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Politik direkt Forum vom 02. 07. 2009

9. Juli 2009

"Ist der Einsatz in Afghanistan sinnvoll?"

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Bundeswehr-Soldaten auf Patrouille in Afghanistan.Bild: AP

Informationen zum Thema:

Afghanistan - der Einsatz am Hindukusch wird immer gefährlicher

Er ist so etwas wie der Kummerkasten für die Soldaten; der Wehrbeauftragte Reinhold Robbe von der SPD. Er nimmt Beschwerden der Soldaten entgegen, spricht mit ihnen, ist ihre Vertrauensperson in der Politik. Bestimmendes Thema der Gespräche und Besuche von Robbe ist der Kriegseinsatz in Afghanistan. Er war selbst dabei, als in Kundus Soldaten schwer verwundet wurden, spricht mit Menschen, die durch ihren Einsatz psychische Probleme bekommen haben. Für Robbe, wie auch für die meisten deutschen Soldaten, ist der Afghanistaneinsatz längst ein Krieg.

Unsere Frage lautet:

"Ist der Einsatz in Afghanistan sinnvoll?"

Antworten unserer Zuschauer:

Ron Beraha, USA:

"Nach dem zweiten Weltkrieg hat sich Deutschland richtigerweise entschlossen, für Frieden zu stehen. Frieden aber ist nicht zu haben, wenn man angesichts einer Bedrohung durch Extremisten wie die Taliban den Kopf in den Sand steckt. Weil die Bedrohung weit weg ist, ist sie schwerer zu begreifen, aber sie ist zweifelsohne real. Deutschland muss sich für den Weltfrieden engagieren, und das bedeutet nun mal, dass man gegen die vorgeht, die diesen Frieden bedrohen."

Eva Nürnberger, Namibia:

"Ich finde den militärischen Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan unverantwortlich und auch gegen das Mandat der Bevölkerung: Erst sollten diese Soldaten nur mit dem Wiederaufbau helfen, jetzt sterben sie 'für Volk und Vaterland' - was für ein Hohn! Sie sterben für die gigantischen Fehler der USA unter George Busch, die andere Länder jetzt ausbaden müssen."

Gunter Montag, Venezuela:

"Der deutsche Einsatz ist sinnvoller denn je. Nur die defensive Kampfart müsste in eine offensive gewechselt werden."

Gerhard Seeger, Philippinen:

"Der Einsatz ist bereits Krieg, und es macht keinen Sinn mehr, sich (dagegen zu wehren, d. Red.) es beim Namen zu nennen - das ändert nichts. Die Aufgabe der deutschen Soldaten war es zu helfen, aufzubauen usw., aber (nicht zu kämpfen, d.Red.). Da sie sich verteidigen müssen, kommen sie nicht mehr dazu, Kindergärten zu bauen, wie der Minister - weit weg - sich es vorstellt. Die deutschen Soldaten sollten abberufen werden. Deutschland muss auf andere Art helfen, z.B. mit Sachlieferungen (auch Waffen) für die Taliban-Gegner. Auch die USA, die dort einfielen, sollten einsehen, dass man einem Volk wie den Afghanen, mit ihrem tiefen Glauben, verbunden mit Gehorsam vor ihren 'geistigen Führern', die Demokratie nicht einfach mit Kriegsgewalt überstülpen kann. Ein guter Teil will die Demokratie schon, und man muss hoffen, dass mit der Zeit eine Mehrheit überzeugt wird. Aber mit Krieg, geführt von Ungläubigen, wird nur zu mehr Hass und Ablehnung gegen das, was aus dem Westen kommt, führen."

Martin Burmeister, Venezuela:

"Der ursprünglich vorgesehene Einsatz der Bundeswehr schien sinnvoll, jedoch vermisse ich die Beteiligung der Afghanen oder deren Regierung. Wie es im Augenblick aussieht, werden die gesteckten Ziele in absehbarer Zeit nicht erreicht, weshalb ein Umdenken in der Zusammenarbeit mit den Afghanen unbedingt notwendig ist und dabei eine zeitliche Begrenzung des Einsatzes festgelegt werden muss."

Bhadar Singh, Indien:

"Nein. Die Taliban werden im Verlauf dieses Krieges immer stärker. Die Afghanen selbst haben das Gefühl, dass sie von den US-geführten Truppen brutaler behandelt werden als von den Taliban."

Victor Chan, USA:

"Der Kriegseinsatz in Afghanistan ist nur dann sinnvoll, wenn die an ihm beteiligten Nationen sich wirklich nachhaltig engagieren. (...) Würde die deutsche Regierung den Einsatz dort "Krieg" nennen, würden noch mehr deutsche Soldaten getötet werden. Ich bin mir sicher, das ist das Letzte, was Kanzlerin Merkel will. Niemand kann wollen, dass junge Soldaten in einem Krieg fallen, für den es keinen guten, überzeugenden Grund gibt. Unglücklicherweise ist ein 'humanitärer Einsatz' der Bevölkerung schwer zu verkaufen, weil in Afghanistan bisher immer noch keine echte Stabilität erreicht wurde und dadurch deutsche Soldaten sterben.".

