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Politik direkt Forum vom 11. 06. 2009

18. Juni 2009

"Darf der Staat das Internet kontrollieren?"

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Bild: picture-alliance/dpa

Informationen zum Thema:

Unbeschränktes Surfen - Wie viel Freiheit verträgt das Internet?

Ist alles erlaubt im Internet? Soll die Gesellschaft Online-Geschäfte mit Pornographie, Glücksspiel, Autorenrechten wirklich tolerieren? Politiker in Deutschland planen jetzt eine Ausweitung des Grundrechtekatalogs auf die moderne Kommunikationsgesellschaft. Das Recht soll gelten, offline wie online. Überfällig, sagen die einen, unzulässige Eingriffe, kritisieren die anderen, vor allem die Verfechter der neuen Medien. Die Familienministerin Ursula von der Leyen will klare, gesetzliche Maßnahmen gegen die Verbreitung von Kinderpornographie im Netz. Doch selbst das bleibt nicht ohne Widerspruch.

Unsere Frage lautet:

"Darf der Staat das Internet kontrollieren?"

Antworten unserer Zuschauer:

Fred Griswold, USA:

"Anarchie funktioniert nie. Leute brauchen Regierung. Hacker sind klug, und die Sperren im Internet sind leicht umzugehen, aber der Staat hat Menschen, die auch klug sind. Zensur ist legitim, wenn es demokratisch ist. Das Internet ist international, und dieses Problem (zu lösen, d. Red.) wird eine internationale Anstrengung verlangen. Vielleicht werden wir eine Zusammenarbeit mit undemokratischen Ländern wie China brauchen, aber solche Kompromisse scheinen unvermeidlich."

Patricia Luz Norma Villanueva, Argentinien:

"(...) Kinderpornographie ist ein Verbrechen, das von Staats wegen verfolgt und bestraft wird. Also muss sie auch aus dem Internet verschwinden. Die Bedeutung des Internets wird dessen ungeachtet noch weiter wachsen. Insofern wäre es hilfreich, wenn die Regierungen besser verstünden, welcher Logik das ganze folgt, um dort systematischer die Spreu vom Weizen trennen zu können. Das ist eine gewaltige Aufgabe."

Alfred Bihler, Kanada:

"Mit dem Internet ist es eben wie mit allem anderen auch. Es lässt sich nicht so (gestalten, d. Red.), dass jedem alles gefällt, was darin vorkommt. Wenn nun aber Staaten oder Politiker mit der Keule der Zensur darin herumdreschen wollen, dann ist das für mich klarer Machtmissbrauch. Wer zensiert denn die Zensierer?"

Michael Stanek, Brasilien:

"In der Frage der Kinderpornographie sollte der Staat voll zugreifen können, damit solche Monster so schnell wie möglich hinter Gitter kommen. Wer aber einen Musik-Download tätigt, denjenigen würde ich nicht belangen. Wenn eine Musik-CD z. B. nicht so teuer wäre, würde wahrscheinlich auch die Mehrheit keine Piraterie betreiben."

Lee Davis, USA:

"In Sachen Internet-Kontrolle traue ich Regierungen nicht über den Weg. Ich habe das Gefühl, dass sie die Dinge zensieren, die ihnen unangenehm sind."

Charles Smyth, Großbritannien:

"Das Internet zu kontrollieren, ist wie Bücher zu verbrennen. Und wo das enden kann, wissen die Deutschen wohl am besten. (...) Lässt man die Hände weg vom Internet, dann hat man bessere Möglichkeiten, den Anbietern von Kinderpornographie das Handwerk zu legen."

Herbert Fuchs, Finnland:

"Ein Engländer, der mit dem Medium Internet sehr kompetent und vertraut ist, sagte einmal salopp auf die Frage: Was denken sie über das Internet? Es sei ein 'stinkender Misthaufen, in dem kostbare Perlen versteckt sind' und die müsse man herausfinden. Ja, und zurück zu Ihrer Frage: Das Wort 'kontrollieren' ist eigentlich falsch (...). Der Staat, bzw. und BKA hat die Pflicht und auch das Recht in den weltweiten Kompost konstant hineinzuschauen und zu überwachen was läuft. Wie sagt schon ein altes deutsches Sprichwort: 'Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!', und dem schließe ich mich an."

