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Philipp Köster: Fast jedes Tor ein Treffer

Wim Abbink5. Mai 2006

Die Welt des Fußballs ist eine Welt von tiefer Weisheit, wie dieses Buch beweist. Eine Welt, in der man "vom Feeling her ein gutes Gefühl" hat, obwohl "die Realität anders ist als die Wirklichkeit".

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Immer wieder gerne genommen: eine Sammlung von Sprüchen aus der bunten Welt des Fußballs. Gewollt witzige, häufiger aber ungewollt komische Aussagen von Menschen, die eher balltreterisch denn verbal versiert sind. Darunter ausgelutschte wie "Das ist doch Schnee von morgen" (Jens Jeremies). Aber auch unbekannte - für Genießer, die gerne zur Sache kommen: "Wir haben mit der notwendigen fairen Brutalität gespielt" (Christian Beeck).

Buchcover: Philipp Köster - Fast jedes Tor ein Treffer

Es gibt verschrobene Formulierungen von Trainern, die auf Pressekonferenzen zu rhetorischen Höhenflügen ansetzen, die mit einer sprachlichen Bauchlandung enden: "Grundsätzlich werde ich versuchen zu erkennen, ob die subjektiv geäußerten Meinungen subjektiv oder objektiv sind. Wenn sie subjektiv sind, werden ich an meinen objektiven festhalten. Wenn sie objektiv sind, werde ich überlegen und vielleicht die objektiv subjektiv geäußerten Meinungen der Spieler mit in meine objektiven einfließen lassen" (Erich Ribbeck). " Oder auch kunstvoll angefangene Sätze von Kommentatoren, die voll in die Hose gehen (dorthin also, wo's richtig weh tut) oder aber mit einem intellektuellen Eigentor enden: "Es steht im Augenblick 0:0. Aber es hätte auch umgekehrt lauten können" (Heribert Fassbender) - oder auch: "Da wird Handspiel repariert!" (Wilfried Mohren)

Die Nummer 2 freut sich auf Holland

Das vorliegende Büchlein mit dem programmatischen Titel "Fast jedes Tor ein Treffer" ist so eine Sammlung. Vielleicht nicht sonderlich originell. Immerhin gibt es derartige Listen, auch und gerade im Internet, wie Sand am Meer. Aber der Autor des Buchs, Philipp Köster (genau: der von "11 Freunde"), hat sich bei der Aufbereitung die Mühe gemacht, einen gewissen Mehrwert zu schaffen.

Einmal durch die Zusammenfassung der Sprüche in Kategorien wie "Religion", "Politik" (Berti Vogts als Kapitän bei der WM 1978 zur Folterpraxis der argentinischen Junta: "Ich bin mir sicher, unserer Mannschaft wird nichts passieren") oder auch "Sexualität", die durchaus zum gezielten Nachschlagen reizen. Und dann durch die knappen Kommentare, die den Sprüchen noch eine gewisse Extra-Würze verleihen: "Die Holländer sind vorne vom Feinsten bestückt" (Oliver Kahn ist ganz erregt). Oder: "Es ist immer ein schönes Gefühl, den Olli hinten drin zu haben" (Sebastian Kehl mag es gefühlsecht).

Weizenbier und Flasche leer

Da die Aneinanderreihung von Zitaten, wie lustig sie auch sein mögen, auf die Dauer doch etwas langweilig wird, hat der Autor das Ganze mit kleinen Anekdoten aufgelockert - etwa über die politischen Aktivitäten eines Ewald Lienen. Nachzulesen ist (im Wortlaut) der denkwürdige Wutausbruch, mit dem Giovanni Trappatoni in München Fußballgeschichte schrieb. Aber auch der abstruse Dialog zwischen Waldi "Weizenbier" Hartmann (mit schon undeutsch anmutender Hartnäckigkeit in der Interviewtechnik) und Nationaltrainer Rudi Völler (der partout nicht wahrhaben wollte, dass ein Unentschieden beim Tabellenführer Island keine große Leistung sei).

Ja, vorbei sind die Zeiten, in denen ein Fußballspiel nur 90 Minuten dauerte und man als Fußballspieler auch mal unbemerkt an Ball, Gegner oder Presse vorbeigrätschen konnte. Heutzutage lauern Kameras, Mikrofone und Notizblöcke wirklich überall. Mit der Folge, dass so mancher Ballkünstler eher durch verbale Entgleisungen als durch Leistungen auf dem grünen Rasen in die Annalen eingeht und sich damit den Stammplatz in Büchern wie diesem redlich verdient.

Na denn: gutes Gelingen!

"Fast jedes Tor ein Treffer". Das gilt vor allem für bestimmte Persönlichkeiten. Eine Statistik der erfolgreich daneben agierenden Personen wird zwar nicht geführt. Aber gewisse Herrschaften sind schon beim Durchblättern auffallend stark vertreten. Es wäre unfair, hier Namen zu nennen. Wenn Sie aber zufällig auf Koryphäen wie Franz Beckenbauer, Andy Möller, Lothar Matthäus oder OIiver Kahn tippen, dann liegen Sie nicht ganz falsch.

(Noch) nicht vertreten ist übrigens Jung-Nationalspieler Lukas Podolski. Aber der hat das Zeug, in künftigen Ausgaben vertreten zu sein. Immerhin ist inzwischen aktenkundig, was er in seiner Freizeit so treibt: "Ich spiele gerne mit mir selber."

Philipp Köster
Fast jedes Tor ein Treffer
Rowohlt 2006
ISBN 3-499-62146-0
EUR 6,00