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Pakistan - ein privilegierter Partner?

Friedemann Schlender19. März 2004

Washington befürwortet eine engere Anbindung Pakistans. Das hat der Besuch von US-Außenminister Colin Powell in Islamabad deutlich gemacht. Doch nicht alle Pakistaner begrüßen das Werben der Vereinigten Staaten.

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Viele Pakistaner dürften die plötzliche Aufwertung ihres Landes durch US-Außenminister Colin Powell mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis genommen haben. Powell hat den Plan, Pakistan den besonderen Status eines Alliierten außerhalb der Nato zuzuerkennen und damit einen einfacheren Zugang zu US-Waffen zu ermöglichen. Damit hebt er Pakistan auf die Ebene der strategischen Partner der USA von Staaten wie Ägypten, Israel, Südkorea, Philippinen und Thailand. Pakistan rückt so noch näher an die Seite der Vereinigten Staaten.

Mit der Aufwertung Islamabads zum Elite-Partner will Washington jene Kräfte am Hindukusch noch besser bündeln, die bei der Suche nach den Drahtziehern des El Kaida-Netzwerks und der Taliban im Grenzgebiet von Afghanistan und Pakistan bisher keine nennenswerten Erfolge vermelden konnten.

Bis vor kurzem noch musste sich die Militärregierung Pakistans mit Unschuldsbekenntnissen dem Druck der USA nach Aufklärung der Verantwortung für die illegalen Atomgeschäfte erwehren. Mit dem Ex-Chef des Atomprogramms Abdul Quadir Khan wurde dann auch der vermeintlich alleinige Schuldige der Öffentlichkeit präsentiert. Nun ermächtigt der neue Status Pakistan, z. B. auch Munition mit abgereichertem Uran zu erwerben.

Offensichtlich schien die Versicherung des pakistanischen Außenministers Kasuri, die Weiterverbreitung von Atomtechnologien zu unterbinden und alle Informationen zu diesem Thema direkt an die USA weiterzugeben, plausibel genug, um Islamabads Teilnahme am Waffengeschäft wieder salonfähig zu machen. Pakistan hat eine Schlüsselrolle im Kampf gegen die Terroristen in ihren Rückzugsgebieten. Präsident Bush braucht endlich Erfolge. Sie vorzubereiten, das war vorrangiges Ziel seiner Südasien-Reise.

Mit der Ankündigung, die Finanzhilfe der USA für Afghanistan auf 2,2 Milliarden Dollar zu verdoppeln, soll Präsident Karsai in schwierigen Zeiten der Rücken gestärkt werden. Ob solche in Kabul getroffenen Zusagen ihre Wirkung auf die Vorbereitung der für Juni vorgesehenen Wahlen haben werden, wird sich zeigen. Seit Beginn der Wählerregistrierung im Januar entschieden sich nur 1,5 Millionen der ca. 10,5 Millionen Wahlberechtigten des Landes für die Teilnahme an der Wahl. Die politische Willensbildung und die anstehende demokratische Legitimation der Zentralgewalt braucht dringend überzeugende Zahlen.

In Indien ging es vor allem darum, den Geist der Entspannung zwischen Delhi und Islamabad wach zu halten. Dabei dürfte für Delhi vor allem Powells Forderung nach dauerhafter Unterbindung übergreifender Aktionen von Aufständischen aus Pakistan im von Indien verwalteten Teil Kaschmirs besonderes Gehör gefunden haben - bei allem Bemühen um Verständigung mit dem Nachbarn Pakistan. Trotz der neuen Signale der Konzilianz gegenüber Pakistan haben in Indien solche amerikanischen Warnungen an Pakistan beruhigende Wirkung.

Mit der Erklärung, dass die USA zwar hilfreich sein wolle im Friedensprozess, aber es schließlich Sache der beiden Länder, die Probleme zufrieden stellend zu lösen, konnte sich Powell von vornherein der Zustimmung beider Seiten sicher sein. Schließlich wollen weder Delhi noch Islamabad den Eindruck entstehen lassen, dass die Entkrampfung des bilateralen Verhältnisses, das beide Länder international aufwertet, vielleicht von außen gesteuert ist.

Präsident Musharraf steht jetzt vor der Aufgabe, seinen Landsleuten die Gründe und den Nutzen der neuen Qualität strategischer Partnerschaft mit den USA zu erklären. Schließlich verspürt auch jener überwiegende Teil der Bevölkerung ein gewisses Unbehagen gegen die verstärkte Präsenz der USA in der Region, die schon aus Gründen des Selbstschutzes ein baldiges Ende des El Kaida-Terrors wollen und den Versuchen einiger entgegenwirken, die pakistanische Gesellschaft zu "talibanisieren".

Diese Zweifel haben ihre Ursachen u. a. in der Erfahrung der wechselvollen Afghanistan-Politik der USA und dem im Rückblick verhängnisvollen US-Taktieren mit den Taliban und dessen politische Folgen für Pakistan. Um diese Zweifel auszuräumen, wird Washington den Pakistanern lebensnahe Beweise liefern müssen, dass es sich nicht vordergründig um ein temporäres Zweckbündnis zur Erfüllung besonderer militärischer Aufgaben an der pakistanisch-afghanischen Grenze handelt, sondern um die Neuordnung der amerikanisch-pakistanischen Beziehungen auf Dauer.