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Pegida-Anhänger allgemein frustiert

14. Januar 2015

Woche für Woche protestiert die Pegida-Bewegung gegen eine angeblich drohende Islamisierung des Abendlandes. Dabei interessiert die meisten Demonstranten in Dresden das Thema eigentlich nicht.

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Pegida-Demonstranten am 12.Januar in Dresden (Foto:dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/A. Burgi

Die Pegida-Demonstranten in Dresden gehen mehrheitlich gar nicht gegen den Islam, sondern aus Unzufriedenheit mit der Politik auf die Straße. Das geht aus der ersten empirischen Untersuchung der Anhänger der "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Pegida) hervor. Ein Team der Technischen Universität Dresden unter Leitung des Politikwissenschaftlers Hans Vorländer hatte dazu bei drei Demonstrationen im Dezember und Januar rund 400 Teilnehmer befragt.

Nicht einmal ein Viertel der Befragten habe als Grund für seine Demonstrationsteilnahme den Islam, den Islamismus oder die Islamisierung angegeben, sagte Vorländer bei der Präsentation der Studie. Hauptmotiv für die Teilnahme an Pegida-Demonstrationen sei eine generelle "Unzufriedenheit mit der Politik". An zweiter Stelle wurde die Kritik an Medien und Öffentlichkeit genannt. Danach folgten grundlegende Ressentiments gegenüber Zuwanderern und Asylbewerbern. Dabei seien Vorbehalte gegen Muslime beziehungsweise den Islam besonders ausgeprägt.

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Der Dresdner Politikwissenschaftler VorländerBild: picture-alliance/dpa/SFB 804/TU Dresden

Was ist Pegida? - Ein Faktencheck

Starke Ressentiments

"Auch wenn sich Pegida dem Namen nach gegen die Islamisierung des Abendlandes wendet, sind die Kundgebungen für die Mehrheit der Teilnehmer in erster Linie eine Möglichkeit, tief empfundene, bisher nicht öffentlich artikulierte Ressentiments gegenüber politischer und meinungsbildender Elite zum Ausdruck zu bringen", heißt es in der Untersuchung.

Die Gegenüberstellung von "Die da oben" und "Wir hier unten" in Verbindung mit fremdenfeindlichen Einstellungen werde "traditionell zum rhetorischen Arsenal rechtspopulistischer Strömungen gerechnet", so die Wissenschaftler weiter.

An den Protesten der Anti-Islam-Bewegung nehmen seit Wochen in Dresden mehrere tausend Menschen teil. Am Montagabend waren in der sächsischen Landeshauptstadt 25.000 Menschen dem Aufruf von Pegida gefolgt - so viele wie noch nie zuvor. Zugleich gingen in vielen deutschen Städten zehntausende Pegida-Gegner auf die Straße.

Der Studie der TU-Dresden zufolge ist Pegida ein sächsisches Phänomen: 36 Prozent der befragten Demonstranten gaben an, aus Dresden und Umgebung zu kommen. Weitere 38 Prozent kommen aus anderen Teilen Sachsens. Der Anteil von Teilnehmern aus anderen ostdeuten Bundesländern liegt bei nur neun Prozent. Aus dem Westen reisen sechs Prozent an.

Angehörige der Mittelschicht

Der typische Pegida-Demonstrant ist nach den Ermittlungen der Wissenschaftler 48 Jahre alt, männlich und gut ausgebildet. Er verfügt über ein für sächsische Verhältnisse leicht überdurchschnittliches Einkommen. Nur zwei Prozent sind ohne Beschäftigung oder arbeitssuchend. Der Anteil der Rentner liegt bei 18 Prozent. Fast die Hälfte sind Arbeiter oder Angestellte.Beamte sind kaum darunter (drei Prozent).

Nach Ansicht Vorländers sind die Demonstrationen Symptome einer schon länger beobachteten Krise der repräsentativen Demokratie. "Die Bürger haben ein sehr unmittelbares Partizipationsbegehren. Sie sind manchmal auch der Auffassung, dass das, was sie für richtig halten, auch eins zu eins umgesetzt werden muss." Dabei werde häufig verkannt, dass solche Prozesse "erstens einen langen Atem brauchen und zweitens zu Kompromissen führen müssen", sagte der Politikwissenschaftler.

Wunsch nach "Starkem Mann"

"Der Ruf 'Wir sind das Volk', nach direkter Demokratie, lässt den Schluss zu, dass die Befragten eine solche etwas komplexe Vermittlung der Willensbildung und Entscheidungsbildung nicht wirklich wertschätzen", erläuterte Vorländer. Vielmehr zeige er, dass jemand gewünscht sei, "der das Volk hört und es an die Hand nimmt". Die auf den Demonstrationen auf Transparenten geäußerte Forderung "Putin hilf" sei ein Beleg dafür.

wl/uh (dpa, afp)