Birgit Herbers, Deutschland:

"Die Frage muss zunächst mal lauten: Kann das Gesetz das Internet beschränken? Die Antwort ist 'nein' und damit ist die gesetzliche Beschränkungsdiskussion hinfällig. Alle weiteren Diskussionen sind Volksverdummung."

Dorothea Well, Ghana:

"Ich bin der Meinung, dass der Staat da, wo gegen die Grund- und Menschenrechte verstoßen wird (z. B. im Internet), auch kontrollierend eingreifen darf und im manchen Fällen (z. B. Kinderpornographie) auch muss. Wer soll es denn sonst machen? Die Frage ist natürlich, wie das im Einzelnen in einem demokratischen Staat gehen kann. Dazu sollte ein geeignetes Gremium geschaffen werden, das aus Experten, engagierten Bürgern, Verfassungsrechtlern usw. bestehen kann, damit auch dabei die demokratische Linie gewährleistet bleibt. Kontrolliert der Staat nicht auch z.B. Umweltverschmutzungen, Schulpflicht, Geburten- und Sterberegister (um nur einiges zu nennen)? Warum soll die Einhaltung der Grund- und Menschenrechte im Internet nicht auch kontrolliert werden dürfen?"

Rolf Bockmühl, Philippinen:

"Im Falle von Kinderschändern und kriminellen Vereinigungen in jedem Fall. Dazu muss der Gesetzgeber die Grundlage schaffen und das BKA sollte besser ausgestattet werden. Alle anderen Fälle sollten immer von einem Gericht überprüft werden. Eine grundsätzliche Einschränkung des Internets lehne ich ab."

Martin Winter, Deutschland:

"Ja, der Staat soll das Internet kontrollieren. Eine Kontrolle ist allerdings nicht mit den jetzt vorgeschlagenen Sperren möglich. Diese Sperren sind kinderleicht zu umgehen und meines Erachtens sollte auch jeder wissen, wie diese Sperren umgangen werden können. Denn wer am Internet teilnehmen möchte, sollte über dessen rein grundsätzliche Funktionsweise und auch der damit verbundenen Gefahren Bescheid wissen; das sollte Teil der Medienkompetenz sein. Ich spreche mich also gegen eine derartige Sperrung aus und fordere stattdessen, dass auf internationaler Ebene Gesetze geschaffen und angewendet werden, die die Verfolgung von Kinderpornographie effektiv ermöglichen."

René Junghans, Brasilien:

"Alles was illegal ist, sollte im Internet unter Strafe verboten werden, vor allem Kinderpornografie. Porno für Erwachsene (adult porno) sollte der Staat nicht unterbinden, angebracht ist allerdings, dass der Zugang durch die persönlichen Daten des Interessenten registriert wird, der eidesstattlich (...) erklären muss, dass er mindestes 18 Jahre alt ist. Ob das Alter stimmt, könnte mittels der persönlichen Daten gegengecheckt werden. Jeder Internethändler müsste vor Freigabe der Webpage geprüft werden, ob er im Handelsregister eingetragen ist, ob die angegebene Adresse stimmt, ob er vorbestraft ist, ob er unbezahlte Schulden hat, um bestmöglichst zu vermeiden, dass er gutgläubige Käufer betrügt. Was im Internet sonst noch durch spezifische Gesetze geschützt werden kann, muss von Fall zu Fall geprüft werden."

Gerhard Seeger, Philippinen:

"Kinderpornographie darf nicht im Internet erlaubt sein und muss verhindert werden. Wenn die Internet-Service-Provider es nicht können oder manche vielleicht nicht wollen, dann muss der Staat in einem genau festgelegten Rahmen, von Datenschützern kontrolliert, etwas tun. Richtig gemacht, muss es nicht in einen Großen-Bruder-Staat ausarten."

Die Redaktion von ‚Politik direkt‘ behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.