Tom Clyde, China:

"Afghanistan ist ein armes Land, dessen Bevölkerung sich nach Frieden und Wohlstand sehnt. Da die eigenen Regierung das nicht gewährleisten kann, muss die Weltgemeinschaft da helfen. Die internationalen Helfer müssen aber mehr Rücksicht auf die Besonderheiten der afghanischen Gesellschaft nehmen. Der Einsatz kann gelingen, wenn er ohne Gewalt und ohne Vorurteile vonstatten geht. Aber das Wichtigste ist natürlich, die innere Sicherheit wiederherzustellen."

Mustafa Alani, Irak:

"Meiner Ansicht nach war der Krieg gegen Afghanistan alles andere als gut geplant und durchgeführt. Es war vielmehr eine viel zu hastige Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September 2001. Die Folgen: Weltweit ist der Terrorismus nicht weniger geworden und die Situation in Afghanistan hat sich auch nach acht Jahren Krieg nicht wirklich verbessert."

Khalil Sadat, Afghanistan:

"Zuerst mein Beileid für die Familien der Soldaten, die ihr Leben im Afghanistan-Einsatz verloren haben. Ich finde den Einsatz in Afghanistan sehr sinnvoll! Nur eins von vielen Beispielen: Dank dem Einsatz in Afghanistan ist heute das afghanische Parlament mit einem Anteil von 28 Prozent mit Frauen besetzt. Das stellt den höchsten Anteil von Frauen in einem Parlament in der Region dar. Zum Vergleich: Der Anteil der Frauen im deutschen Bundestag ist 32 Prozent."

Herbert Fuchs, Finnland:

"Sinnvoll wäre es, das Land sich selber zu überlassen, egal wie es dort weiter geht. Einen künstlichen Frieden herstellen zu wollen, auch nach vielen Jahren Einsatz der Nato-Soldaten vor Ort, ist am Ende kein Paket Zwieback wert. In einen Land, in dem uns die Kultur so fremd ist wie auf einem anderen Planeten, zeigt sich deutlich, auf welch verlorenem Posten unsere Soldaten dort stehen. Die Menschen dort müssen mit sich selber fertig werden wie sie es schon seit ewig gewohnt sind, auch wenn das unserer westlichen Einstellung widerspricht. Schade um (das Leben eines jeden, d.Red.) jungen Menschen, der dort nur helfen will und keinen Dank dafür bekommt. Dort gehen die Uhren völlig anders, als wir das im Westen kennen."

Lee Davis, USA:

"Die Mission in Afghanistan muss korrigiert werden. Ich bezweifle, dass mit einem Krieg der Terror beendet werden kann. Die USA müssen das Land so lassen, wie es jetzt ist, und die Afghanen dazu bringen, ihr Land selber aufzubauen. Wenn die Afghanen einen Jobs beim Wiederaufbau ihres Landes bekommen, dann fallen sie auch nicht auf die Taliban herein."

Hannelore Krause, Deutschland:

"Anfangs schien es so, als würden wir das afghanische Volk in allen Lebenslagen beschützen und es unterstützen, dem Volk nach Jahrzehnten der Fremdherrschaft wieder Eigenständigkeit zu geben. Aber das scheint ja so nicht mehr der Fall zu sein. Immer mehr Bundeswehrsoldaten müssen ihr Leben lassen und die Bundesregierung spricht schon von Gefallenen, also Menschen, die in einem Krieg ihr Leben lassen müssen. Die Deutschen sollten sich so schnell wie möglich aus Afghanistan verabschieden, zumal sie an dessen Feindseligkeiten und Auseinandersetzungen nie beteiligt waren. Und warum sollen deutsche Soldaten für eine Sache sterben, mit der die Bundesrepublik direkt überhaupt nichts zu tun hat?"

René Junghans, Brasilien:

"Der Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan ist absolut unsinnig. Die deutsche Politik setzt das Leben junger Deutscher aufs Spiel - viele sind schon umgekommen - in diesem fernen exotischen Land. Ich frage mich immer wieder erneut: Warum? Das ist ein afghanisches Problem, genau genommen eventuell ein amerikanisches Problem, denn die Amerikaner sind in das Land eingefallen und haben unter George W. Bush europäische Nationen in diesen sinnlosen Krieg mit hineingezogen. Es ist an der Zeit, dass alle deutschen Soldaten aus Afghanistan zurückgezogen werden. "Make love, not war", wie man früher so schön sagte."

Florian Lohoff, Deutschland:

"Meines Erachtens nach ist er das allemal. Ich denke in Afghanistan geht es nicht nur darum, einem Land beim Aufbau zu helfen, sondern erstens sich den Taliban entgegen zu stellen und ihnen damit zu suggerieren, dass man sie nicht einfach tun und machen lässt was sie wollen. Zweitens geht es hier bei auch darum in einem weiterem Land die Demokratie zu sichern und/oder soweit sie existiert zu erhalten und zu stabilisieren. Das ist meiner Meinung nach sehr wichtig in der heutigen Zeit! (siehe Iran, Pakistan). Ich bin gegen jegliche Art von Gewalt und Krieg, jedoch sind wir in Afghanistan, soweit ich dies beurteilen kann, in einer Lage, wo wir damit umgehen müssen, dass die Situation sich zuspitzt und die Soldaten darauf situationsgerecht reagieren müssen und auch dürfen! Und des weiteren dient er auch dem nationalen Schutz. Auch wenn er Risiken birgt, ist er sinnvoll."

Die Redaktion von ‚Politik direkt‘ behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.