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Palästinenser rufen zu "Tag des Zorns" auf

16. Oktober 2015

Nach palästinensischen Aufrufen zu Protesten werden nach den muslimischen Freitagsgebeten neue Konfrontationen befürchtet. Eine geplante Solidaritätsdemonstration in Berlin zieht unterdessen Kritik auf sich.

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Solidaritätsdemonstration am Donnerstag in Gaza für die protestierenden Palästinenser im Westjordanland (Foto: Getty)
Solidaritätsdemonstration am Donnerstag in Gaza für die protestierenden Palästinenser im WestjordanlandBild: Getty Images/AFP/M. Abed

Nach einem Tag relativer Ruhe in Israel und den Palästinensergebieten haben die palästinensischen Organisationen zu Demonstrationen aufgerufen. Sie sollen im israelisch besetzten Westjordanland und im Gazastreifen im Anschluss an das muslimische Freitagsgebet stattfinden. Die israelische Polizei kündigte an, zum Freitagsgebet auf dem Jerusalemer Tempelberg würden aus Sicherheitsgründen nur Männer im Alter von über 40 Jahren zugelassen. Der Tempelberg ist das wichtigste Heiligtum im Judentum und nach Mekka und Medina das drittwichtigste Heiligtum im Islam.

Nach Angaben der israelischen Armee werden 300 Soldaten die in Jerusalem stationierte Polizei verstärken. Schon am Donnerstag zeigten die israelischen Sicherheitskräfte in der zwischen Israelis und Palästinensern umstrittenen Stadt massive Präsenz. Mit Gewehren bewaffnete Polizisten und Grenz-Einsatzkräfte kontrollierten Plätze, Kreuzungen und Straßen und patrouillierten an Stellen, wo sie sonst nicht zu sehen waren.

Sicherheitskontrolle auf dem Weg zum Tempelberg (Foto: Reuters)
Sicherheitskontrolle auf dem Weg zum TempelbergBild: Reuters/R. Zvulun

Das israelische Sicherheitskabinett hatte am Mittwoch die Polizei ermächtigt, die arabischen Viertel in Ost-Jerusalem im Falle von Spannungen abzuriegeln oder eine Ausgangssperre zu verhängen. Weitere Maßnahmen sehen unter anderem vor, die Waffengesetze für Israelis zu lockern. Sechs Armeekompanien werden der Polizei unterstellt, um vor allem die Überwachung der Sperranlage zum Westjordanland zu verstärken. Die Wohnhäuser von Attentätern sollen künftig binnen 72 Stunden zerstört und an ihrer Stelle keine neuen Bauten erlaubt werden.

Attentätern aus dem arabischen Ostteil Jerusalems werde zudem das Aufenthaltsrecht auf israelischem Gebiet entzogen, sagte Justizministerin Ajelet Schaked von der rechtsnationalen Siedlerpartei am Donnerstag. Der Prozess sei bereits im Gange und betreffe auch die Familien der Täter, wenn sie die Attacke unterstützten. Schaked hielt Palästinenserpräsident Mahmud Abbas vor, er hetze sein Volk zu immer neuen Gewalttaten gegen Israel auf und bezeichnete ihn als "Terroristen". Während einer Fernsehansprache am Mittwochabend hatte Abbas dem jüdischen Staat eine Politik der Aggression und "Siedlerterror" vorgeworfen. Israel habe "Kinder kaltblütig hingerichtet".

Palästinenser zündeten in der Nacht im Westjordanland eine für Juden heilige Stätte an. Ziel des Brandanschlags sei das Josefsgrab bei Nablus gewesen, teilten die israelische Armee und palästinensische Sicherheitskreise mit. Bei dem Anschlag kamen demnach Molotowcocktails zum Einsatz, das Feuer sei inzwischen gelöscht worden. Es seien schwere Schäden entstanden. Verletzt wurde niemand.

Kerry plant Besuch

US-Außenminister John Kerry verurteilte in einer Rede an einer Universität im US-Bundesstaat Indiana die jüngsten "Terrorattacken" gegen israelische Zivilisten. Mit seiner Ankunft im Krisengebiet wurde frühestens am Montag gerechnet.

Sicherheitskontrolle auf dem Weg zum Tempelberg (Foto: Reuters)
Sicherheitskontrolle auf dem Weg zum TempelbergBild: Reuters/R. Zvulun

Unterdessen stößt eine ebenfalls für diesen Freitag geplante Demonstration von Palästinensern vor dem Bundeskanzleramt auf scharfe Kritik bei jüdischen Organisationen. Der Zentralrat der Juden in Deutschland appellierte an die Berliner Behörden, ein Verbot der "Solidaritätskundgebung mit der Intifada" genau zu prüfen. "Für einen solch unverhohlenen Antisemitismus und Hass auf Israel darf in unserem Land kein Platz sein", sagte Zentralrats-Präsident Josef Schuster der "Jüdischen Allgemeinen". "Die Teilnehmer der in Berlin geplanten Demonstration wollen sich mit den palästinensischen Attentätern solidarisieren, was zugleich die Verherrlichung der Anschläge auf Juden bedeutet."

Seit Monatsbeginn wurden bereits mehr als 30 Palästinenser bei Anschlägen oder Protestaktionen getötet. Im gleichen Zeitraum starben sieben Israelis bei Attentaten. Die meisten Attentäter kamen aus arabischen Vierteln Ost-Jerusalems. Erst am Dienstag hatten zwei Attentäter in einem Linienbus neben Messern auch eine Schusswaffe eingesetzt und zwei Passagiere getötet. Zudem starb ein Rabbiner, als ein Palästinenser in einem ultraorthodoxen Viertel von Jerusalem mit seinem Auto eine Bushaltestelle rammte.

stu/wa/kle (afp, dpa, epd)