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"Polen ist nicht das gelobte Land", aber die einzige Chance

14. Oktober 2002

- Immer mehr Flüchtlinge aus Tschetschenien stellen einen Asylantrag in Polen

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Warschau, 13.10.2002, NEWSWEEK POLSKA, poln.

(...) Nach Polen kommen immer mehr verzweifelte Tschetschenen. Zur Zeit befinden sich in den insgesamt acht polnischen Flüchtlingslagern 1 800 Tschetschenen. Ende September wurde das neunte Lager in Suprasle in der Nähe von Bialystok (Ostpolen - MD.) eröffnet. Seit Juli d.J. hat sich die Zahl der Asylbewerber aus Tschetschenien verdoppelt und sie beläuft sich auf 500 Personen im Monat.

Die Lage in der durch den Krieg zerstörten Republik ist hoffnungslos. Das Land ist völlig vernichtet. Wie wir in der letzten Ausgabe der Wochenzeitschrift "Newsweek" berichteten, versuchen die russischen Soldaten auch die zivile tschetschenische Bevölkerung auszurotten. Die einzige Chance für die Tschetschenen liegt also in der Flucht.

Polen ist für sie das nächste und immer öfter das einzige Ziel, weil sie für die Einreise nach Polen kein Visum brauchen. Dazu reichen ihre russischen Pässe völlig aus. Sie wissen jedoch, dass die Zeit drängt, da Polen aufgrund der Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Union ab dem 1. Juli 2003 eine Visapflicht für Bürger Russlands einführen wird.

Die Tschetschenen, mit denen die Zeitschrift "Newsweek" sprach, betrachten Polen nicht als das "gelobte Land". Sie wissen Bescheid, dass die Unterhaltskosten hier hoch sind, dass es Schwierigkeiten gibt, eine Arbeit zu finden und dass der Lohn sehr niedrig ist. "Ich wäre schon für ein Dach über dem Kopf dankbar" sagt Abezid Athajew aus dem Flüchtlingslager in Smoszewo. Dieses Lager befindet sich in einem ehemaligen Internat, das seit 15 Jahren nicht renovieret wurde. Sogar der Fernsehsaal wurde in ein Schlafzimmer umgewandelt.

"Es wird immer mehr von uns hier geben" sagt Abezid Ahajew mit Überzeugung. Er selbst ist Anfang Juli aus Grosny geflüchtet. Zusammen mit seiner Frau und drei kleinen Kinder gelangte er zuerst nach Moskau. Dort irrten sie durch die Stadt und besuchten Botschaften westlicher Staaten, in der Hoffnung, Asyl zu bekommen. Ohne Erfolg. (Sta)