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Frist für Polen bis Ende Oktober

14. September 2016

Seit Monaten weigert sich die nationalkonservative Regierung in Warschau, Entscheidungen zur Gängelung der Justiz zurückzunehmen. Das EU-Parlament will den Zwist mit Polen nun innerhalb von sechs Wochen bereinigt sehen.

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Demonstration gegen Justizreform in Warschau (Archivbild: epa)
Auch in Polen selbst protestiert die Opposition immer wieder gegen die Absicht der Regierung, die Justiz zu kontrollierenBild: picture-alliance/dpa/J. Turczyk

Mit großer Mehrheit haben die Europa-Parlamentarier Polen aufgefordert, seine Verfassungskrise bis Ende Oktober in den Griff zu bekommen. Alle Parteien im polnischen Parlament in Warschau müssten sich um einen Kompromiss bemühen, heißt es in der in Straßburg verabschiedeten Resolution. Die Lähmung des Verfassungsgerichts und die Weigerung der Regierung, dessen Urteile zu veröffentlichen und damit in Kraft zu setzen, gefährdeten "die Demokratie, die Grundrechte und die Rechtsstaatlichkeit".

EU-Prüfverfahren im Januar eingeleitet

Die EU-Kommission in Brüssel hatte im Fall Polens Mitte Januar zum ersten Mal überhaupt in einem EU-Mitgliedsland die Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit eingeleitet. Brüssel wirft der konservativen regierenden Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) vor, rechtswidrig die Ernennung mehrerer Verfassungsrichter rückgängig gemacht und die Unabhängigkeit des Gerichts eingeschränkt zu haben. Das EU-Verfahren kann letztlich dazu führen, dass das Land sein Stimmrecht in der Europäischen Union verliert.

1000 Richter protestieren

Erst vor wenigen Tagen hatten mehr als 1000 polnische Richter der Warschauer Regierung von Ministerpräsidentin Beata Maria Szydlo und Staatspräsident Andrzej Duda nochmals vorgehalten, die Justiz zunehmend unter ihre Kontrolle zu bringen. "Noch nie in der bisherigen Geschichte der freien polnischen Justiz ist es auf verschiedenen Ebenen der Gerichte zu so drastischen Maßnahmen zur Einschränkung ihrer Autorität gekommen", betonten die Richter in einer Schlusserklärung ihres außerordentlichen Kongresses. Duda verweigert seit zwei Monaten auch die Ernennung von zehn neuen Verfassungsrichtern.

Polen Verfassungsgericht mit dem Obersten Richter Andrzej Rzeplinski (Archivfoto: rtr)
Der nationalkonservativen Regierung ein Dorn im Auge: das Verfassungsgericht in WarschauBild: Reuters/K. Pempel

Während der Debatte in Straßburg bezeichnete der polnische EU-Abgeordnete Ryszard Legutko, der Mitglied der Regierungspartei PiS ist, die Resolution als "absurd". "Die Europäische Union durchlebt die bedeutendste strukturelle Krise in ihrer Geschichte und findet dabei die Zeit, sich mit einer total marginalen Angelegenheit zu befassen", meinte er. Dagegen wies sein Landsmann, der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion des EU-Parlaments, Janusz Lewandowski, darauf hin: " Polen braucht Europa und Europa braucht Polen."

se/wl (dpa, afp)