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Pankow statt Peking

Peter Stützle8. August 2008

Rund 80 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt haben an der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele teilgenommen. Aus Deutschland aber war keiner dabei - kein Bundespräsident, keine Kanzlerin, nicht mal ein Minister.

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Bild: DW
EURO 2008 - Österreich - Deutschland Angela Merkel jubelnd
Angela Merkel und Bastian Schweinsteiger bei der EM 2008Bild: picture-alliance/dpa

Es war im deutschen Fernsehen wieder und wieder gezeigt worden: Angela Merkel jubelnd, vor Begeisterung aufspringend, etwas tolpatschig klatschend. Die sympathischen Bilder von der Fußball-Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz haben sicher einiges zur Popularität der Bundeskanzlerin beigetragen. Wer jetzt am Freitag /08.08.2008) am Bildschirm die beeindruckende Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele verfolgte, konnte sich zumindest an diesem Bild nicht erfreuen. Angela Merkel saß nicht auf der Tribüne im fernen Peking, sondern trieb sich wesentlich näher der Heimat irgendwo in den Alpen herum.

Unausgesprochenes Signal

Und das sicher nicht wegen der Reisekosten. Vielmehr sandte die Regierungschefin angesichts der anhaltend schlechten Menschenrechtslage in China, nicht zuletzt in Tibet, unausgesprochen das Signal aus: Wir wünschen Peking ein gutes Gelingen der Olympischen Spiele, halten aber Sport und Politik schön auseinander. Und so wie Angela Merkel und auch Bundespräsident Köhler hielten es alle Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union; lediglich der französische Präsident Nicolas Sarkozy nahm in seiner Eigenschaft als Ratspräsident der Europäischen Union, stellvertretend für die anderen, teil.

Fernschreiber Autorenfoto, Peter Stützle

Nicht nur während der Eröffnungsfeier machten und machen sich deutsche Politiker in Peking rar. So rar, dass der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg zunächst meinte, nur ein einziger Minister reise überhaupt zu den Spielen. Nämlich Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, der in der Regierung für den Sport zuständig ist. Wie alle seiner Vorgänger will er bei den Olympischen Spielen Athleten treffen und Wettkämpfe besuchen. Aber erst in der zweiten Woche der Spiele, nicht schon zur Eröffnung.

Einen Minister vergessen

Regierungssprecher Steg hatte allerdings den Verteidigungsminister vergessen. Viele der teilnehmenden Athleten sind Soldaten aus den Sportförder-Kompanien der Bundeswehr, und für die ist zwar in ihrer Eigenschaft als Sportler ebenfalls Innenminister Schäuble zuständig, aber als Dienstherr halt auch Verteidigungsminister Franz Josef Jung. Und so lässt es sich Jung nicht nehmen, ebenfalls für ein paar Tage nach Peking zu fliegen. Um gar nicht erst in den Verdacht zu kommen, eine Lustreise zu unternehmen, hat Jung noch Gespräche mit seinem chinesischen Amtskollegen eingeplant.

Alle anderen Bundesminister aber bleiben in Pankow oder wo sonst in Berlin sie sich niedergelassen haben - sofern sie nicht ohnehin, wie die Kanzlerin in den ersten Tagen der Spiele, im Urlaub weilen. Von dort nutzte Angela Merkel immerhin noch die Möglichkeit, per Zeitungsinterview kurz vor der Eröffnungsfeier darauf hinzuweisen, welche "einmalige Chance“ sich für China doch biete, "sich als weltoffenes Land zu präsentieren“.

Der Ex-Kanzler war dabei

Ein Vertrauter Angela Merkels aus der Zeit der friedlichen Revolution in der DDR berichtete allerdings andere Eindrücke aus Peking, wohin er sich einige Tage vor Eröffnung der Spiele aufgemacht hatte. Günter Nooke, der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, sprach von einem verschärften Vorgehen gegen unliebsame Personen. Das hat die Kanzlerin sicher in ihrer Entscheidung bestätigt, hier zu bleiben. Merkels Vorgänger plagten derartige Bedenken offensichtlich nicht. Gerhard Schröder saß während der Eröffnungsfeier auf der Tribüne im Pekinger Olympiastadion - als Privatmann. Ranghöchster offizieller Vertreter der Bundesrepublik war der deutsche Botschafter in Peking, Michael Schaefer.