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"Paksasgate" in Litauen

3. Dezember 2003

– Parlamentsausschuss legt erste Untersuchungsergebnisse vor

https://p.dw.com/p/4OrH

Bonn, 2.12.2003, DW-radio / Russisch

Den Skandal um den litauischen Präsidenten Rolandas Paksas haben bissige Journalisten bereits "Paksasgate" genannt. Auf seiner heutigen (2.12.) Sitzung erörterte der Sejm die Ergebnisse, zu denen der vor einem Monat gebildete Sonderausschuss des Parlaments gekommen ist. Der Ausschuss kam zum Schluss, dass die engen Beziehungen von Paksas zu dubiosen Personen ihn verwundbar machen und dass dies unter Berücksichtigung des besonderen Status des Präsidenten und dessen Rolle in der Innen- und Außenpolitik eine Gefahr für die nationale Sicherheit Litauens darstellt.

Vorgeschichte des Skandals

Der Skandal begann vor etwas mehr als einem Monat mit der Veröffentlichung einer Mitteilung der Abteilung für Staatssicherheit Litauens. Darin wurde festgestellt, dass ein gewisser Jurij Borisow, Eigentümer des Unternehmens "Awia Baltika", das Hubschrauber instandsetzt, den Wahlkampf von Paksas mit 400 000 US-Dollar unterstützt habe. Nach der Wahl von Paksas zum Präsidenten des Landes habe Borisow von diesem gefordert, das investierte Geld "abzuarbeiten". Borisow soll einen Generalstitel, einen Orden und einen Beraterposten in der Präsidentenadministration gefordert haben. Außerdem sollten die Unternehmen unter Druck gesetzt werden, die mit der Firma "Awia Baltika" konkurrieren. Dabei soll Borisow den Präsidenten erpresst und ihm gedroht haben.

Aus der Mitteilung ging ferner hervor, dass man in der Abteilung für Staatssicherheit Litauens allen Grund hat, Präsident Paksas und seinen jetzt schon ehemaligen Berater für nationale Sicherheit, Remigius Acasa, zu verdächtigen, Beziehungen zu internationalen kriminellen Strukturen zu unterhalten.

Wer bestimmt die Politik in Litauen?

Nach Ansicht der Mitglieder des Ausschusses, übte und übt auch weiterhin die in Russland gemeldete Gesellschaft ALMAX, die der Verbindungen zu Geheimdiensten verdächtigt wird, auf den Präsidenten und seinen Apparat Druck aus, mit dem Ziel, die politischen Prozesse in Litauen zu steuern. Dabei handelt es sich um die Mitwirkung der Gesellschaft ALMAX beim Aufbau der Strukturen der Präsidentenadministration und bei der Auswahl des Personals. ALMAX verfolgte dabei eigene Interessen und die von Jurij Borisow. Auf die Beziehungen, die sich zwischen Präsident Paksas und Borisow ergeben haben, geht das Dokument detailliert ein. Unter anderem wird darauf hingewiesen, dass Borisow mit Hilfe der Gesellschaft ALMAX eine Reihe von Entscheidungen des Präsidenten beeinflussen konnte. Auf diese Weise stellte er sicher, dass sein Unternehmen außerordentlich günstige Bedingungen genießt, und dass Teile von Militärhubschraubern an Regime geliefert werden können, die den Terrorismus unterstützen. Der Präsident distanzierte sich öffentlich kein einziges Mal von Borisow, womit er indirekt dessen illegale Tätigkeit deckte.

Worauf basieren die Vorwürfe gegen den Präsidenten?

In einer Pause während der Sejm-Sitzung gelang es unserem Korrespondenten Wladimir Fradkin mit dem Vorsitzenden des Ausschusses, Aloisas Sakalas, zu sprechen und ihm einige Fragen zu stellen.

Frage:

Worauf basieren die gegen den Präsidenten vorgebrachten Anschuldigungen und inwiefern sind die Ergebnisse des Ausschusses mit Fakten bewiesen?

Aloisas Sakalas:

Wir haben viele Dokumente und Zeugenaussagen geprüft. Die Ergebnisse, die heute dem Sejm vorgelegt wurden, basieren auf diesen Fakten und auf diesen Dokumenten. Von diesen Dokumenten ausgehend, konnten wir zu keinem andern Schluss kommen.

Frage:

Welches Schicksal erwartet den Präsidenten? Kann er nach diesen Enthüllungen im Amt bleiben?

Aloisas Sakalas:

Der Präsident kann natürlich im Amt bleiben, wenn es zu keinem Amtsenthebungsverfahren kommt, aber es wird ihm schwer fallen, zu arbeiten, weil das moralische Ansehen des Präsidenten sehr gesunken ist. Derzeit diskutieren die Abgeordneten und Fraktionen, ob ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet werden sollte. (MO)