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Pokern um EU-Partnerschaft

Bernd Riegert18. November 2013

Es bleibt spannend bis zum Gipfeltreffen nächste Woche: Die EU verlangt Zugeständnisse von der Ukraine für ein Kooperationsabkommen. Aber die Ukraine bewegt sich - wenn überhaupt - nur im gebremsten Schneckentempo.

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Protest in der Ukraine durch Unterstützer der Opposition - Sergey Dolzhenko (EPA)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Ukraine erhält eine weitere Chance, die Bedingungen der Europäischen Union zur Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens zu erfüllen. Die europäischen Außenminister ließen es am Montag (18.11.2013) in Brüssel weiter offen, ob beim Gipfeltreffen mit den östlichen Partnern Ende der kommenden Woche das Abkommen mit der Ukraine besiegelt wird. "Das ist noch nicht möglich, aber es ist für die Zukunft nicht ausgeschlossen. Das ist nicht mehr viel Zeit, aber noch haben wir ein wenig Zeit", sagte der litauische Außenminister Linas Antanas Linkevicius, dessen Land zurzeit die rotierende Präsidentschaft der EU innehat.

Die Europäische Union forderte das ukrainische Parlament auf, versprochene Reformen beim Wahlrecht und im Justizwesen zu verabschieden. "Da sind einige Gesetze in der Mache. Einige haben die erste Lesung passiert. Sie müssen jetzt Ergebnisse erzielen und Entschlossenheit zeigen", mahnte der litauische Außenminister. "Wir brauchen Fortschritte, dann können wir auch diskutieren."

Timoschenko soll ausreisen dürfen

Fortschritte müsse es vor allem im Fall von Julia Timoschenko geben. Die seit zwei Jahren inhaftierte ehemalige Regierungschefin soll zur medizinischen Behandlung nach Deutschland ausreisen dürfen. Die EU wertet die Haftstrafe für die Oppositionspolitikerin als politisch motiviertes Urteil einer nicht unabhängigen Justiz. In diesen Tagen sind erneut Unterhändler und Vermittler der EU in der Ukraine, sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle nach den Beratungen in Brüssel: "Wir setzen darauf, dass alle Seiten in Kiew den Ernst der Lage und die Dringlichkeit erkannt haben. Ich betone ausdrücklich auch die Dringlichkeit, denn natürlich ist es so, dass die Zeit rennt."

Demonstranten (Foto: EPA/SERGEY DOLZHENKO )
Freiheit für Timoschenko? Oppositionelle demonstrieren in KiewBild: Picture-alliance/dpa

Mal optimistisch, mal pessimistisch

Seit 16 Monaten verhandeln die EU und die Ukraine bereits über die Bedingungen, die zur Unterzeichnung des Partnerschaftsabkommens führen sollen. 23 Vermittlungsreisen haben der ehemalige polnische Präsident Alexander Kwasniewski und der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments Pat Cox nach Kiew unternommen. Kwasniewski, dessen polnische Heimat direkt an die Ukraine grenzt, will die Hoffnung nicht aufgeben: "Ich arbeite mit der Ukraine schon sehr lange, seit der Unabhängigkeit. Die Erfahrung hat mich gelehrt: Montag, Mittwoch und Freitag bin in Optimist. Dienstag, Donnerstag und Samstag bin ich Pessimist. Und am Sonntag überlege ich mir, was bringt die nächste Woche."

Kawsniewski (li.) und Cox im Parlament der Ukraine (Foto: SERGEI SUPINSKY/AFP/Getty Images)
Dauergäste: Vermittler Kawsniewski (li.) und Cox im Parlament der UkraineBild: SERGEI SUPINSKY/AFP/Getty Images

Bundesaußenminister Westerwelle hofft, dass die Vermittler den ukrainischen Präsidenten noch überzeugen können. "Dem ist es nicht dienlich, wenn man jetzt Ultimaten stellt oder Dinge ausspricht, die als Drohung verstanden werden könnten. Das macht keinen Sinn und wird eher einen außerordentlich schwierigen Prozess noch weiter beschweren. Dem möchte ich natürlich ausweichen", so Westerwelle äußerst vorsichtig.

Wahl zwischen Russland oder Europa

Die EU-Außenminister betrachten das Assoziierungsabkommen als Scheideweg. Wenn der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch unterschreibt, entscheidet er sich endgültig für eine Annäherung an Europa und demokratische Werte, so EU-Diplomaten. Falls er die Bedingungen nicht erfüllt, strebt er ins Lager Russlands.

Außenminister Westerwelle (re.) im Oktober bei Präsident Janukowitsch (Foto: Reuters)
Heikle Mission: Außenminister Westerwelle (re.) im Oktober bei Präsident JanukowitschBild: Reuters

Der russische Präsident Putin will die Ukraine enger an sich binden. "Russen und Ukrainer werden sich immer sehr nahe sein. Wir sind Teile des gleichen Volkes", hatte Wladimir Putin im September in einem Interview gesagt. Russland lockt die Ukraine mit niedrigen Gaspreisen. Im Falle einer Annäherung an die EU droht Putin allerdings mit wirtschaftlichen Strafmaßnahmen.

Der Europa-Abgeordnete Werner Schulz (Bündnis 90/Die Grünen) warnt die Ukraine vor einem Schwenk nach Osten. "Russland arbeitet mit Zuckerbrot und Peitsche. Auf der einen Seite gibt es Anreize, dass man Wirtschaftshilfe und niedrige Gaspreise bietet. Auf der anderen Seite gibt es blanke Erpressung und Drohungen", sagte Schulz im Deutschlandfunk. "Das ist nur der Vorgeschmack, wenn man sich auf eine engere Zusammenarbeit mit Russland einlässt." Putin plane eine Wiederbelebung der Sowjetunion, so Schulz, "und das ist das Allerletzte, was die Menschen in der Ukraine wollen".

Spätere Abkommen nicht ausgeschlossen

Sollte es beim Gipfeltreffen mit der Ukraine in der kommenden Woche in der litauischen Hauptstadt Vilnius nicht zu einer Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens reichen, weil Julia Timoschenko immer noch im Gefängnis sitzt, dann will sich die EU dennoch ein Hintertürchen offenhalten. Aus der Umgebung der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton heißt es, die Verhandlungen könnten im nächsten Jahr wieder aufgenommen werden. Eine Unterzeichnung des Abkommens sei auch dann noch möglich.

Offenbar will man die Ukraine nicht so schnell ins russische Lager abdriften lassen. Der schwedische Außenminister Carl Bildt sagte in Brüssel, die EU habe eine klare Politik. "Ob der ukrainische Präsident wirklich weiß, was er will, da bin ich nicht so sicher", so Bildt.