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Pakistan nimmt Indiens Hilfsangebot an

20. August 2010

Trotz aller Spannungen zwischen beiden Staaten hat Pakistan eine Soforthilfe von Erzfeind Indien in Höhe von umgerechnet rund fünf Millionen Dollar angenommen.

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Pakistaner stürzen sich auf einen LKW mit Hilfsgütern(Foto: AP)
Die Pakistaner freuen sich über jede HilfeBild: AP
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon spricht mit Flutopfern(Foto: AP)
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon besucht FlutopferBild: AP

Für die pakistanische Regierung ist es ein hochsensibles Thema. Sie hat es sich nicht leicht gemacht, die Soforthilfe in Höhe von rund fünf Millionen Euro von Nachbar Indien anzunehmen. Aber mit einer Woche Überlegungszeit und Druck von Seiten der USA hat sich Pakistan dann durchgerungen die Hilfe anzunehmen. Dabei kann Pakistan derzeit jede Hilfe brauchen, denn mehr als ein Fünftel des Landes steht unter Wasser. Die schlimmsten Überschwemmungen in der Geschichte des Landes dauern nun schon seit über zwei Wochen an. Rund 20 Millionen Menschen haben ihr Zuhause verloren. Gegen die von der UN angestrebte Soforthilfe in Höhe von 460 Millionen Dollar nehmen sich die fünf Millionen Dollar, die Indien angeboten hat, eher bescheiden aus. Aber sie sind ein Zeichen. Ebenso ist es ein Zeichen, dass Pakistan die Hilfe angenommen hat.

Pakistans Unbehagen über Indiens Hilfsangebot

Porträt von Indiens Premierminister Manmohan Singh (Foto: AP)
Indiens Premierminister Singh hat Pakistan Hilfe angebotenBild: UNI

Für Pakistans Regierung ist das Hilfsangebot von Erzfeind Indien ein heikles Thema. So kommt das einwöchige Zögern der pakistanischen Regierung für den pakistanischen Politikwissenschaftler Sajjad Naseer aus Lahore nicht überraschend: "Dieses Zögern hat etwas mit nationalem Stolz zu tun. Andererseits sollte man im Angesicht dieser furchtbaren Katastrophe, bei einem solchen Ausmaß, jede Art der Hilfe willkommen heißen. Doch die pakistanische Regierung muss an die politischen Konsequenzen denken. Sie ist geschwächt. Die Medien diskutieren gerade ihre Glaubwürdigkeit und die schlechte Regierungsführung. In einem solchen Moment auch noch Hilfe von Indien anzunehmen, könnte ihr Ansehen weiter gefährden." Dabei haben die beiden Atommächte Indien und Pakistan sich trotz aller Spannungen in den vergangenen zehn Jahren immer wieder bei der Bewältigung von Naturkatastrophen gegenseitig geholfen.

Gegenseitige Hilfe bei früheren Katastrophen

Porträt von Pakistans Präsident Asif Ali Zardari (Foto: dpa)
Pakistans Präsident Zardari hat Indiens Hilfe mit einer Woche Verspätung angenommenBild: picture-alliance/ dpa

2001 kamen im Großraum der Stadt Bhuj im indischen Bundesstaat Gujarat bei einem Erdbeben nach Schätzungen bis zu 25.000 Menschen ums Leben. Pakistan schickte Zelte, Nahrungsmittel und Decken. 2005 starben bei einem Erdbeben im pakistanischen Teil der zwischen beiden Ländern geteilten Himalajaregion Kaschmir etwa 80.000 Menschen. Indien bot damals Helikopter an, um unwegsame Bergdörfer zu erreichen. Doch der damalige Präsident Pervez Musharraf lehnte die Hilfe ab. Die Helikopter müssten von pakistanischen Piloten geflogen werden, verlangte er, denn Kaschmir sei eine militärisch hochsensible Region. Positiv war allerdings, dass die sogenannte "Line of Control", die Grenze, die Kaschmir in einen pakistanischen und indischen Teil teilt, geöffnet wurde. So konnten die Kaschmiris auf beiden Seiten beim Wiederaufbau helfen. Indien verpflichtete sich zudem, 25 Millionen Dollar an Soforthilfe zu überweisen.

Beziehungen nicht auf allen Ebenen schlecht

Die Regierungschefs von Indien und Pakistan stehen nebeneinander und lächeln für die Kameras (Foto: AP)
Die beiden Regierungs-Chefs im Juni 2009 am Rande eines Gipfels in RusslandBild: AP

Politikwissenschaftler Sajjad Naseer betont, wie nützlich solche Gesten seien: "Die Beziehungen zwischen Indien und Pakistan müssen auf zwei Ebenen betrachtet werden. Zum einen gibt es die Beziehungen von Regierung zu Regierung, sie unterliegen gewissen Zwängen. Doch die Diplomatie zwischen den Menschen funktioniert anders. Seit zwölf bis vierzehn Jahren besuchen sich Journalisten oder andere Gruppen der Zivilgesellschaft gegenseitig. Erst letzte Woche sammelten indische Journalisten in Lahore Spenden für die Flutopfer." Sajjad Naseer sieht in diesen privaten Beziehungen einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der Beziehungen auf Regierungsebene: "Das ist ganz wichtig. Denn nur wenn diese Bewegungen stärker werden, dann können sie auf ihre jeweiligen Regierungen Druck ausüben, damit sie nach Möglichkeiten zur Verbesserung der Beziehungen suchen."

Lange Geschichte mit vielen Konflikten

Drei Kriege haben Indien und Pakistan seit ihrer Unabhängigkeit 1947 bereits geführt. Die bisherigen, bescheidenen Anläufe, um einen dauerhaften Friedensprozess einzuleiten, sind gescheitert. Zuletzt haben die Anschläge vom November 2008 auf die indische Finanzmetropole Mumbai allen Entspannungsbemühungen einen schweren Schlag versetzt. Der einzige überlebende Attentäter, Ajmal Kasab, stammt aus Pakistan. Er gestand, dass die Anschläge von pakistanischem Territorium aus geplant wurden. Das aktuelle Hilfsangebot Indiens und die Annahme Pakistans könnten als erster Schritt zu einer Verbesserung der Beziehungen interpretiert werden.

Autor: Priya Esselborn
Redaktion: Marco Müller

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