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Ostpreußen oder Region Warmia-Mazury?

11. Oktober 2004

Eklat beim Kongress der Landsmannschaft Ostpreußen und der polnischen Aktivisten der Selbstverwaltung

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Warschau, 11.10.2004, GAZETA WYBORCZA, poln.

"Wir sollten die alten Wunden nicht wieder aufreißen. Wir dürfen auch nicht zulassen, dass unsere gemeinsamen Errungenschaften zunichte gemacht werden", appellierte Adam Sierzputowski, der Staroste von Olsztyn (Allenstein) auf einer Tagung der Landsmannschaft Ostpreußen und der Aktivisten der Selbstverwaltung in der Region Warmia-Mazury (Ermland und Masuren).

Die Tagungen der Landsmannschaft Ostpreußen und der Selbstverwaltungsaktivisten aus der Region Warmia-Mazury finden seit vier Jahren statt. Die Treffen wurden bereits in Köln, Frankfurt und Elblag (Elbling) abgehalten. Der Kongress in Olsztyn war jedoch der heißeste von allen, weil die Beziehungen zwischen unseren Staaten noch nie so angespannt waren wie jetzt. Dies gaben Vertreter beider Staaten zu.

Für Emotionen sorgte die Diskussion über das Zentrum gegen Vertreibungen, über Entschädigungsforderungen sowie über die Art und Weise, wie die Landsmannschaft Ostpreußen das Gebiet Warmia und Mazury betrachtet. Die Mitglieder der Landsmannschaft bezeichnen sich selbst als "deutsche Ostpreußen" und das Gebiet in Nord-Ost Polen als Ostpreußen. (...)

Für Empörung bei den Aktivisten der lokalen Selbstverwaltung sorgten die Namensschilder, die von den Veranstaltern vorbereitet wurden. Neben dem Namen des Gastes, seiner Funktion und der Stadt, aus der er kommt, wurde anstatt der jeweiligen polnischen Woiwodschaft "Ostpreußen" geschrieben.

"Ich habe sogar überlegt, ob ich hier bleiben sollte. Mein Schwiegersohn ist aber ein Deutscher und nur aus diesem Grunde bleibe ich hier", sagte Otolia Siemieniec, Bürgermeisterin der Stadt Mragowo (Sensburg).

Obwohl dies offiziell nicht kommentiert wurde, gab man hinter der Bühne zu, dass das ein Fauxpas seitens der Veranstalter war.

Wilhelm von Gottberg, der Vorsitzende der Landsmannschaft Ostpreußen, versicherte, dass er die Rückgabe des in Polen zurückgelassenen Eigentums nicht fordert: "Wir wollen hier Grund und Boden kaufen und nicht per Gerichtsurteil bekommen. Wir sind jedoch nicht imstande, einzelne Klagen zu beeinflussen", sagte er.

Auch die Frage des Zentrums gegen Vertreibungen kam erneut zur Diskussion. "Das ist ein internes deutsches Problem", sagte zu diesem Thema Wilhelm von Gottberg.

Bernard Hinz, der Presssprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, fügte hinzu, dass in dem Zentrum gegen Vertreibungen das Schicksal der Ukrainer, Slowaken und Polen dokumentiert werde. Dieser Satz rief wiederum Empörung des Starosten von Gizycko (Lötzen) hervor: "Meinen Vater, der aus der Region Wilna (Vilnius) vertrieben wurde, hat niemand nach seiner Meinung gefragt, obwohl dies angebracht wäre. Ich habe den Eindruck, dass die Generation, die durch den Zweiten Weltkrieg gebrandmarkt wurde, erst aussterben muss, um dieses Thema ohne Emotionen behandeln zu können".

Der Kongress in Olsztyn ruft seit einer Woche Kontroversen hervor. Das Stadtoberhaupt von Olsztyn, Czeslaw Malkowski, hat seine Teilnahme abgesagt, und zwar mit der Begründung, dass er "mit den Leuten von Erika Steinbach nichts zu tun" haben wolle.

Gestern schenkten die jungen Mitglieder der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) dem Pressesprecher der Landsmannschaft Ostpreußen die Verwaltungskarte Polens sowie einige historische Alben: "Aus diesen Geschenken können die Deutschen erfahren, was uns gehört", sagten die jungen Vertreter der Partei Recht und Gerechtigkeit.

Am Ende des Kongresses versicherte Bernard Hinz, dass der Dialog zwischen der Landmannschaft Ostpreußen und den Aktivisten der Selbstverwaltung auch weiterhin aufrecht erhaltern wird. (...) (sta)