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Perfekte Show für Angie

Judith Hartl29. August 2005

Nach dem derzeitigen Stand der Umfragen scheint sicher: Angela Merkel wird die erste Frau auf dem Kanzlerstuhl. In diesem Hochgefühl versammelten sich die Delegierten der CDU am Sonntag (28.8.) zum Parteitag in Dortmund.

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Es war eine perfekt inszenierte Show - durchkomponiert und durchgestylt bis ins kleinste Detail. Der klassische Parteitag jedenfalls war es nicht. Heiße Rhythmen zu Anfang, punkig-rockige Tänzer, die ohne weiteres am Broadway hätten auftreten können. Und dann die Tausenden, die auf den Rängen der Dortmunder Westfalen-Halle herumtobten und in ihrer Angie-Euphorie fast die Halle abrissen. Alle in orange gekleidet, der neuen Farbe der CDU und ausgerüstet mit unzähligen orangenen Plakaten, darauf in großen weißen Buchstaben - ANGIE. Damit wurde stundenlang gewunken und "Angie, Angie" gebrüllt.

Kein Platz für Inhalte

Für kritische Worte, Debatten und inhaltliche Diskussionen war kein Platz. Der war auch gar nicht vorgesehen. Auf der Tagesordnung ein einziger Punkt: Jubeln für die Kanzlerkandidatin, Lobeshymnen auf die Partei, witzeln und schimpfen über den politischen Gegner und Geschlossenheit zeigen, die durch nichts und durch niemanden mehr zu schwächen ist.

Jeder einzelne Ministerpräsident, von Roland Koch aus Hessen bis Peter Müller aus dem Saarland, gab lustige Anekdötchen zum Besten und versicherte strahlend, Angela Merkel zu unterstützen - auch wenn bei dem einen oder anderen zumindest im Geiste und ganz versteckt ein gewetztes Messerchen aufblitzte. Und sogar der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber blieb zahm, uneingeschränkte Loyalität und Solidarität auch von seiner Seite. Doch irgendwie mag man es dem Landesfürsten nicht mehr so recht glauben. Zu tief sitzt noch immer der Frust über das eigene Scheitern 2002.

Dennoch, Angela Merkel zeigte sich versöhnlich, bedankte sich artig bei Stoiber und seinem Landesgruppenchef Michael Glos, der in der Vergangenheit ebenfalls des öfteren recht scharf gegen die Parteichefin geschossen hatte. Aber vergeben und vergessen. Denn die Wahlen sind noch nicht gewonnen.

Orangene Geschlossenheit

Die ganz heiße Phase des Endspurts beginnt erst jetzt und schon der kleinste Streit könnte fatale Folgen haben. Der Vorsprung von schwarz-gelb ist nicht all zu groß. Und eine große Koalition ist das letzte, was die Union will. Also feierte man sich, überhäufte sich gegenseitig mit Komplimenten und putschte sich mit orange-farbenem Allerlei regelrecht in die Aufbruchsstimmung hinein. Auch Angela Merkel selbst trug einen orange-ähnlichen Blazer, bei den Herren dominierten orangene Krawatten und sogar in der von Edmund Stoiber konnte man ein angedeutetes Orange erkennen.

Wer auch immer diese Jubel-Veranstaltung organisiert hat, er hat es gründlich getan und sich vor allem in den USA eine Menge abgeguckt. Und soviel von den amerikanischen Wahlkampfveranstaltungen in die Dortmunder Westfalen-Halle gepackt, wie gerade noch erträglich. Aber wenigstens haben die in den USA obligatorischen Luftballons gefehlt, die am Ende von der Decke fallen und es gab kein Konfetti. Aber auch das kann sich ja noch ändern.