1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Otto stürmt den Olymp

Wim Abbink2. Juli 2004

Das Märchen geht weiter - Otto Rehhagel und seine "Himmelsstürmer" haben die Sensation geschafft: Durch ein "Silver Goal" gegen den Favoriten Tschechien erreichten die Hellenen das Endspiel gegen Gastgeber Portugal.

https://p.dw.com/p/5G27
Jubel in Blau und WeißBild: AP

Mit dem ersten "Silver Goal" hat Traianos Dellas für die größte Sensation der EM-Geschichte gesorgt und Otto Rehhagels Griechen zum ersten Mal ins Finale einer Europameisterschaft geköpft. Durch das Tor des Abwehrspielers in der 105. Minute gewann der Außenseiter im Halbfinale von Porto gegen die favorisierten Tschechen mit 1:0 (0:0). Damit kommt es im Endspiel am Sonntag (18:45 Uhr UTC) im Estadio da Luz von Lissabon zu einer Neuauflage des Eröffnungsspiels gegen EM-Gastgeber Portugal, in dem auf jeden Fall ein erstmaliger Europameister gekürt wird.

Egal wie das Endspiel ausgeht - die Rehhagel-Mannschaft, die sich erstmals seit 1980 wieder für eine EM-Endrunde qualifizieren konnte, hat die kühnsten Erwartungen schon jetzt bei weitem übertroffen. Bei der Rückkehr erwartet "König Otto" und seine "Untertanen" ein heißer Empfang. 10.000 griechische Fans feierten das Team um Kapitän Theodoros Zagorakis schon in der Arena von Porto überschwänglich. Außerdem kann sich die griechische Auswahl auf eine stolze Prämie freuen. Die Regierung hatte eine Million Euro ausgelobt, hinzu kamen nochmals 2,3 Millionen Euro netto für die Mannschaft vom Verband. Möglicherweise wird nach dem Finaleinzug noch etwas draufgelegt.

Griechenland schafft die Sensation
Hellas feiert -
allen voran Matchwinner DellasBild: AP

Erneutes Pech für Nedved

Rehhagel (65) entschied auch das Duell der Trainer-Routiniers gegen den ein Jahr jüngeren Karel Brückner zu seinen Gunsten. Der Bundesliga-erfahrene Coach begegnete der tschechischen Offensivkraft mit einer geradezu "antiken" Abwehrformation mit starrer Manndeckung und dem 1,97 m-Riesen Dellas als klassischem Ausputzer und hatte damit Erfolg. Georgios Seitaridis wich dem fünffachen Torschützen Milan Baros nicht von der Seite, und auch Jan Koller konnte sich der Bewachung durch Mihalis Kapsis kaum einmal entziehen. Damit war dem Spiel des Favoriten, der mit zunehmender Dauer förmlich an der Beton-Abwehr des Gegners zu verzweifeln schien, viel an Wirkung genommen. Erst in der Verlängerung gaben die Hellenen ihre Zurückhaltung auf und sorgten für Unruhe im tschechischen Strafraum.

Rehhagel
"Rehakles" ist der Größte: Otto Rehhagel könnte die Welt umarmenBild: AP

Als großer Verlust erwies sich für die Tschechen der Ausfall des Mittelfeld-Strategen Pavel Nedved. Europas Fußballer des Jahres in Diensten von Juventus Turin verletzte sich nach 34 Minuten bei einem Zweikampf mit Konstantinos Katsouranis so schwer, dass er in seinem 83. Länderspiel noch vor der Pause ausgewechselt werden musste. Mit Tränen in den Augen nahm der Kapitän, der vor einem Jahr schon das Champions-League-Finale gegen den AC Mailand wegen einer Gelb-Sperre verpasst hatte, auf der Ersatzbank Platz. Tomas Rosicky konnte die Regisseur-Rolle Nedveds auf dem Rasen nur selten ausfüllen. Dem Dortmunder unterliefen zahlreiche Ballverluste.

Karel Bruckner, Trainer der Tschechen EM 2004
Griesgrämiger "Häuptling Silberlocke": Tschechiens Trainer Karel BrücknerBild: AP

Geschickte Betonmischer

Dabei hätte gerade Rosicky Rehhagels Defensiv-Strategie schon nach 141 Sekunden über den Haufen werfen können. Nach einer Co-Produktion mit seinem Dortmunder Teamkollegen Koller jagte der 23-Jährige den Ball aus 16 Metern an die Latte. Drei Minuten später lenkte Torhüter Antonios Nikopolidis einen Schuss des aufgerückten Marek Jankulovski reaktionsschnell zur Ecke. Eine frühe Führung hätte die Aufgabe für die Tschechen erleichtern können, denn nach schwungvollem Beginn tat sich die Elf von Karel Brückner gegen die gut organisierten und zweikampfstarken Griechen immer schwerer.

Pavel Nedved liegt am Boden - EM 2004
Ende aller Hoffnung für Pavel NedvedBild: AP

Auch nach dem Wechsel taten sich die Tschechen äußerst schwer gegen die gut organisierte und kompromisslose griechische Abwehr. Nach dem Ausscheiden von Nedved fehlte die ordnende Hand. Immer wieder konnte sich die Rehhagel-Truppe befreien und selbst attackieren. Pech hatten die Tschechen jedoch, dass Schiedsrichter Pierluigi Collina nach einem Trikotzupfen von Dellas an Koller keinen Elfmeter pfiff. Ohnehin zeigte sich der italienische Referee auch bei rüden Fouls der Hellenen äußerst großzügig und ließ die Gelbe Karte in der Tasche. Die Hellenen imponierten durch ihre hohe Laufbereitschaft, zur Attraktivität des Spiels trugen sie nichts bei. Aber die Sensation, die haben sie geschafft.

EURO 2004 Halbfinale Griechenland - Tschechien am Donnerstag (01.07.2004) im
Nicht unumstritten: Schiedsrichter Pierluigi Collina in seinem letzten großen SpielBild: dpa

Die Aufstellungen:

Griechenland: Nikopolidis - Seitaridis, Kapsis, Dellas, Fyssas - Zagorakis, Basinas (72. Giannakopoulos), Karagounis, Katsouranis - Vryzas (91. Tsiartas), Charisteas

Tschechien: Cech - Grygera, Bolf, Ujfalusi, Jankulovski - Galasek, Poborsky, Rosicky, Nedved (40. Smicer) - 9 Koller, 15 Baros

Schiedsrichter: Pierluigi Collina (Italien)
Stadion: Estadio Dragao, Porto
Zuschauer: 45.000