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Petra Oelker: Der Tote im Eiskeller

Wim Abbink25. Oktober 2005

Hamburg anno 1771. Nach dem Sommer der großen Flut verunsichert eine Serie von merkwürdigen nächtlichen Anschlägen auf ehrbare Bürger die Hansestadt.

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Wer den historischen Krimi "Der Tote im Eiskeller" von Petra Oelker liest, bekommt schon nach wenigen Seiten Lust, auf den alten Pfaden durch Hamburg zu streifen. Mit dem Buch in der Hand die Straßen und Kaffeehäuser zu finden, das Haus der Herrmanns, Krögers Hof an der Neustädter Fuhlenwiete, die Kneipe zum "Bremer Schlüssel". Oder die Gärtnerei der Brüder Viktor und Elias Malthus beim Gänsemarkt, wo es 1771 mitten in der Stadt grünte und blühte.

Buchcover: Oelker - Der Tote im Eiskeller

Elias Malthus, Kaufmann und Gärtner, übernimmt vom Vater den Betrieb, nachdem sein Bruder Viktor als junger Mann ausgerissen und zum Militär gegangen ist. Er wird deswegen enterbt. Kurz vor dem Tod des Vaters kehrt der verlorene Sohn jedoch als Oberleutnant in die Garnison der Stadt zurück. Er verlobt sich mit Fenna Lehnert, die Gast ist im feinen Haus des Kaufmanns Herrmanns.

Flut und Wut

Im Herbst 1771 ist das Umland von Hamburg durch die große Flut verwüstet. Die Ernte ist vernichtet, die Katen der Bauern sind weggeschwemmt. Die Bauern sind wütend, der Vogt hatte ohne Rücksicht auf ihr Land die Deiche durchstechen lassen, um die Stadt vor dem Hochwasser zu schützten. Soldaten unter dem Kommando von Viktor Malthus haben die Bauern bei der Aktion in Schach gehalten.

In der Stadt tut sich danach Beunruhigendes: Immer wieder werden spät nachts ehrbare Bürger überfallen. Manchmal werden sie ausgeraubt, immer aber zusammengeschlagen und bis auf das Hemd entblößt an ungewöhnlichen Orten zurückgelassen - in einem Fleet, vor dem Altar der St. Petri-Kirche, in einem offenen Armengrab.

Der erste Tote, der möglicherweise ebenfalls auf das Konto der Räuberbande geht, ist Viktor Malthus. Der Oberleutnant wird in einem Eiskeller unter den Wällen von der Zofe seiner Verlobten gefunden. Jemand hat ihn vorsätzlich eingesperrt und erfrieren lassen. War er vielleicht Munitionsräubern auf der Spur, oder war er selber einer? Warum reagiert seine Verlobte nicht mit Schmerz, sondern mit Zorn? Warum war sie seit einigen Tagen auffallend bleich und in sich gekehrt? Was ist dran an den Gerüchten über ihn, die ihrer Zofe in letzter Zeit zu Ohren gekommen sind?

Petra Oelker
Petra OelkerBild: dpa

Spannende Unterhaltung

Weddemeister Wagner steht vor schwierigen Ermittlungen. Er ist sicher, dass sich auch diesmal die Kaufmannsfamilie Claes, Anne Herrmanns sowie deren Freundin Rosina von den Becker'schen Komödianten einmischen werden. Sie werden ihm die nötigen Türen öffnen zu den vornehmen Häusern und zu den Spelunken der Stadt. Sie werden überall Fragen stellen und Augen und Ohren offen halten. Auch Maline Bernau, eine Künstlerin mit der Laterna magica, spielt diesmal eine Rolle.

Historische Kriminalromane von Petra Oelker sind ein Gütesiegel an sich. Nicht nur der Plot stimmt, hinter den Geschichten stehen auch immer akribische Recherchen. Orte, Lärm und Gerüche, die Kleidung und das Benehmen der Menschen werden bis zum letzten Schultertuch aufs Genaueste beschrieben und ergeben damit einen wunderbaren Zeitspiegel. Zudem erleichtert ein ausführliches Glossar das Verständnis. Oelker bietet damit spannende Unterhaltung, es wird dem Leser auch nicht langweilig, wenn die erste Leiche erst auf Seite 65 vorkommt.


Petra Oelker
Der Tote im Eiskeller
Haymon, 2005
ISBN 3-499-23869-1
EUR 8,90