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Gefährliche Grenze

Priya Esselborn3. Juni 2007

Fast täglich sterben NATO-Soldaten in Afghanistan, feiern Taliban-Kämpfer Erfolge in blutigen Scharmützeln. Brennpunkt der Kämpfe ist die Grenze zu Pakistan. Welche Rolle der Nachbar in dem Konflikt spielt, ist unklar.

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Maskierte Taliban-Kämpfer mit Panzerfaust
Schwer bewaffnete Taliban-Kämpfer wie diese machen weite Teile der Grenzregion zwischen Afhganistan und Pakistan unsicherBild: AP

2500 Kilometer lang ist die Grenze zwischen Pakistan und Afghanistan - und nicht nur deshalb für die pakistanische Armee kaum zu kontrollieren, obwohl inzwischen auf Druck der USA 80.000 pakistanische Soldaten dort stationiert sind. Hier in den unwegsamen Bergregionen ist die Regierung weit entfernt. Die Paschtunen, die auf beiden Seiten der Grenze siedeln und die größte ethnische Gruppe in Afghanistan darstellen, leben nach ihren eigenen Gesetzen.

Machterhalt mit Waffengewalt

Das Paschtunistan-Problem hat beide Länder zwischen 1950 und 1980 mehrmals an den Rand eines Krieges gebracht. Denn die afghanische Forderung an Pakistan, diese Gebiete zu übergeben, ist uralt. Die Stammesgebiete auf der pakistanischen Seite sind das Rückzugsgebiet der Taliban-Kämpfer, oft ist sogar von einem neuen "Talibanistan" die Rede. Nicht immer wird ihnen der Unterschlupf freiwillig gewährt. Es heißt, dass die Taliban bis zu 15.000 Kämpfer unter Waffen haben. Mehrere Millionen Menschen werden von den Taliban beherrscht und wagen nicht, gegen sie aufzubegehren. Tag für Tag überqueren tausende von Menschen die Grenze.

Australische Soldaten in Afghanistan (AP Photo/Musadeq Sadeq)
Australische ISAF-Soldaten und Afghanen bei der Eröffnung einer Handelsschule südlich von KabulBild: AP

Obwohl die pakistanische Regierung mit militärischer und finanzieller Hilfe der USA entschieden gegen die Taliban vorgeht, halten sich hartnäckige Vorwürfe, dass der pakistanische Geheimdienst ISI und die Armee die Taliban unterstützen. Auch ist davon die Rede, dass Präsident Musharraf aus Angst vor einem offenen Konflikt davor die Augen verschließt.

CIA-Sünden der Vergangenheit

Die Verbindung des ISI zu den Taliban reicht bis zur sowjetischen Invasion in Afghanistan 1979 zurück. Mit Geldern der CIA und anderer reicher muslimischer Länder wurden die Taliban aufgebaut, um die Besatzer zu vertreiben. Nach dem Abzug der Sowjetunion Ende der Achtziger Jahre und dem Ausbruch des Bürgerkriegs suchte Pakistan weiter nach Verbündeten, die Stabilität im Nachbarland garantieren könnten. Die Idee des pakistanischen Militärs war, dass ein Pakistan wohl gesonnenes Afghanistan im Falle eines Konflikts mit dem ungeliebten Nachbarn Indien Tiefe und Hinterland garantieren könne.

Erst nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center in New York vom 11. September 2001 stellte Pakistan offiziell seine Unterstützung für die Taliban ein. Christian Wagner von der Stiftung Wissenschaft und Politik befürchtet jedoch, dass ehemalige Generäle und Offiziere von Armee und ISI noch immer Informationen bereitstellen. "Das ist eine große Grauzone, wo wir vielleicht sagen können, offiziell hat Pakistan dieser Unterstützung entsagt. Aber die pakistanische Regierung hat vielleicht auch nicht die Möglichkeiten, alle Aktivitäten entlang dieser unübersichtlichen Grenze zu kontrollieren, so dass es möglich sein könnte, dass ehemalige ISI-Offiziere daran beteiligt sind." Darüber hinaus dürfe man nicht übersehen, dass diese Aktivitäten oft verbunden seien mit Schmuggel zwischen beiden Ländern. Der ganze Drogenhandel gehe zum Beispiel über diese Grenze.

Ohnmächtiger Musharraf

Musharraf befindet sich in der Zwickmühle. Seit er sich 1999 an die Macht putschte und 2002 in wohl manipulierten Wahlen bestätigt wurde, braucht er die Armee. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, tritt noch immer manchmal in Uniform auf. Den USA und der EU pries er sich nach dem 11. September als Repräsentant eines aufgeklärten Islams an und wurde so zu einer der zentralen Figuren in der Region. Plötzlich wurden der Atommacht Pakistan, die nie den Atomwaffensperrvertrag unterschrieb, die Sanktionen erlassen und die EU gewährte Handelserleichterungen von einer Milliarde Euro. Doch seit Musharraf am 9. März den obersten Richter Iftikhar Chaudhry wegen angeblichen Amtsmissbrauchs suspendierte, wächst der innenpolitische Druck. Das Land befindet sich in einer der schlimmsten politischen Krisen seit der Unabhängigkeit und Abspaltung von Indien vor 60 Jahren. Musharraf allein besitzt aber weder den Willen noch die Kraft, um die Probleme mit Afghanistan zu lösen. Da braucht es eine internationale Initiative.