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Politik direkt Forum vom 12. 02. 2009

18. Februar 2009

"Darf man mit dem Sterben Geschäfte machen?"

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Roger Kusch führt eine "Selbsttötungsmaschine" vor. Damit will Kusch Schwerkranken auch in Deutschland einen selbstgewählten Weg in den Tod ermöglichen. Foto: Kay Nietfeld dpa/lno (zu dpa 4277) +++(c) dpa - Report+++Bild: picture-alliance/ dpa

Informationen zum Thema:

Geschäft mit dem Sterben - die Machenschaften des Roger Kusch

Er ist ein streitbarer deutscher Jurist: Roger Kusch aus Hamburg. Er macht ein Geschäft mit dem Tod. Mehrmals hat er mit einer selbstentwickelten Todesmaschine alten Menschen zum Suizid verholfen. Dabei waren die Senioren noch durchaus rüstig. Mehr als 8000 Euro kassierte der umstrittene Kusch für den erwünschten Suizid. Immer wieder hat die Politik versucht ihn zu stoppen. Doch gewerbsmäßige Sterbehilfe kann derzeit juristisch noch nicht verfolgt werden. Die Innenminister der Bundesländer arbeiten derzeit an einem Gesetzesentwurf, der kommerzielle Sterbehilfe verbieten würde. Und das Verwaltungsgericht in Hamburg wirft Kusch nun vor, er habe aus der Beihilfe zur Selbsthilfe ein Geschäft gemacht; betreibe ein unerlaubtes Gewerbe. Mit Hochdruck wird daran gearbeitet, das tödliche Geschäft zu stoppen. Doch Kusch ist entschlossen, bis vor die höchsten Gerichte zu ziehen, um weiterhin, wie er sagt, für das Selbstbestimmungsrecht der Menschen zu kämpfen.

Unsere Frage lautet:

"Darf man mit dem Sterben Geschäfte machen?"

Antworten unserer Zuschauer:

Amin Zoqurti, Jordanien:

"Was für eine Welt ist das? Wenn es erlaubt ist, dass manche Leute Geld für Sterbehilfe bekommen!"

Dipon Bose, Indien:

"Man muss sich diesem Thema moralisch nähern. Manche arme Seele sieht nur eine Facette des Lebens und verliert dadurch die Hoffnung. Aber die Gesellschaft sollte diese Hoffnungslosigkeit nicht einfach nur hinnehmen. Wir sollten versuchen, diesen Menschen bis zum letzten Atemzug Hoffnung zu geben, ihnen beistehen und ihnen menschliche Nähe geben. Außer in ganz extremen Fällen ist Beihilfe zum Selbstmord weder juristisch noch moralisch akzeptabel. Selbstmordgedanken können sich auch schnell wieder verflüchtigen. Deshalb grenzt für mich ein Geschäftemacherei mit dem Tod anderer an Sadismus. Der Hinduismus (Karma) lehrt, dass der Mensch auf der Erde seine Pflicht tun soll, egal wie schwierig die Umstände sind und nicht Selbstmord begehen."

Adalbert Goertz, USA:

"Das Geschäft der Sterbehilfe ist so lange nötig wie die Ärzte keinen Handlungsbedarf sehen."

René Junghans, Brasilien:

"Sterbehilfe gegen Entgeld ist meiner Meinung nach Mord. Ich verteidige das Recht auf Leben. Gott hat uns zum Leben errufen, um dieses bis zum letzten Atemzug zu leben und nicht, um es vorzeitig abzubrechen. Suizid ist Feigheit, ist Selbstzerstörung - das geht gegen Gottes Wille. Wenn jemand 8.000 Euro für Suizid-Hilfe abkassiert, dann ist er nicht nur ein eiskalter Mörder, sondern auch ein eiskalter Opportunist, der in der Schwäche alter, oft demenzgeplagter Menschen, eine Gelegenheit findet, sich ungerechterweise selbst zu bereichern. 'Des anderen Elend sein eigenes Glück'. Ist jemand so krank, dass es wirklich keine ärztliche Hilfe mehr gibt, dann hat ein Ärztekomitee des Krankenhauses, in dem der Sterbenskranke (liegt, d. Red.), zu entscheiden, wann der richtige Moment gekommen ist, die den Menschen am Leben erhaltenden Geräte abzustellen, aber auch dann immer mit Zustimmung des Kranken und dessen direkten Familienangehörigen. Dadurch vermeidet man, dass gegen den Wunsch des Opfers (finde keinen zutreffenderen anderen Ausdruck) gehandelt wird. Aber eine Maschine zu entwickeln, um alte Menschen zu Hause zum Suizid zu bewegen, das ist der Gipfel der Herzlosigkeit, geradezu grausam. Menschen müssen sich gegenseitig helfen, nicht umbringen! Als Christ kann ich ganz einfach nicht anders denken."

