzt, so Diamonds These. Daraufhin erodierte der Boden, Nahrungsmittel konnten kaum noch darauf angebaut werden. Um die wenigen Ressourcen wurden Kriege geführt. Am Ende aßen die Insulaner sogar Menschenfleisch, um zu überleben.

Die Osterinsulanerin Uri Avaka Teao, vor einem Moai stehend (Foto: Michael Marek)
Stolz auf die einzigartigen Moai: Uri Avaka TeaoBild: Michael Marek

Das Fiasko auf der Osterinsel gilt dem Pulitzer-Preisträger Diamond als Sinnbild für die weltweit voranschreitende Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen.

Monokultur als Rettung?

Heute gebe es wieder einige Waldgebiete, die überwiegend aus Eukalyptus-Bäumen bestehen, erklärt Biologe Edmunds. Die ersten Bäume wurden um 1900 gepflanzt, weitere in den 1970er Jahren. Doch Eukalyptus sei nicht gut für die Insel, resümiert Edmunds, schließlich verbrauche er zu viel kostbaren Grundwassers. Außerdem stamme er aus Australien und passe so gar nicht zur Osterinsel. Aber als man ihn einbürgerte, begrünte er als einziger Baum die Insel. Auch deshalb habe man seit 2006 begonnen, die südwestliche Inselspitze mit dem Aito, dem Eisenbaum aufzuforsten.

Osterinsel, von oben aufgenommen, darauf eine Gruppe stehender und umgestürzter Moai (Foto: Michael Marek)
Mystisch und monumental: die MoaiBild: Michael Marek

Unterstützt wird das Vorhaben von der chilenischen Regierung, vor allem aber von Frankreich. Doch Gelder fließen nur spärlich. Das Wiederaufforstungsprogramm wurde zwischenzeitlich immer wieder auf Eis gelegt. Von einem Erfolg könne man daher kaum sprechen, sagt Wissenschaftler Edmunds resignierend. Dabei sei die Wiederaufforstung enorm wichtig, denn nur so könne man das Land vor weiterer Erosion schützen. Sie sei wie ein Krebsgeschwür, das die Osterinsel langsam zersetze.

Die Inselbewohner haben ihren Eukalyptus mittlerweile lieb gewonnen. Er ist sogar zur Einnahmequelle geworden und findet als Schnitzmaterial sowie als Bau- und Möbelholz Verwendung. Den Eukalyptus aus Umweltgründen zu roden, käme einem Frevel gleich, sagt Biologe Jorge Alejandro Edmunds. Ernüchternd ergänzt er: "Die Touristen aus aller Welt kommen nicht wegen der Bäume, sondern wegen der berühmten Statuen."