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Parlamentarier beraten über Euro-Hebel

21. Oktober 2011

In Berlin laufen die Beratungen über das weitere Vorgehen in der Schuldenkrise auf Hochtouren. Unklar ist, wie der Euro-Rettungsschirm EFSF künftig arbeiten soll. Die Opposition wirft der Regierung Verschleierung vor.

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Merkel (CDU) und der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Volker Kauder (Foto: dapd)
Merkel hatte in der Fraktion nicht all zu viel über den Hebel mitzuteilenBild: dapd

Zwei Tage vor dem Brüsseler EU-Gipfel zur Euro-Schuldenkrise herrscht in Berlin Eile. Am Freitag (20.11.2011) kamen die Bundestagsfraktionen von Union und FDP zu Sondersitzungen zusammen. Auch die Abgeordneten der SPD-Fraktion trafen sich außerplanmäßig. Es geht um mögliche Risiken bei einer so genannten Hebelung des erweiterten Euro-Rettungsschirms EFSF.

Ursprünglich sollte bei dem EU-Gipfel am Sonntag in Brüssel abschließend über eine Hebelung und über das weitere Vorgehen in der europäischen Schuldenkrise entschieden werden, und Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte dazu für diesen Freitag eine Regierungserklärung angekündigt.

Richtlinien lassen auf sich warten

Doch daraus wurde nichts. Bis Donnerstag konnten sich Deutschland und Frankreich noch nicht endgültig einigen, wie der EFSF künftig arbeiten soll, so dass die entscheidenden Richtlinien dem Deutschen Bundestag nicht rechtzeitig vorlagen. Das Parlament muss aber nach den neuen Regeln an Beschlüssen zur Euro-Rettung beteiligt werden.

Nun wird es am Sonntag einen Vorbereitungsgipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs geben, bevor dann nächste Woche Mittwoch bei einem weiteren Treffen Entscheidungen fallen sollen. Für diesen Tag ist nun nach den Worten von Regierungssprecher Steffen Seibert nun auch die Erklärung der Kanzlerin vor dem Bundestag geplant. Die Zeit drängt, weil neben der prekären Lage Griechenlands, beim G20-Gipfel am 3. und 4. November in Cannes auf internationaler Ebene verbindliche europäische Beschlüsse beraten werden sollen.

Symbolbild: Euro Münzen liegen auf Europaflagge (Foto: dapd)
Mit einem Trick sollen die finanziellen Möglichkeiten des EFSF vergrößert werdenBild: dapd

Abgeordnete haben Probleme mit dem Hebel

Die deutschen Parlamentarier plagt vor allem die so genannte Hebelwirkung, mit dem der Rettungsschirm effektiver gemacht werden soll, ohne dass sein Garantierahmen vergrößert wird. Derzeit verfügt der EFSF über Bürgschaften in Höhe von 780 Millionen Euro. Die deutschen Steuerzahler übernehmen davon 211 Milliarden.

Gesucht ist nun ein Instrument, mit dem aus den Milliarden eventuell Billionen werden, sodass nicht nur das vom Bankrott bedrohte kleine Griechenland, sondern auch große Länder wie Italien oder sogar Frankreich im Notfall abgesichert werden können.

Sorge vor neuen Risiken

So lange nicht endgültig klar ist, wie dies finanztechnisch erreicht werden soll, wollen die Abgeordneten nicht abstimmen. Sie befürchten, dass die damit verbundenen Risiken für den deutschen Staatshaushalt zu groß werden könnten.

Aus Brüssel gibt es noch keine eindeutige Vorlage, denn die Hauptakteure Deutschland und Frankreich sind sich in dieser Frage uneins. Die Finanzminister der Euro-Länder wollen sich an diesem Freitag in Brüssel mit dm Thema beschäftigen.

Merkel will gründlich arbeiten

Berichte, der Gipfel sei durch Differenzen zwischen Deutschland und Frankreich ausgebremst worden, wies die Kanzlerin zurück. Dass bislang nicht alle Einzelheiten zum erweiterten Euro-Rettungsschirm EFSF vorlägen, liege daran, dass die Dinge "technisch schwer auszugestalten" seien, sagte Merkel nach Teilnehmerangaben bei der Sitzung der Unionsfraktion in Berlin. Merkel mahnte, in der Bekämpfung der Euro-Krise gelte "Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit".

Der französische Staatspräsident, Nicolas Sarkozy, verlangt eine Hebelung des EFSF über die Europäische Zentralbank (EZB). Er will, dass der EFSF eine Bankenlizenz erhält, damit er sich bei der EZB Geld leihen kann, um Staatsanleihen von in Not geratenen Euro-Ländern zu kaufen. Die EZB, die Bundesbank und die Bundesregierung lehnen diesen Mechanismus strikt ab, da er laut EU-Verträgen verboten ist.

Zeitgewinn

Porträt Steinmeier (Foto: dpa)
SPD-Fraktionschef Steinmeier hält die Vorgänge für ungeheuerlichBild: picture alliance/dpa

Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) hob hervor, es sei wichtig, dass sich das deutsche Parlament mit den Inhalten beschäftigt, "bevor auf europäischer Ebene Entscheidungen fallen". FDP-Chef und Wirtschaftsminister Philipp Rösler hob hervor, mit dem Vorbereitungsgipfel am Sonntag bleibe genügend Zeit für die parlamentarische Beratung.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier nannte nach der Sondersitzung seiner Fraktion das Durcheinander und das Euro-Krisenmanagement in der Koalition einen "unglaublichen Vorgang".

Der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider kritisierte die Regierung scharf. Die Koalition habe sich bereits bei der Abstimmung über den EFSF nicht getraut, "der Öffentlichkeit die Wahrheit zu sagen". Die Haftungssumme von 211 Milliarden sei zu gering angesetzt worden. Noch im Lauf des Tages will der Haushaltsausschuss des Bundestags zusammenkommen, um über die bislang vorliegenden EFSF-Leitlinien zu beraten.

Autorin: Eleonore Uhlich (dpa,dapd, rtr)
Redaktion: Marko Langer