1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Polen- ein Schlaraffenland für Arbeitslose aus Westeuropa

19. August 2004
https://p.dw.com/p/5Si4

Krakau,14.8.2004, PRZEKROJ, poln.

Polen hat sich als Schlaraffenland für ausländische Arbeitslose erwiesen. Nur bei uns können sie von der "Stütze" wie Könige leben. Das nutzen vor allem Polen mit doppelter Staatsangehörigkeit aus.

Die Träume der Arbeitslosen sind endlich in Erfüllung gegangen, weil sie jetzt mehr Geld im Monat bekommen als der Leiter des Arbeitsamtes. Das bezieht sich aber leider nur auf diejenigen Arbeitslosen, die die Staatsbürgerschaft eines westlichen Staates besitzen.

Man kann in Polen Luxusferien auf Kosten der westeuropäischen Steuerzahler ganze drei Monate lang genießen. Arbeitslose EU-Bürger können bei uns zwischen 1 046 und 5 205 Zloty [1 Euro entspricht 4,3 Zloty] im Monat kassieren. Die größten Zuschüsse bekommen natürlich Einwohner der reichsten EU-Länder, in denen auch das Arbeitslosengeld am höchsten ist. Die ersten Anträge gab es bereits beim Arbeitsamt in Olsztyn (Allenstein), Gdansk (Danzig) und Lebork (Laudenburg). Es handelt sich dabei hauptsächlich um Polen, die vor langer Zeit ausgewandert sind.

Um diese "Ferien" zu genießen, muss man vorerst aus dem Heimatland das Formular E303 mitbringen, das als "Schlüssel zum Paradies" oder "Garantie für gelungene Ferien" gilt. (...) Einen Monat vor der Reise muss das zuständige Arbeitsamt im Ausland darüber in Kenntnis gesetzt werden, dass man jetzt drei Monate lang Arbeit in Polen suchen will. (...) Nach der Ankunft in Polen muss sich der Arbeitslose anmelden. Es genügt auch, wenn sich jemand nur vorübergehend anmeldet. Ohne Anmeldung läuft nämlich nichts. Die größten Chancen haben aus diesem Grund vor allem Polen, die zwei Pässe besitzen, die die Gegend und die Realität vor Ort sowie die Sprache wie auch die Mentalität der Beamten, die Steine in den Weg legen, kennen.

Mit der Anmeldung geht man zum Woiwoschaftsarbeitsamt. Hier wird das westliche Arbeitslosengeld in Zloty umgerechnet. Die Papiere werden dann zum Kreisarbeitsamt geschickt, das die Aufgabe hat, das Geld auf das Konto des Arbeitslosen zu überweisen. (...)

Die 21-jährige Katarzyna aus Paderborn hat sich am 30. Juni 2004 beim Kreisarbeitsamt in Olsztyn registrieren lassen. Nach Deutschland ist sie vor 14 Jahren mit den Eltern ausgewandert. (...) "Mit 200 Euro Arbeitslosengeld ist es schwierig in Deutschland über die Runden zu kommen. In Polen ist das etwas anderes", sagt Katarzyna. Sie bekommt 1 046 Zloty an Arbeitslosengeld und obwohl es sich dabei um den niedrigsten Betrag für westliche Arbeitslose handelt, ist er doppelt so hoch als das Geld, das einem polnischen Arbeitslosen zusteht. Katarzyna will in Polen als Näherin oder Verkäuferin arbeiten. Sie ist sich der Tatsache bewusst, dass sie in diesen Berufen in Polen weniger verdienen könnte, als sie jetzt vom Arbeitsamt bekommt. Bald wird die ganze Familie von Katarzyna nach Polen kommen. Der Vater (...) und die Mutter (...) werden auch ihr Arbeitslosengeld in Polen beziehen.

In Polen will auch der 38-jährige Darius aus Gdansk bleiben. Er ist vor 26 Jahren ausgewandert. (...) Jeden Monat bekommt er 2 767 Zloty vom polnischen Arbeitsamt. (...) 3 375 Zloty kassiert der 25-jährige Robert aus Lübeck, der nach sechs Jahren in sein Heimatdorf in der Nähe von Lebork zurückkehrte. "Ich war selbst von der Höhe des Arbeitslosengeldes überrascht, weil die Einheimischen viel weniger bekommen", sagt er.

Für Aufsehen sorgte jedoch ein 25-jähriger dänischer Staatsbürger polnischer Abstammung, der sich beim Arbeitsamt in Olsztyn registrieren ließ. Er bekommt monatlich 5 206 Zloty, d.h. fast fünf Mal soviel wie die Beamten des Arbeitsamtes im Durchschnitt verdienen: "Wir wussten, dass die Gehälter und Löhne im Westen hoch sind, aber wir haben nicht vermutet, dass sie höher sind, als das Gehalt des Direktors", sagt Janina Miglewicz, Direktorin des Arbeitsamtes in Olsztyn.

Die Invasion der westlichen Arbeitslosen auf Polen wird vom Steuerzahler in Westeuropa finanziert. Die Kosten werden von dem Land getragen, aus dem der Arbeitslose kommt und zwar drei Monate lang.

Polnische Arbeitslose hingegen, die Arbeit in Europa suchen, werden lediglich 115 Euro von den westlichen Arbeitsämtern bekommen.

(sta)