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"Pate des Kreml"

Christian Trippe6. März 2002

Von einem der auszog, Wladimir Putin das Fürchten zu lehren - und wie er dabei scheiterte berichtet DW-Korrespondent Christian F. Trippe aus Moskau.

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Boris Beresowskij ist eine schillernde Figur. "Pate des Kreml"
nannten ihn die Russen in den 90er Jahren; er war der Schattenmann hinter Boris Jelzin, der Finanzier der Präsidentenfamilie. Nach dem Zerfall der Sowjetunion hatte Beresowskij vor allem im Autohandel und mit Medien-Beteiligungen ein Vermögen verdient.

Beresowskij - der Name steht in Russland als Synonym für Raubkapitalismus. Heute lebt der mehrfache Milliardär im selbstgewählten Exil in London. Mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, dessen Aufstieg zur Macht er maßgeblich gefördert hatte, hat Beresowskij sich nämlich überworfen. Putin, so Beresowskijs Vorwurf, sei ein Feind der Freiheit, ein Totengräber der Bürgerrechte, ein Staatsterrorist.

Im dramatischen Herbst 1999 erschütterten drei nächtliche Explosionen Moskau und Wolgodonsk, nie ermittelte Täter sprengten drei Wohnhäuser in die Luft, über 300 Menschen starben. Für die Behörden wie für die Öffentlichkeit stand sofort fest: das waren tschetschenische Terroristen!

Wenige Tage später marschierten russische Streitkräfte in die Kaukasusrepublik ein, der zweite Tschetschenienkrieg begann - und mit ihm die Karriere des Wladimir Putin, dessen Popularität sich auf den (zunächst erfolgreichen) Feldzug gründete.

Doch schon damals kam das Gerücht auf, der Geheimdienst selber stecke hinter den Anschlägen, die Schlapphüte hätten ein monströses Komplott geschmiedet, um mit Ex-KGB-Agent Putin einen der ihren auf den Präsidentenstuhl zu
bringen.

Nun der Trommelwirbel aus London: Beresowskij will für diese (Verschwörungs-)Theorie Beweise vorlegen. Wochenlang waren Medien in aller Welt auf Beresowskijs Pressekonferenz am 5. März eingestimmt worden. Und dann: nichts, fast nichts. Ein paar maue Indizien, mehr nicht. Und warum? Weil
es diese Beweise nicht gibt. Die wahren Hintergründe der Anschläge - sie verschwinden wohl auf immer im Dunkel der russischen Geschichte.