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Patriotenparty im Unwetter

Daniel Scheschkewitz5. Juli 2004

Am 4. Juli feiert Amerika traditionell seine Unabhängigkeit und damit auch sich selbst. In diesem Jahr fiel die Party in der Hauptstadt Washington buchstäblich ins Wasser.

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Der 4 Juli ist für Amerikaner die wichtigste Party des Jahres. Schon Tage vorher wird das Sternenbanner - die amerikanische Flagge - an praktisch jeder Hausfront gehisst und die Nationalhymne dudelt in allen möglichen Versionen im Radio: als Hardrock-Verschnitt, a capella, als Gospel oder im getragen-symphonischen Gewand. Egal, welcher Musikgeschmack, welche Hautfarbe oder politische Parteizugehörigkeit: Am Unabhängigkeitstag kennt das Land normalerweise nur noch Amerikaner. Doch in diesem Jahr war manches anders. Vor allem das Wetter. In der Hauptstadt Washington und in zahlreichen Städten und Gemeinden entlang der Ostküste fiel die Patioten-Party sintflutartigen Regenfällen zum Opfer.

Regencapes statt wehender Fahnen

Das heftigste Unwetter an diesem Kalendertag seit 23 Jahren sorgte dafür, dass die zentrale Parade auf der Washingtoner Mall abgebrochen werden musste - zum ersten Mal seit 1979. Aus stolzen Musikanten, die sonst patriotische Lieder schmettern, wurden begossene Pudel, die in ihren klatschnassen Uniformen enttäuscht am Straßenrand standen. Durchweichte Mütter in Sternenbanner-T-Shirts schoben notdürftig überdachte Kinderwagen durch die überfluteten Straßen. Einzig und allein die Regencape-Verkäufer hatten an diesem 4. Juli wirklich Grund zum Lachen.

Reisepech für Bush

Auch für Präsident Bush war der 4 Juli dieses Mal kein guter Tag. Am Morgen hätte ihn die „Air Force One", die Präsidentenmaschnine, in der Nähe seines Landsitzes Camp David abholen sollen. Doch ein Triebwerksschaden machte den Weiterflug nach West Virginia unmöglich, wo Bush die Teilnahme an einem Gottesdienst geplant hatte. Bush musste über eine Stunde auf ein Ersatzflugzeug warten, der Gottesdienst fand ohne ihn statt. Vor vier Jahren hatte Bush West Virginia mit sechs Prozent Vorsprung vor Al Gore gewonnen. Dieses Mal liegt John Kerry in den Umfragen vorne, obwohl West Virginia in den USA als der klassische Bundesstaat des weißen reaktionären Hinterwäldlertums gilt.

Griechisch statt amerikanisch

Der 4. Juli ist traditionell der Tag, an dem Amerika die Reihen schließt. Doch in diesem Jahr schien die Spaltung des Landes - in Bushanhänger und Bushhasser, in Irakkriegsbefürworter und -gegner - sogar wie ein unsichtbarer Schatten über den patriotischen Feierlichkeiten zu liegen. Sichtbarer Ausdruck dieses Grabens ist die Karikatur auf der Titelseite des aktuellen „New Yorker"-Magazins. Dort schreien sich die beiden Lager mit Amerikafahnen bewaffnet unter den explodierenden Feuerwerkskörpern des 4.Juli gegenseitig an. Gut hatten es dagegen die Amerikaner griechischer Abstammung an diesem Nationalfeiertag. Nachdem sensationellen Sieg der Griechen bei der Fußballeuropameisterschaft in Portugal funktionierten die Greco-Amerikaner die 4. Juli-Feierlichkeiten auf dem New Yorker Times Square kurzerhand in eine weiß-blaue Siegesfeier um.