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Politik

Papst Franziskus: "Würde ist ansteckend"

16. Januar 2018

Weniger Repression im Strafvollzug: In einem Frauengefängnis der chilenischen Hauptstadt Santiago mahnt der Papst das Personal, die Gefangenen mit Respekt zu behandeln.

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Chile, Pabst Besuch
Franziskus im Frauengefängnis San Joaquín in Santiago ...Bild: Getty Images/A.Tarantino

Papst Franziskus regte an, den Häftlingen eine zweite Chance zu geben. Die Gesellschaft habe die Pflicht, alle wieder aufzunehmen, sagte das katholische Kirchenoberhaupt in der Strafanstalt San Joaquín. Er ermutigte die Frauen, die Hoffnung nicht zu verlieren und sich auf die Zeit in Freiheit vorzubereiten.

"Der Freiheit beraubt zu sein ist nicht das Gleiche wie der Würde beraubt zu sein", sagte der Pontifex. Die Vollzugsbeamten rief er dazu auf, die inhaftierten Frauen mit Respekt zu behandeln: "Würde ist ansteckender als die Grippe. Würde bringt Würde hervor."

"Hier wird die Armut eingesperrt"

Ordensschwester Nelly León berichtete, viele der Häftlinge stammten aus einfachen Verhältnissen. "Leider wird in Chile die Armut eingesperrt", sagte sie mit Blick auf den hohen Anteil von Gefangenen aus unteren Gesellschaftsschichten. Die Insassin Janeth erzählte von ihrem Leben hinter Gittern und bat um Vergebung für ihre Taten. Der Papst zitierte aus der Bibel: "Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein."

Chile, Pabst Besuch
... wo Insassinnen um Vergebung für ihre Taten bittenBild: Getty Images/V.Pinto

Franziskus warb für mehr Prävention statt Repression im Strafvollzug. "Wir alle wissen, dass die Haft sich leider oft auf auf eine Bestrafung beschränkt, ohne angemessene Mittel anzubieten, um Prozesse in Gang zu setzen", sagte er. "Die öffentliche Sicherheit sollte nicht auf Maßnahmen größerer Kontrolle beschränkt werden, sondern sie sollte mit präventiven Vorkehrungen, mit Arbeit, Bildung und mehr Gemeinschaft gestärkt werden."

"Die Hände schmutzig machen für Versöhnung"

Chile Papst Franziskus in Santiago | Messe O'Higgins Park
Jubel bei den Gläubigen: Fast eine halbe Million Menschen erwarteten den Papst zur MesseBild: Getty Images/AFP/P.P. Brune

Zuvor hatte der Papst bei seiner ersten großen Messe in Chile verlangt, die Rechte der Ureinwohner anzuerkennen. Bei dem Gottesdienst im O'Higgins-Park in Santiago rief er zur Begegnung mit dem Menschen auf, "dem es schlechtgeht, der nicht als Person, als würdiger Sohn dieses Landes behandelt wurde". Für diesen Mittwoch ist ein Treffen mit Nachfahren der indigenen Bevölkerung geplant. Die Mapuche kämpfen seit Jahren um die Rückgabe von Ländereien. 

Bei dem Gottesdienst mit rund 400.000 Besuchern forderte der Papst zudem weitere Anstrenungen, um die Folgen der Diktatur unter Augusto Pinochet (1973-1990) zu überwinden. Während dieser Zeit wurden mehr als 3000 Menschen ermordet und rund 40.000 gefoltert. Die Chilenen müssten sich "die Hände schmutzig machen", um Frieden und Versöhnung zu schaffen, sagte der Papst in seiner Predigt. Der Gottesdienst war die erste Papstmesse im Land seit 1987.

"Schmerz und Scham" 

Zum Auftakt seines Besuchs bat der Papst um Verzeihung wegen des Kindesmissbrauchs durch einen chilenischen Priester. "Wir müssen uns dafür einsetzen, dass sich dies nicht wiederholt", sagte Franziskus im Regierungspalast La Moneda, wo er von Staatschefin Michelle Bachelet empfangen wurde.

Papstbesuch in Chile

Er empfinde "Schmerz" und "Scham", wenn er an den "irreparablen Schaden" denke, der "diesen Kindern" durch Kirchenfunktionäre zugefügt worden sei. Der Papst bezog sich auf den 2010 aufgedeckten Fall des Priesterausbilders Fernando Karadima, der womöglich von Bischöfen gedeckt wurde. Ein vatikanisches Gericht hatte ihn 2011 schuldig gesprochen.

Der Papstbesuch wird vor allem wegen des Missbrauchsskandals von heftigen Protesten begleitet. Auf mehrere Kirchen wurden wenige Tage vor dem Besuch Brandsätze geworfen. Am Donnerstag tritt Franziskus die zweite Etappe seiner sechsten Lateinamerikareise in Peru an. 

jj/sth/qu (dpa, afp, epd, kna)