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Parlament lässt Karsais Minister durchfallen

2. Januar 2010

Der afghanische Präsident hat bei der Bildung seiner neuen Regierung eine schwere Niederlage erlitten. Das Parlament lehnte die Mehrheit der von Karsai nominierten Minister in einer Vertrauensabstimmung ab.

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Karsai auf abgerissenem Wahlplakat (Foto: AP)
Karsais goldene Zeiten scheinen vorbei zu seinBild: AP

Nur sieben der 24 vorgeschlagenen Kandidaten seien von den Abgeordneten bestätigt worden, teilte Parlamentspräsident Mohammed Junus Kanoni am Samstag (02.01.2010) in Kabul mit. Darunter sind jedoch die wichtigsten Minister wie die für Inneres und Verteidigung. Damit bleibt das politische Vakuum in Kabul bestehen. Karsai will dem Parlament nun neue Personalvorschläge unterbreiten.

Ismail Khan (Foto: DW)
Ismail Khan wird wohl nicht EnergieministerBild: DW

Abgelehnt wurde unter anderen der Warlord Ismail Khan, den Karsai an die Spitze des Wasser- und Energieministeriums berufen wollte. Seine Nominierung wurde von vielen Beobachtern als Belohnung für die Unterstützung gesehen, die Khan Karsai im Präsidentschaftswahlkampf gewährt hatte. Überraschend war, dass auch die einzige designierte Frau das Vertrauen der Abgeordneten nicht erhielt. Husn Banu Ghasanfar, der scheidenden Ministerin für Frauenangelegenheiten, fehlten zwei Stimmen für den Verbleib im Amt. Nach Angaben des Parlamentssprechers kann ein durchgefallener Kandidat kein zweites Mal aufgestellt werden.

Wichtige Minister bestätigt

Bestätigt wurden die amtierenden Minister für Inneres und Verteidigung, Mohammed Hanif Atmar und Abdul Rahim Wardak, die auch die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft haben. Gebilligt wurden zudem Karsais Vorschläge für die Ressorts Finanzen, Bildung, Kultur, Landwirtschaft und Industrie.

Karsai war vor mehr als vier Monaten in einer wegen Betrugs umstrittenen Wahl im Amt bestätigt worden, im November wurde er vereidigt. Er brauchte rund anderthalb Monate, um dem Parlament seine Kabinettsliste vorzulegen. Karsai stand unter erheblichem Druck der internationalen Gemeinschaft, die darauf gepocht hatte, dass die Ministerkandidaten als möglichst wenig korrupt gelten. Mit der Kabinettsliste Karsais, der unter anderem die Zahl der Warlords im Kabinett eingeschränkt hat, hatten sich westliche Diplomaten insgesamt zufrieden gezeigt. "Das ist ein Kabinett, mit dem wir arbeiten können", sagte ein ranghoher Diplomat, der nicht genannt werden wollte.

Wann wird gewählt?

Die Wahlkommission legte inzwischen die Abstimmung über ein neues Parlament auf den 22. Mai 2010 fest - ungeachtet internationaler Forderungen nach einer vorherigen Wahlrechtsreform. Das Land brauche allerdings rund 50 Millionen Euro, um die auf 120 Millionen Dollar geschätzten Kosten der Wahl begleichen zu können, sagte der Chef des Gremiums, Ali Nadschafi.

Unklar blieb, ob die Wahl auch stattfinden kann, wenn die internationalen Geldgeber die notwendigen Zuschüsse verweigern sollten. Man sei sich darüber im Klaren, dass die Vereinten Nationen gewisse Reformen am Wahlgesetz gefordert hätten, erklärte Nadschafi. Dies aber liege in der Hand des afghanischen Parlaments. Die Wahlkommission habe keine offiziellen Warnungen erhalten, dass die internationale Gemeinschaft die Wahl nicht unterstützen könnte.

Wahlplakate (Foto: DW)
Wegen der Betrügereien bei der Präsidentenwahl fordern die USA eine WahlrechtsreformBild: DW

Kommt ein neues Wahlgesetz?

Eine US-Delegation hatte diese Möglichkeit allerdings bei einem kürzlichen Besuch in Kabul angedeutet. Angesichts weitverbreiteten Wahlbetrugs bei der Präsidentenwahl vom vergangenen August halten internationale Beobachter eine Reform des afghanischen Wahlrechts für unabdingbar. Deshalb wurde eine Verschiebung der Abstimmung vorgeschlagen. Präsident Karsai bestand indessen auf dem Mai-Termin, der von der Verfassung vorgegeben sei.

Eine andere Frage ist die Sicherheit während der Wahl. Nadschafi erklärte, in den am meisten von Anschlägen bedrohten Gebieten würden keine Wahllokale eingerichtet. Die Stimmberechtigten könnten dann aber in Nachbarregionen wählen. Diese Regelung galt schon bei der Präsidentenwahl in insgesamt zehn Stimmbezirken.

Autor: Manfred Götzke (apd, rtr, afp)

Redaktion: Rainer Esser