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Pakistans Rolle bei Taliban-Gesprächen

Shamil Shams21. Juni 2013

Nach langen Vorbereitungen sollen in Doha offizielle Gespräche zwischen USA und Taliban stattfinden. Experten zufolge war dabei die Mitwirkung Pakistans unentbehrlich.

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Taliban-Vertretung in Doha
Bild: Reuters

2011 versuchten die USA erstmals ernsthaft, in Verhandlungen mit den Taliban zur Lösung des Afghanistan-Konflikts einzusteigen. Pakistan betrachtete die Geheimgespräche zwischen den UA und Taliban mit Missvergnügen und hat sie nach Ansicht mancher Beobachter erfolgreich sabotiert. Islamabad hätte Washington bei seinen Bemühungen, mit den Taliban ins Gespräch zu kommen, gerne seine Dienste angeboten. Schließlich bestehen historisch enge Verbindungen zwischen den afghanischen Taliban und dem pakistanischen Militär und seinem Geheimdienst, ISI.

Islambad hat stets betont, dass es ohne seine Unterstützung keinen Frieden in Afghanistan geben könne und dass jegliche Zukunftsplanung für Afghanistan für die Zeit nach dem NATO-Truppenabzug die Interessen Pakistans berücksichtigen müsse. Mit diesen Interessen verbindet Pakistan in erster Linie eine gewichtige Rolle der Taliban in einer zukünftigen afghanischen Regierung, die es als die legitimen Vertreter der afghanischen Mehrheitsbevölkerung der Paschtunen ansieht.

Kabul verärgert

Die Gesprächsanbahnung von 2011 führte zunächst nicht weiter, während Pakistan und Kabul ihrerseits zu getrennten Treffen mit den Taliban zusammenkamen. Die jüngsten Mitteilungen über Verhandlungen mit der Taliban mit den USA in deren Vertretung in Doha haben nun aber nicht Pakistan vergrätzt, sondern die afghanische Führung. Islamabad begrüßte dagegen die Gespräche, wenn auch zurückhaltend. Am Donnerstag (20.06.2013) kündigte die pakistanische Regierung die Freilassung weiterer afghanischer Taliban an, mit dem ausdrücklichen Ziel, die Verhandlungen zwischen den USA und den Islamisten zu unterstützen.

Präsident Karsai in Kabul (Foto: (AFP/Getty Images)
Präsident Karsai war von der vermeintlichen Aufwertung der Taliban durch die USA nicht erfreutBild: Shah Marai/AFP/Getty Images

Die Regierung von Hamid Karsai argwöhnt, dass die USA den pakistanischen Bedingungen für diese Gespräche zugestimmt, aber die Zuständigkeit der afghanischen Regierung negiert hat. "Die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass ausländische Kräfte hinter dem Taliban-Büro in Katar stehen. Der hohe (afghanische) Friedensrat wird sich nicht an Gesprächen beteiligen, solange sie nicht ausschließlich von afghanischer Seite angeführt werden", so ein Statement Präsident Karsais vom Mittwoch (19.06.2013). Aus afghanischer Sicht bedeutet die Bereitschaft der Taliban zu Verhandlungen mit den USA vor allem eins: Islamabad hat den Islamisten grünes Licht für diese Verhandlungen gegeben.

Islamabad als treibende Kraft im Hintergrund

Nach mehreren Telefongesprächen zwischen US-Außenminister John Kerry und Präsident Karsai gab es am Donnerstag (20.06.2013) Hinweise darauf, die afghanische Regierung doch bereit sein könnte, sich an den Gesprächen in Doha zu beteiligen. Eine Voraussetzung dafür ist die Entfernung von sogenannten Hoheitszeichen der Taliban an ihrer Vertretung in Doha in Katar.

ISI-Chef Zahir-ul-Islam (Foto: picture-alliance/dpa)
ISI-Chef Zahir-ul-Islam werden gute Verbindungen zu den USA nachgesagtBild: picture-alliance/dpa

Der in Karatschi lebende Sicherheitsexperte Ali K. Chishti bestätigte gegenüber der Deutschen Welle, dass Pakistan eine wichtige Rolle dabei gespielt habe, den Taliban Gespräche mit den USA schmackhaft zu machen. Auch die Tatsache, dass der Chef des Geheimdienstes ISI, Zahir-ul-Ilam, bessere Verbindungen zur amerikanischen Seite habe als sein Vorgänger, dürfte sich ausgewirkt haben. "USA, Afghanistan und Pakistan sind seit drei Jahren mit der Vorbereitung dieser Verhandlungen beschäftigt, jetzt aber fühlt sich die afghanische Regierung außen vor gelassen." Kabul habe gewiss seine legitimen Einwände, meint Chishti, aber es sollte "mehr Reife" zeigen, angesichts der Wegscheide, an der Afghanistan sich nun befinde.

Dass Pakistan seine Interessen in Afghanistan verfolge, sei nur logisch, so der Sicherheitsexperte aus Karatschi. Schließlich habe Pakistan die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan 1996 ermöglicht und auch nach dem 9. September 2001 enge Verbindungen zu einigen Taliban-Führern aufrechterhalten.

Gespräche keine Friedensgarantie

Was den neuen pakistanischen Ministerpräsidenten Nawaz Sharif betreffe, so misst Chishti ihm bei den Verhandlungen mit den Taliban keine nennenswerte Rolle bei. "Diese Dinge werden vom pakistanischen Militär entschieden. Sharif muss tun, was die Armee ihm vorgibt."

Kämpfer der Taliban in Uruzgan in Afghanistan (Foto: picture alliance / Ton Koene)
Wieviel Einfluss Pakistan auf "die Taliban" in Afghanistan hat, ist schwer einzuschätzenBild: picture alliance / Ton Koene

Selbst wenn die Gespräche in Doha unter Teilnahme aller Seiten Fortschritte machen und die Taliban mit den USA zu einer Übereinkunft kommen sollten, wäre das aus Sicht mancher Experten keine Garantie für Frieden. Der Grund ist aus dieser Sicht, dass die Taleban nur nach einem streben: Der Machtübernahme in Afghanistan.

Inwieweit Pakistan die Taliban in diesem Machtstreben unterstützt, ist eine der Unbekannten, mit denen es der Westen in seiner Afghanistan-Politik zu tun hat.

Einerseits braucht er Pakistans Unterstützung für die Stabilisierung Afghanistans, andererseits hat er kein volles Vertrauen in diese Zusammenarbeit. Ein Dilemma, mit dem die westliche Afghanistan-Politik leben muss, so der Südasien-Experte Emrys Shoemaker von der London School of Economics: "Das westliche politische Engagement ist stark von den Entwicklungen in Pakistan abhängig, und von den Aktivitäten Pakistans in Afghanistan."Der Versuch, auf die Entwicklung in Afghanistan Einfluss zu nehmen, werde zum großen Teil immer über die Beziehungen zu Pakistan bestimmt.