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Patriotische Tattoos

Max F. Ruppert20. Januar 2003

Im Kampf gegen den Terror werden die Amerikaner immer pfiffiger: Wie wäre es, jedem einzelnen seinen ganz persönlichen Strichcode zu verpassen? Was davon zu halten ist, erklärt Max F. Ruppert.

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Das nach den Anschlägen vom 11. September 2001 neu gegründete "Ministerium für Heimatschutz" will jetzt jedem Amerikaner ein "patriotisches Tattoo" verpassen. Dabei handelt es sich nicht um ein Portrait von George W. Bush, sondern um einen schwarzen Strichcode.

Der soll wahlweise auf die Handinnenfläche oder auf den Oberarm aufgebracht werden und ein Leben lang halten. Für Kleinkinder wird wegen der Hautdehnung während der Wachstumsphasen die Brust als idealer Platz für das Tattoo vorgeschlagen. Der Haut-Code soll dabei helfen, US-Bürger überall mit US-Satelliten zu identifizieren, ihre Position zu bestimmen, sie zu quantifizieren und zu qualifizieren. Das ganze Projekt hat den etwas umständlichen Namen "Subkutanes patriotisch-intelligentes Tattoo-System", kurz: SPITS.

Kampf gegen den Terrorismus mit der heißen Nadel an der Heimatfront! Der Chef des Heimatschutzministeriums, Gouverneur Tom Ridge, fordert jeden dazu auf, der vaterländischen Pflicht nachzukommen, bei SPITS mitzumachen und zum nächsten Tattoo-Shop zu laufen. Dort bekommen die Amerikaner individuelle Strichkombination ohne Betäubungsspritze eingeritzt. Kostenlos. Die Ausgaben für SPITS sind im Haushalt für die Heimatschutzbehörde schon eingeplant. Alle Staatsbürger, die sich nicht bis zum 4. Juli tätowieren lassen, müssen mit Strafen bis zu 75.000 Dollar oder mit Gefängnis rechnen, heißt es auf der Webseite www.whitehouse.org.

In der Rubrik "Häufig gestellte Fragen" der Website steht: "Kann Präsident Bush die Bürger wirklich zu diesem Tattoo zwingen?". Die Antwort: "Ja. Kann er. Bush hat dem Gouverneur Tom Rigde weitreichende Befehlsgewalt gegeben, die es seinem Ministerium erlaubt, wie ein totalitärer Staat zu agieren." Und auf die besorgte Frage, was passiert, wenn die Religion solche Tätowierungen nicht zulässt, lautet die einfache Antwort: "Es wird Ihnen dringend geraten, zu einer anderen, patriotischeren Religion zu konvertieren!".

Beeindruckend, mit welcher Entschlossenheit das Projekt durchgezogen wird. Ein Link führt zu einem Online-Shop. Hier kann ich mir ein Base-Cap oder ein T-Shirt mit meinem persönlichen Barcode und der Aufschrift "zertifizierter Patriot" bestellen. Als Gast in den Vereinigten Staaten von Amerika kann mich zum Glück niemand unter die Tätowiernadel zwingen, denke ich und ein paar Minuten lang glaube ich, dass es die patriotischen Tattoos wirklich gibt. Aber ich hatte mich nur ins falsche "Weiße Haus" verirrt. Echte Satire und Realsatire liegen eng beieinander – gerade im Internet.