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Pfeifen unter Wasser verboten

Ina Rottscheidt10. Juni 2004

Ledige Frauen dürfen in Florida sonntags nicht Fallschirm springen. Anderswo droht eine Strafe, wenn bei Regen der Rasen gesprengt wird. "Dumb laws" sind vielerorts häufig ein Lacherfolg - manchmal auch ein Ärgernis.

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USA: Die Herren der RegelnBild: AP

25 Dollar Strafe - das kann in New York das Flirten in der Öffentlichkeit kosten. Londons Taxifahrer müssen im Kofferraum stets einen Ballen Stroh mitführen, während der US-Staat Idaho untersagt, Forellen zu fischen und dabei auf einer Giraffe zu reiten. Französische Schweine hingegen dürfen niemals "Napoleon" heißen. Kuriose Spitzfindigkeiten dieser Art lauern in den Gesetzestexten der meisten Länder.

Alt und vergessen

"Oftmals handelt es sich bei diesen 'dumb laws' um Gesetze, die schon hunderte von Jahren alt sind, und einfach nie gestrichen oder schlichtweg vergessen wurden", erklärt Arne Schinkel, Jurist und Chefredakteur der Online-Rechtsberatung "123recht". So stammt auch die Heuballen-Vorschrift aus Zeiten, als Londoner Taxis noch Pferdedroschken waren und das Futter für die Tiere mitgeführt werden musste.

Der Spitzenreiter in Punkto absurder Verordnungen seien jedoch, so Schinkel, ohne Zweifel die USA: In Nebraska handeln Kinder, die in der Kirche rülpsen, ihren Eltern eine Gefängnisstrafe ein, während es in Texas illegal ist, im Stehen mehr als drei Schluck Bier zu trinken. Bettler in Memphis müssen für ihre Tätigkeit zunächst eine Lizenz für zehn Dollar erwerben, Fröschen untersagt die Stadt, nach zehn Uhr abends zu quaken.

Unmündige Bürger?

Eine Vielzahl dieser "dumb laws" sei in den Vereinigten Staaten durch den Charakter des amerikanischen Rechtswesens begründet, wie Arne Schinkel erklärt: "Der Staat will alles für seine Bürger regeln, im Grunde traut er dem Individuum wenig Selbstverantwortung zu." Doch wo viel geregelt ist, wird auch viel geklagt: Nirgendwo gibt es so viele Schadensersatzklagen wie in den USA. Dies führt wiederum zu neuen Verordnungen, um sich gegen alles Mögliche und Unmögliche abzusichern.

So verklagte eine Frau die kleine Gemeinde Mobile in Alabama, weil sie auf ihren Highheels in der Straße umgeknickt war und sich verletzt hatte. Seitdem ist dort das Tragen von Schuhen mit hohen Absätzen verboten. Eine ähnliche Vorgeschichte vermutet Schinkel auch hinter dem Gesetz, das in Florida das "Gassi-Gehen" mit Krokodilen untersagt .

Andere "dumb laws" hätten ihren Ursprung im puritanischen Neuengland des 17. Jahrhunderts, vermutet der Jurist. Doch für sie wie für die meisten anderen komischen Verordnungen gelte: sie existieren nur noch auf dem Papier, Strafe unwahrscheinlich. Glück für Popstar Janet Jackson, denn was hätte ihr die Brustenthüllung beim Superbowl einbringen können, wenn es in New Mexico schon verboten ist, im Kimono durch die Straße zu reiten?

"dumb laws" in Europa

In Punkto Vorschriften trauten die europäischen Gesetzgeber dem Bürger laut Arne Schinkel schon mehr zu: "Wir sind hier mündiger." Andererseits: Wo es Diskussionen über den Krümmungsgrad der EU-Banane gibt, da wiehert auch der Amtsschimmel: So dürfen sich schottische Kuhbesitzer nicht betrinken, und in Frankreich ist Küssen im Zug verboten. Im Übrigen wäre Bill Gates in Deutschland sicherlich kein Milliardär geworden, fügt Schinkel hinzu: "Denn er hat damals ganz klein in einer Garage angefangen. In Deutschland ist das verboten, denn hier müssen alle Geschäftsräume Fenster haben."

Nicht alle Gesetze lassen sich, auch wenn man die näheren Umstände betrachtet, erklären. Warum wohl ist in Vermont das Pfeifen unter Wasser verboten und weshalb dürfen in Daytona Beach öffentliche Mülleimer nicht sexuell belästigt werden? - Da muss auch Jurist Arne Schinkel kapitulieren. Und in Topsail Beach in North Carolina ist es Hurricanes per Gesetz untersagt, das Stadtgebiet zu überqueren. Ob sich je ein Wirbelsturm daran gehalten hat und was ihm bei Zuwiderhandlung droht, ist nicht bekannt.