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Parlamentswahl bringt Patt-Position

8. November 2015

Die Parlamentswahl hat Kroatien eine politische Patt-Situation beschert. Stärkste politische Kraft wurde die konservative Oppositionspartei HDZ mit 59 Mandaten vor den regierenden Sozialdemokraten (SDP) mit 56 Mandaten.

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HDZ-Chef Tomislav Karamarko bei der Parlamentswahl in Kroatien (Foto: Reuters)
HDZ-Chef Tomislav Karamarko bei der Parlamentswahl in KroatienBild: picture-alliance/landov

Wie die Wahlkommission nach Auszählung fast aller Stimmen in Zagreb mitteilte, errang die neue Partei MOST (Brücke) auf Anhieb 19 Sitze und sorgte damit für eine Überraschung. Damit dürfte sie für die neue Regierung zum "Königsmacher" werden. Denn keine der beiden großen Parteien hat im neuen Parlament (Sabor) mit 151 Abgeordneten - einschließlich der von vornherein feststehenden Minderheitenvertreter - eine absolute Mehrheit. Die absolute Mehrheit von 76 Abgeordneten ist nur mit dem Drittplatzierten MOST zu erreichen.

Die bislang regierenden Sozialdemokraten müssten sich zudem für eine Regierungsübernahme nicht nur die Unterstützung von MOST, sondern auch von anderen Abgeordneten, beispielsweise von Minderheiten, sichern. Führende Vertreter der neuen politischen Kraft lehnten jedoch noch in der Wahlnacht eine Koalition mit einer der beiden "Großparteien" ab, die sie als reformunfähig bezeichneten. Möglich sei allenfalls eine von MOST tolerierte Minderheitsregierung, die sich ernsthaft zur Durchsetzung vieler der immer wieder verschobenen Reformen bereiterkläre.

Königsmacher MOST?

HDZ-Führer Tomislaw Karamarko erklärte seine Partei zum Wahlsieger. Man sei bereit, die Verantwortung zur Führung des Landes zu übernehmen. Premier Milanovic kommentierte in der Nacht: "Kroatien hat sich für einen Wechsel entschieden". Und: "Wir können das nicht alleine machen". Dieser Appell richtete sich klar an die neuformierte Partei MOST. Diese sieht sich jedoch als Kontrahentin von SDP und HDZ. Ihr Vorsitzender Bozo Petrov erklärte, beide seien "reformunfähig".

Die könnte bei der künftigen Machtverteilung in Zagreb eine entscheidende Rolle spielen. Aktuell rangierte MOST mit bis zu 19 Mandaten auf dem dritten Platz. Der Newcomer hatte aber vor der Wahl angekündigt, mit keiner der beiden Altparteien eine Koalition eingehen zu wollen.

Das Adria-Land steht nach dieser Wahl also vor einem neuen Dilemma. SDP-Chef und Innenminister Ranko Ostojic hatte denn auch schon einmal die Fühler zu MOST ausgestreckt und angeboten, man könne doch auf der Basis von Abmachungen - ohne eine formelle Koalition - kooperieren. Es dürfte also eine schwierige und langwierige Regierungsbildung geben.

Flüchtlingskrise...

Es waren die ersten Parlamentswahlen in Kroatien seit dem Beitritt des Landes zur EU 2013. Die Wahl gilt als entscheidend für die Flüchtlingspolitik in einem der wichtigsten Transitländer auf der Balkan-Route. Seit Mitte September sind mehr als 330.000 Menschen aus Syrien, dem Irak und anderen Ländern durch Kroatien geströmt. Rund 5000 Flüchtlinge kommen derzeit täglich über die Grenze zu Serbien. In Kroatien wollen nur wenige von ihnen bleiben. Im Wahlkampf hatte insbesondere die HDZ mit nationalistischen Tönen für einen schärferen Umgang mit den Flüchtlingen geworben, radikalere Grenzkontrollen und den Einsatz der Armee gefordert.

... und hohe Arbeitslosigkeit

Kroatien, das mit seinen 4,4 Millionen Einwohnern zu den ärmsten EU-Mitgliedern gehört, kämpft mit einer Arbeitslosigkeit von etwa 16 Prozent. Allerdings stehen die Zeichen auf Wachstum. Die EU-Kommission erwartet in diesem Jahr mit 1,1 Prozent den ersten Zuwachs seit 2008. Im kommenden Jahr dürfte es sich auf 1,4 Prozent beschleunigen. Premier Milanovic warb denn auch für seine Regierung mit dem Slogan "Kroatien wächst".

sc/wl/kle (dpae, rtre, APE, afpe)