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Parolen, Promis, Präsidentschaftswahlen

Ina Rottscheidt19. Juli 2004

In den USA läuft das Werben um die Wählergunst bereits auf Hochtouren. Doch politische Inhalte spielen eine geringere Rolle als Glanz, Glamour und das Geld der Reichen und Berühmten.

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Auch John Bon Jovi rockt für KerryBild: AP

Der US-Wahlkampf führt mitunter zu ungewöhnlichen Paarungen: So kletterte der Präsidentschaftskandidat Kerry, dem ein eher farbloses Image anhängt, kürzlich im emsigen Bemühen um Jungwähler mit Techno-Star Moby auf die Bühne. Dieser wiederum verstieg sich in seiner Begeisterung zu der Offenbarung, er sei sogar bereit, "Toiletten für Kerry zu putzen."

Musikikone Carol King blieb da etwas sachlicher, als sie verkündete, Kerry bringe die nötige "Integrität und Würde" für das Präsidentenamt mit. In die Riege der singenden Wahlkampfhelfer reihen sich auch Bette Midler und die Beastie Boys. Letztere wetterten mit ihrem neuen Song "Time to Build" gegen eine weitere Amtszeit Bushs: "Denke eine Sekunde nach, bevor Du im November Dein Kreuzchen machst."

John Kerry mit Thumbnail
Kerry: Bei Moby auf der Suche nach den jungen WählernBild: AP

Finanzspritze aus Hollywood

Auch Hollywood ist für Demokraten immer eine gute Adresse: Dort sitzen mehrheitlich liberale Schauspieler und Filmproduzenten, die einen Wechsel im Weißen Haus ersehnen und sich den auch einiges kosten lassen: Nach Angaben der Washington Times lockten Schauspieler wie Meg Ryan, Kevin Costner oder Barbara Streisand über drei Millionen Dollar für Kerry strapazierte Wahlkampfkasse. Und längst sind Shows und TV-Serien gespickt mit bösen Präsidenten-Witzen und Anti-Bush-Botschaften.

Im Bush-Lager selbst fällt der Promi-Faktor nicht ganz so schillernd aus: Altstar Bo Derek hat sich noch mal aufgerappelt und auch Tom Selleck sowie Fernsehhaudegen Chuck Norris trommeln für Bush. In seiner Erfolgsserie "Walker, Texas-Ranger" hatte er sogar Bushs ehemaliges Baseball-Team eingebaut. Über mangelnde finanzielle Zuwendung kann Bush nicht klagen: Konzerne der Musik-, Fernseh- und Fernsehindustrie bescherten ihm über 900.000 Dollar.

Promis als schmückendes Beiwerk

"Dahinter steckt natürlich die Hoffnung auf Einfluss im Falle eines Wahlsieges", erklärt Parteienforscher Prof. Karl-Rudolf Korte. Doch die prominenten Finanzspritzen seien im US-Wahlkampf eher zweitrangig, zumal das neue Parteispendengesetz nur einmalige Zuwendungen von bis zu 2000 Dollar für jeden Kandidaten erlaubt. "Das Geld kann man auch von anderen bekommen, viel wichtiger ist die mediale Aufmerksamkeit, die die Kandidaten erhalten, indem sie sich mit Prominenten und strahlenden Siegertypen schmücken", so Korte.

Bush jubelt!
Bush hofft auf einen zweiten SiegBild: AP

Polarisierende Typen sind gefährlich

Nach Ansicht von Larry Sabato, der seit langem an der Universität Virginia die Beziehungen von Showgeschäft und Politik untersucht, ist jedoch dem Großteil der Nation gleichgültig, ob sich Stars und Sternchen zu Wahlkampfthemen räuspern: "Nur ein Vollidiot wählt einen Politiker, weil Ben Affleck für ihn stimmt." Und diese "Vollidioten" gingen doch am Wahltag lieber ins Kino als zur Wahlurne. Und längst nicht jeder Promi ist wahlkampftauglich, wie Korte anmerkt: "Ich würde mir eine Mainstream-Pop-Ikone nehmen, die massenkompatibel ist. Polarisierende, schräge Typen sind gefährlich, weil unberechenbar."

Der amerikanische Schriftsteller Michael Moore präsentiert sein Buch Volle Deckung Mr. Bush
Unruhestifter Moore - ungeeignet für den WahlkampfBild: AP

Diese Erfahrung musste auch Kandidat Wesley Clark machen, den der lärmende Regisseur Michael Moore in Nöte brachte, als er Bush lärmend einen "Deserteur" schimpfte. Auch die Unterstützung von Pop-Diva Madonna brachte nichts, obwohl sie ihn als einen great guy und natural born leader bewarb. Sein Führungsnaturell fand ein frühes Ende, Clark schied bereits bei den Vorwahlen der Demokraten aus. Das gleiche Schicksal ereilte auch Howard Dean, obwohl sich Robin Williams, Whoopi Goldberg, Michael Douglas und Catherine Zeta-Jones für ihn stark machten. Korte: "Die Kandidaten müssen schon in der Lage sein, sich und ihre Botschaft zu verkaufen, das können ihnen die Stars nicht abnehmen."

Promifreier Wahlkampf

John Kerry und John Edwards
Ins Boot geholt: Politiker mit PromibonusBild: dpa

Nur der Kandidat John Edwards war im Vorwahlkampf gänzlich ohne prominente Unterstützung ausgekommen: Der telegene Senator aus North Carolina sorgte bei den Veranstaltungen der Demokraten selbst für Unterhaltungswert. Und gerade das hat ihm jetzt den Weg in Kerrys Team geöffnet - als Politiker mit eigenem Promifaktor.