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Pilotprojekt im Kosovo stößt auf Widerstand

24. Februar 2005

Die internationale Gemeinschaft fordert eine lokale Verwaltungsreform im Kosovo. Die Regierung billigte eine Testphase in fünf Kommunen. Kann die Reform gelingen, solange der zukünftige Status der Region unklar ist?

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In ausgewählten Kommunen soll die Reform zunächst umgesetzt werdenBild: AP

Die Regierung im Kosovo hat am 22. Februar einen Plan zur Reform der lokalen Verwaltung gebilligt. Dieser soll später im Parlament umgesetzt werden. Zunächst ist eine Testphase anberaumt. In dieser Phase werden fünf kommunale Einheiten gebildet: zwei Ortschaften mit mehrheitlich serbischen Einwohnern, zwei mit albanischer Mehrheit, eine mit türkischer Mehrheit. Es wird beabsichtigt, dass sie in der Zukunft zu Kommunen werden.

Die oppositionelle Demokratische Partei Kosovos von Hashim Thaci verließ gestern aus Protest das Parlament. Sie befürchtet, dass durch den Regierungsplan neue serbische Enklaven im Kosovo entstehen werden. Der Abgeordnete Jakup Krasniqi sagte, der alte Plan werde missachtet und durch neue Punkte ergänzt, wodurch das Kosovo in Enklaven geteilt werde. Auch Professor Esat Stavileci, Experte für Verfassungsrecht an der Universität in Pristina, lehnt Reformen ab, bevor nicht der künftige Status des Kosovo geklärt sei.

DW-RADIO/Albanisch: Warum ist die Dezentralisierung eines kleines Territoriums wie Kosovo eine der wichtigsten Punkte bei der Erfüllung der von der internationalen Gemeinschaft geforderten Standards?

Prof. Dr. Esat Stavileci: Ich denke, die Dezentralisierung im Kosovo geschieht unter politischem Druck, und alles, was in dieser Phase passiert, ähnelt mehr einem politischen Prozess. Ich schätze, der politische Status würde die Dezentralisierung erleichtern und nicht das Gegenteil, dass die Dezentralisierung den politischen Status erleichtert. Ich habe den Eindruck, es gibt einige Unklarheiten, was die Bezeichnung betrifft, weil viele die lokale Verwaltung mit der Dezentralisierung gleichsetzen. Es ist sowohl theoretisch als auch praktisch schwer, eine Grenze zu setzen. Trotzdem hat die lokale Verwaltung verfassungsmäßigen Charakter und der in Gang gesetzte Prozess der Dezentralisierung ist sozusagen, wie das Pferd von hinten aufzäumen. Meine Meinung ist, dass man auf den Status hätte warten müssen.

Welche Vor- und Nachteile hat der Dezentralisierung?

Die Dezentralisierung bringt mehrere Vorteile: Zuständigkeiten werden auf mehrere Ebenen verteilt, die Kommunikationswege zwischen Verwaltung und Bürger werden kürzen, Unregelmäßigkeiten können leichter identifiziert werden.

Sie hat auch Nachteile: Es mangelt an Interesse für Anliegen, die nicht die Kommune betreffen. So fokussiert sich das Interesse nur auf Teilaspekte – nämlich die Kommune, die landesweite Kontrolle wird beeinträchtigt. Ich befürchte, dass die Dezentralisierung im Kosovo Folgen für morgen haben könnte.

Die Dezentralisierung hat die Integration der Minderheiten zum Ziel. Es besteht aber die Befürchtung, dass eine umfassende Übertragung der Kompetenzen zur Desintegration führen wird.

Die Dezentralisierung wird auf den ersten Blick zum Zwecke der Integration durchgeführt. Es besteht aber die große Gefahr, dass es zur Desintegration kommt, wenn viele Kompetenzen überschritten werden. Auf dem Plan der Kosovo-Regierung steht die Bildung neuer Kommunen; einige Kommunen werden auf ethnischer Grundlage geschaffen. Es gibt viele offene Fragen. Erstens: das Kosovo und seine Institutionen haben noch keine Macht und um so weniger eine zentrale Macht, was kann dann dezentralisiert werden? Zweitens: Kann Gewaltenteilung im Kosovo nicht durchgeführt werden, wenn die Gewalten nicht einmal eingerichtet sind. Also muss zunächst der Status geregelt sein.

Wie beeinflusst die Dezentralisierung die Klärung der Status-Frage?

Es besteht die Gefahr, dass die Schaffung der Kommunen dem Begehren der Serben nach Enklaven und rein serbischer Territorien nachkommt. Wirtschaftlich betrachtet, muss ich sagen, in einer schwierigen Wirtschaftslage, einem niedrigen Budget und einer hohen Armutsrat wie im Kosovo, wäre es mit der Bildung neuer Kommunen überfordert

Was halten Sie von den Pilotkommunen?

Ich bin nie auf Projekte dieser Art gestoßen. Ich lehne die Bildung von Kommunen nach ethnischen Kriterien ab. Beispielsweise gehört Junik auch zu dem Pilotprojekt. Es ist zwar mehrheitlich von Albanern bewohnt, erfüllt aber andere als rein ethnische Kriterien, um eine Kommune zu werden. Junik ist eine große Gemeinde, für kosovarische Verhältnisse sozial und wirtschaftlich entwickelt. Dies sollten die Kriterien für die Auswahl der Kommunen sein.

Angelina Verbica,
DW-RADIO/Albanisch, 23.2.2005, Fokus Ost-Südost