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Merckle begeht Selbstmord

6. Januar 2009

Der in Finanznot geratene schwäbische Unternehmer und Milliardär Merckle hat sich das Leben genommen. Sein Firmenimperium war nach Fehlspekulationen mit VW-Aktien und durch die Finanzkrise ins Wanken geraten.

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Der Unternehmer Adolf Merckle (dpa)
Machte nicht gern Aufhebens von seiner Person und seinem Vermögen: "Firmenmogul" MerckleBild: picture-alliance / dpa

Adolf Merckle galt als der fünftreichste Mann Deutschlands. Die spektakuläre Karriere des Großindustriellen und Vorzeigeunternehmers nahm nun ein dramatisches Ende: Der 74-Jährige hat sich am Montagabend in der Nähe seines Wohnorts Blaubeuren-Weiler bei Ulm vor einen Zug geworfen und war sofort tot. Die Familie ließ am Dienstag (06.01.2009) erklären, die "wirtschaftliche Notlage seiner Firmen (…) sowie die Ohnmacht, nicht mehr handeln zu können", hätten den "leidenschaftlichen Familienunternehmer gebrochen".

Broker an Bildschirmgeräten an der Frankfurter Börse (dpa)
Der kurze, wilde Höhenflug der VW-Aktie im Oktober 2008 hatte Gewinnphantasien beflügelt - auch bei MerckleBild: picture-alliance/ dpa

Gemeint sind damit Folgen der internationalen Finanzkrise, die Merckles Unternehmen - darunter Ratiopharm, HeidelbergCement und VEM Vermögensverwaltung - schwer getroffen haben. Gemeint ist aber auch das aufsehenerregende Scheitern Merckles, der sich mit Aktien des Volkswagen-Konzerns kläglich verzockt hatte. Sein anschließender Hilfsappell an die Banken hatte öffentlichen Unmut provoziert. Noch kurz vor dem Bekanntwerden der Todesmeldung war durchgesickert, die Verhandlungen mit Gläubigerbanken über einen Überbrückungskredit in Höhe von 400 Millionen Euro stünden kurz vor einem positiven Abschluss.

Erst Ende Dezember war auch ein Stillhalte-Abkommen mit den Banken erzielt worden. Das Sanierungskonzept sah aber auch vor, dass der Konzernchef wichtige zentrale Teile seines Firmenkonglomerats abgeben sollte.

Zweifel am Image des Selfmade-Milliardärs

Das Logo des Generika- Arzneimittelherstellers Ratiopharm
Kernstück des Merckle-Imperiums: Zentralsitz von Ratiopharm in UlmBild: AP

Merckle hatte den Ruf eines Machers, der dann zuschlägt, wenn es der Markt nicht erwartet. Aus der kleinen Arzneimittelhandlung seines Vaters schmiedete er einen weltweit agierenden Konzern. Die großen Geschäfte des Mannes, den das "Manager Magazin" als den "Paten aus Blaubeuren" bezeichnete, sollen mit nachgeahmten Medikamenten begonnen haben, deren Patente abgelaufen waren. Ratiopharm gilt als die Initialzündung der Merckleschen Erfolgsgeschichte. In der Wirtschaftspresse wurde er schon einmal als Meister im Ausnutzen von Steuerschlupflöchern charakterisiert.

Der publikumsscheue Unternehmer kontrollierte mit seiner Familie ein sehr weit verzweigtes und undurchsichtiges Imperium verschiedenster Firmen unterschiedlichster Branchen. Dazu zählen neben dem Generikahersteller Ratiopharm, dem Pharmagroßhändler Phoenix sowie dem größten Baustoffhersteller Deutschlands, HeidelbergCement, etwa auch der Spezialfahrzeughersteller Kässbohrer.

Die drei wichtigsten Unternehmen der Merckle-Gruppe beschäftigen nach Angaben einer Sprecherin etwa 100.000 Mitarbeiter und machten jährlich insgesamt 33 Milliarden Euro Umsatz. (sc)