Gerhard Seeger, Philippinen:

"So sehr es zu verstehen ist, dass unheilbar Kranke, die auch noch starke Schmerzen haben und hilflos sind, lieber sterben möchten als so qualvoll weiter zu leben, gehört Sterbehilfe nicht in (die Hand von Privatleuten, d.Red.). (...) Auch noch rüstige ältere Menschen bekamen diese 'Hilfe'. Meine Meinung ist, dass Sterbehilfe in bestimmten Fällen erlaubt sein sollte, aber nur von erfahrenen Ärzten geleistet werden dürfte und (jeder Einzelfall, d.Red.) sehr genau und umfassend geprüft wurde. Finanzelle Aspekte dürfen die Entscheidung nicht beeinflussen."

Karl Heinrich Pflumm, USA:

"Ich glaube, dass der Staat überhaupt kein Anrecht hat, die Selbstmordhilfe zu regulieren. Ein Selbstmord, der keinen anderen gefährdet, ist eine persönliche Entscheidung. Wer ist die Person, die für uns alle entscheiden kann, was ethisch ist? Weder ein religiöser Führer noch Politiker können das (...)."

Folly Adadé André, Togo:

"Nein, man darf nicht mit dem Sterben Geschäft machen, denn die Sterbehilfe ist Mord und das geht gegen Gottes Wille. Meiner Meinung nach ist es unmoralisch, das Leben der Menschen vorzeitig abzubrechen."

Michael Stanek, Brasilien:

"Unheilbar kranken Menschen sollte man die Möglichkeit erhalten zu entscheiden, ob sie Sterbehilfe annehmen oder auch nicht. Das gebührenpflichtig zu machen ist eine Schande. Vielmehr sollte man die behandelnden Mediziner in die Pflicht nehmen, und gesetzmäßig festschreiben, dass diese deswegen nicht bestraft werden. Das ist aus meiner Sicht humaner."

Herbert Fuchs, Finnland:

"Das ganze Kapitel hört sich nach einem Science-Fiction-Roman an, dass man ein blühendes Geschäft daraus macht und sich wohl noch eine goldene Nase verdient. Dazu noch der Staat mit einer dazu passenden Steuer, der dann seinen finanziellen Segen dazu gibt. Was wäre das für eine fürchterliche, verdammte Welt? Sicherlich gibt es schrecklich todkranke Menschen mit unerträglichen Schmerzen, Tag für Tag ein unbeschreiblicher Kampf. Sauerstoffmangel, Unbeweglichkeit am ganzen Körper und Schmerzen zum wahnsinnig werden. Man könnte gut verstehen, wenn ein Mensch sich von allen irdischen Leid trennen möchte, weil er seinen Körper und seinen Geist aufgeben möchte. Es ist aber unsere heilige Pflicht, nach wie vor jedes Menschenleben zu schützen, auch wenn es nach außen nichts wert erscheinen sollte. Solange ein Menschenherz schlägt, soll es von unserer Verfassung geschützt sein. Ein guter griechischer Freund sagte mir einmal folgende Weisheit: 'Gott gibt das Leben - Gott nimmt das Leben', und dem schließe ich mich an."

Hannelore Krause, Deutschland:

"Der Mensch, das Wesen, hat nicht um sein Leben gebeten, dennoch genießt er es und klammert sich im schlimmsten Fall an den sogenannten Strohhalm, wenn das Leben sich zu verabschieden droht, weil er die Reise in die Unendlichkeit nicht antreten möchte. Andererseits möchte er seinem Leben ein Ende setzen, wenn es qualvoll zu werden droht und er auch keinen Sinn mehr im Leben sieht. Warum sollte er sich persönlich nicht vorbehalten dürfen, seinem Leben ein Ende zu setzen, wie er das ja auch mit einer Patientenverfügung tut, d.h. alle lebensverlängernden Maßnahmen ausschließt? Wobei diese Art von den Ärzten entschieden wird und keine Geschäftemacherei ist. Aber womit werden heute keine Geschäfte gemacht? Menschliche Organe werden teuer verkauft, der Tod als solcher muss teuer bezahlt werden. Und im Übrigen sollte es Sache jedes Einzelnen sein, ob er sich im Falle eines unmenschlichen Dahinsiechens vorbehält, seinem Leben gegen Entgelt ein Ende zu bereiten."

Erwin Scholz, Costa Rica:

"Nicht abhanden kommt die Ehr'

ihm, der sagt, ich will nicht mehr.

Sterben aus freiem Willen

'moralisch' nicht zu killen.

Abart pur jedoch hoch zwei

ist Geschäftemacherei."

Die Redaktion von 'Politik direkt' behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.