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Millionen für Ali Agca-Memoiren

18. Januar 2010

Mehmet Ali Agca hofft nach seiner Freilassung auf millionenschwere Verträge mit Verlagen und Filmfirmen. Sein Weltbild wirkt mysteriös. Hat Agca sich im Prozess nur als verrückt inszeniert?

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Mehmet Ali Agca läuft durch ein Gefängnis-Tor (Foto: dpa)
Wer stiftete Agca zum Mordversuch an?Bild: dpa - Bildfunk

Nachdem die türkischen Behörden am Montag (18.01.2010) Ahmet Ali Agca aus der Haft entlassen haben, befindet sich ein Mann auf freiem Fuß, um den sich trotz umfassender Ermittlungen noch immer viele Mythen ranken. Möglicherweise wird nie herauskommen, was ihn zu seiner Tat geführt und wer ihn dabei unterstützt hat.

Papst Johannes Paul II. erholt sich im Krankenhaus nach dem Anschlag (Foto: AP)
Papst Johannes Paul II. entkam nur knapp dem Tode...Bild: AP

Bereits lange bevor er am 13. Mai 1981 auf dem Petersplatz in Rom auf Papst Johannes Paul II. schoss, begann Agca in der Türkei eine eigentümlichen Karriere in der Welt des politischen Extremismus. Bereits in den 1970-er Jahren war Agca ein rechtsradikaler Gewalttäter der "Grauen Wölfe".

1979 erschoss er den bekannten Journalisten Abdi Ipekci und kam dafür ins Gefängnis. Kein halbes Jahr später gelang ihm die Flucht mit Unterstützung der "Grauen Wölfe", denen Beobachter damals gute Beziehungen zur Staatsmacht nachsagten. Diese unterstützten Agca vermutlich auch bei seiner Flucht aus der Türkei. Seine Todesstrafe wegen des Mordes an Ipekci wandelten die türkischen Behörden später in eine Haftstrafe um.

Umstände des Attentats bleiben im Dunkeln

Papst Johannes Paul II. vergibt Ali Agca in seiner Gefängniszelle am 27.12.1983 (Foto: Vatikan)
...aber vergab dem TäterBild: AP

Wie es ihm gelang, zwei Jahre nach seiner Flucht nach Rom zu reisen, und wer ihm den Auftrag zum Attentat auf den Papst gab, bleibt bis heute ungeklärt. Einige Hinweise deuteten auf eine Verwicklung des bulgarischen Geheimdienstes oder des KGB hin, andere auf einen Auftragsmord für den türkischen Ultranationalisten Abdullah Catli. In seinem Prozess in Italien trug Agca wenig zur Aufklärung der Hintergründe bei. Agca machte widersprüchliche Aussagen, bezeichnete sich selbst als Jesus Christus und den Anschlag als Teil eines göttlichen Plans. Drei mutmaßliche bulgarische Komplizen sprach das Gericht wegen Mangels an Beweisen frei.

Prozessbeobachter unterstellten Agca, dass er sich im Prozess als verrückt inszenierte, um die Hintermänner zu schützen. Nachdem er 19 Jahre in italienischen Gefängnissen verbracht hatte, wurde Agca 2000 begnadigt und an die Türkei überstellt. Dort kam er erneut ins Gefängnis, um seine Strafe für den Mord an Ipekci abzusitzen.

Werden die Memoiren bei der Aufklärung helfen?

Porträt Ali Agca (Foto: AP)
Agca umgibt sich mit dem Flair des MysteriösenBild: AP

Dass Agca nach seiner Freilassung zur Aufklärung des Papst-Attentats beitragen wird, scheint ebenso unwahrscheinlich. Agca drängt zwar in die Medien, bleibt aber geheimnisvoll. Denn er zieht immer wieder mit skurril wirkenden Stellungnahmen die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich.

So forderte er Papst Benedikt XVI. Ende 2006 auf, eine geplante Türkeireise abzusagen und zurückzutreten. Kürzlich kündigte er in einem Brief an die Londoner "Sunday Times" an, eigene religiöse Schriften vorzulegen, das "perfekte Christentum" zu verkünden und das Ende der Welt vorherzusagen. Gleichzeitig bezeichnete er sich als "gesund, sowohl physisch als auch psychisch".

Millionen-Einnahmen für Agca?

Über 50 Angebote von Buchverlagen und Filmproduzenten hätten Agca bereits erreicht, sagt dessen Anwalt Haci Ali Özhan. Ein italienischer Verleger habe ihm bis zu zwei Millionen Euro angeboten. Özhan betont: "Agca hat seine Strafe erhalten. Es steht ihm frei, seine Memoiren zu veröffentlichen." Dem Bestsellerautoren Dan Brown, der sich mit Verschwörungsgeschichten rund um die katholische Kirche einen Namen gemacht hat, soll Agca ein Buch- und Filmprojekt mit dem Namen "Der Vatikan-Code" vorgeschlagen haben. Anwalt Özhan bemüht sich zudem um eine Papstaudienz für Agca, der auch das Grab von Johannes Paul II. besuchen wolle. Dieser hatte dem Attentäter nach den Schüssen vergeben.

Autor: Fabian Schmidt (AFP, dpa)
Redaktion: Julia Kuckelkorn