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Christina Bergmann29. Juli 2003

Medikamente gibt es bald auch im Internet. Schon im nächsten Jahr soll der Versandhandel in Deutschland erlaubt werden. Apothekerverbände sehen die Gesundheit der Patienten gefährdet.

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Bald auch frisch aus dem InternetBild: Bilderbox

Der legalisierte Versandhandel mit Medikamenten soll vor allem eins: Die Kosten im Gesundheitswesen senken. Zehn bis 30 Prozent weniger müssten Patienten dann für ihre Medikamente bezahlen, schätzt Apotheker Dr. Peter Weber. In seiner Online-Apotheke bietet er schon jetzt
Viitamintabletten und Hustenpastillen an - insgesamt rund 10.000 Produkte.

Seit fünf Jahren steht der Server in den Hinterzimmern seiner "realen" Apotheke im Kölner Süden und Weber ist mit dem Geschäft zufrieden. "Wir haben über eine Million Zugriffe pro Monat, tausende Sendungen gehen hier monatlich raus," sagt er. Und er hofft, dass in diesen Paketen bald auch "richtige" Medikamente liegen: "Denken Sie an chronische Kranke, die Medikamente gegen Diabetes oder Bluthochdruck benötigen. Ich glaube schon, dass man diese Medikamente ohne Risiko versenden kann", ist sich der Apotheker sicher.

Qualitätssiegel für Online-Apotheken

Allerdings, fordert Weber, müssten für den Online-Handel mit Medikamenten ganz klare Richtlinien gelten. "Wenn Online-Apotheken legal in Deutschland arbeiten dürfen," sagt er, "dann muss es ein Qualitätsmanagement-System geben. Es muss gewährleistet sein, dass nur eine wirklich real existierende Apotheke das machen darf und dass der Apotheker eine Approbation hat." Dann sei auch die Beratung - per email oder hotline - gewährleistet und der Kunde könne sicher sein, dass er das richtige Medikament bekommt.

Eine Prüfung, ob beispielsweise zusammen bestellte Medikamente auch miteinander verträglich sind, sei online genauso gut möglich wie bei einem persönlichen
Apothekenbesuch. "Wenn der Patient mit einem Rezept zu einem anderen Apotheker geht," erklärt Weber, "kann das im Moment auch keiner überprüfen." Er warnt aber davor, Medikamente im Internet bei unbekannten Anbietern zu bestellen.

Den Kunden vor sich selbst schützen?

Apothekerverbände sehen durch den Versandhandel mit Medikamenten jedoch die Gesundheit der Patienten gefährdet. Ein "Gütesiegel" für Internet-Anbieter, sagt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein, habe sich für andere Produkte nicht durchgesetzt, auch für Medikamentenhandel würde es seiner Ansicht nach nicht funktionieren.

Er lehnt den Online-Verkauf von Medikamenten kategorisch ab, auch wenn hinter der Internet-Apotheke ein zugelassener Apotheker steht: "Der Verbraucher kann nicht unterscheiden, ob dieses Medikament auch einen sicheren Handelsweg genommen hat. Er kann nicht unterscheiden, wo die Ware herkommt." Preis befürchtet, dass die Medikamente beispielsweise alt sind, von schlechterer Qualität, mit einem ausländischen Beipackzettel versehen, oder dass es zu Verwechslungen kommt.

"Gesundheitspolitisches Phantom"

Das Argument, mit Online-Handel würden Medikamente auf Dauer billiger, lässt der Verbandschef nicht gelten. Mit Internethandel ließen sich keine Einsparungen erzielen, sagt Preis, entsprechende Studien würden das Gegenteil belegen: "Das ist ein gesundheitspolitisches Phantom, was da herumgeistert."

Außerdem befürchtet er, dass ein nach seiner Ansicht zur Zeit gut funktionierendes System zerstört wird. Der Versandhandel würde sich auf die preisgünstigeren Medikamente konzentrieren, teure Medikamente, Beratung und ständige Bereitschaft bliebe an den realen Apotheken hängen - eine Bedrohung für deren Existenz.

Gute Erfahrungen in den Niederlanden

Dieter Hebel, Vorstandsvorsitzender der Gmünder Ersatzkasse, sieht in dem Versandhandel mit Medikamenten einen guten Beitrag zum Sparen, die Beiträge für die Versicherten könnten dadurch niedriger werden. "Die
Apotheker", argumentiert er, "sollten nicht nur immer davon reden, dass sie ihre Monopole erhalten möchten, sondern sie sollten sehen, dass sie als Dienstleistungszentrum vor Orten die Kunden an sich binden und Alternativen bieten."

Dass der Versandhandel mit Medikamenten den Verbraucher
gefährdet, bestreitet er. Der Kunde sei durchaus in der Lage zu unterscheiden, welches Medikament er über das Internet beziehen kann und bei welchem er doch lieber die Beratung einer realen Apotheke braucht, meint Hebel. Schließlich gebe es schon Erfahrungen mit holländischen Anbietern, die eine entsprechende berufliche Qualifikation haben. "Die Qualität," sagt Hebel, "sehe ich nicht gefährdet."