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Politik direkt Forum vom 17.12.2007

21. Dezember 2007

"Sollen sonntags die Läden geschlossen bleiben?"

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Bild: picture-alliance/ dpa

Informationen zum Thema:

Kaufrausch am Tag des Herren – Kirchen gegen Sonntagsshopping.

Nach und nach lockern sich in Deutschland die Ladenschlussgesetze. Besonders die Weihnachtszeit ist für den Einzelhandel attraktiv. Einen Großteil ihres Umsatzes machen Kaufhäuser und Fachgeschäfte in den Adventstagen. Jetzt haben auch an allen Sonntagen im Advent die Geschäfte in Berlin geöffnet, lassen die Kassen der Händler klingen. Doch gegen den Konsum an den Adventssonntagen klagen jetzt die Kirchen vor dem Bundesverfassungsgericht. Sie berufen sich dabei auf das Grundgesetz, das Sonn- und Feiertage ausdrücklich als Tage der Arbeitsruhe schützt. Der Einkauf am Sonntag, so die Kirchen, sprenge den Rhythmus, der für die Gesellschaft, für das Wohl der Familie nötig ist.

Unsere Frage zum Forum:

"Sollen sonntags die Läden geschlossen bleiben?"

Antworten unserer Zuschauer:

Mario Schwark, Paraguay:

"Einkaufen macht Spaß und kann durchaus entspannend sein. Allerdings nicht am Ende eines 8 - Stunden-Tages, sondern wenn man frisch und ausgeschlafen ist. Daher sollten Kaufhäuser generell Sonntags geöffnet haben. Wer ausruhen will, wird ja dadurch nicht gezwungen, einkaufen zu gehen

Hans J. Wohlfart, Philippinen:

"Hier in den Philippinen gibt es keine Öffnungszeiten für den Verkauf. Denn hier ist jeder Tag ein Arbeitstag für den Verkauf. Supermärkte und auch viele kleine Geschäftsleute haben an Samstagen und Sonntagen geöffnet. Nur der 25. Dezember ist als "Christmas Day" ausgewiesen. Ich hatte am Anfang erwartet, dass dadurch die Kirchen leer sind, aber das ist nicht der Fall. Volle Kirchen und auch volle Kaufhäuser sind die Regel hier. Ich wünsche ein schönes Weihnachten und ein besseres 2008."

Hinnerk Meyer, Deutschland:

"Oh, heuchlerisches Gebaren, eitles Tun vor der Öffentlichkeit, wenn es darum geht, diese wieder einmal auf die moralische Instanz unserer christlichen Kirchen aufmerksam zu machen; längst nicht mehr geht es im Erwerbsleben darum, am 7. Tage zu ruhen, sondern wie billig kann Arbeitskraft sein, und das hat wahrhaftig nichts mit Feiertagsruhe zu tun. Und Ruhe, um neue Kraft zu schöpfen? Kraft wofür? Entfremdete, beliebige Tätigkeiten, so niedrig vergolten wie nur irgend möglich (im Gegensatz zum mehr als 1000-fachen Sold einiger weniger) und stets mit der Gewissheit, auswechselbar zu sein, ohne dass das eigene Wohl außer im engsten Kreis jemanden interessiert. Ich finde, Öffnungszeiten sollten ganz abgeschafft werden, und unsere christlichen Kirchen sollten sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren."

Gerhard Seeger, Philippinen:

"Ruhezeit braucht der Mensch. Auch ohne religiöse Gründe würde sich der Sonntag aus Gewohnheit anbieten. Aber Viele sind auch Sonntags notwendigerweise im Dienst und müssen mal einkaufen. Man muss Kompromisse machen. In vielen Ländern sind die Geschäfte sieben Tage offen. Freie Tage des Personals werden eingeteilt, Wünsche werden - wenn möglich - berücksichtigt. Wer Sonntags in die Kirche will, wird die Zeit finden."

Lee Davis Cornelius, USA:

"Ich sehne mich nach dem Tag, an dem alle Geschäfte in Amerika geschlossen sind. Man braucht einen Tag in der Woche, an dem man die Arbeit vergessen und sich ganz um die Familie kümmern kann. Gott hat am siebten Tag geruht – wir sollten seinem Beispiel folgen."

Rolf Bockmühl, Philippinen:

"Hier in Fernost haben wir die Sieben-Tage-Woche. Früher - ich lebte in Spanien - war es fast genau so. Darunter kann der Glaube nicht leiden. Auch die Familie lebt nicht mehr so, wie vor 30 oder 40 Jahren. In unserer schnelllebigen Zeit kann ein Jeder das finden, was für ihn nützlich ist. Wer zur Kirche gehen will, der findet immer einen Weg dorthin. (...) Es ist Wunschdenken der kirchlichen Amtsträger wenn sie denken, der Sonntag gehört der Kirche. Wir leben in 2007! Nicht mehr in den Fünfzigern des letzten Jahrhunderts. Gebt jedermann den freien Willen zu tun, was im demokratischen Rahmen erlaubt ist."

Johnny Ceasar, Philippinen:

"Die Woche hat sieben Tage und einer davon ist für Gott reserviert. Man kann an jedem anderen Tag einkaufen gehen, aber den Tag des Herrn sollte man zuhause mit der Familie oder Freunden verbringen. Man kann sich entspannen, sich mit sich selbst und der Natur beschäftigen und natürlich in die Kirche gehen."

Serge Engelhardt, Deutschland:

"Die Geschäfte sollten an Sonntagen offen haben. Schon jetzt arbeiten viele Menschen sonntags und keiner kritisiert das. Also: An die Arbeit!"

David Holmes, Spanien:

"Es ist eine individuelle Entscheidung, wann man einkaufen geht und wann man sich eine Ruhepause gönnt. Warum sollte eine christliche Tradition den Lebensstil einer pluralistischen Gesellschaft bestimmen?"

Eva Allan, Südafrika:

"Wieviel Prozent feiern ernstlich Advent? (...) Ein bis drei Stunden für Kirchgang lassen sich abzweigen. Aber - niemand MUSS einkaufen gehen! Es gibt hier ums (fromme) Pretoria Geschäfte, die sonntags geschlossen sind, aber an nichtsonntäglichen Feiertagen offen. Alle scheinen damit zufrieden zu sein, sogar das Verkaufspersonal. Finanzamt auch, hm?"

Anna Tabler, Kanada:

"Ich kann die Aufregung überhaupt nicht verstehen. Das ist doch eine sehr gute Möglichkeit zu sehen, was Unternehmern, Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Kunden der Glaube wert ist. Glauben wir an Gott? Ich kenne manche Gläubige, die Sabbat feiern. Sie sehen darin die Möglichkeit, Gott zu zeigen, dass sie Widerstand leisten gegen die Versuchungen der Welt, versuchen nicht die Welt zu ändern."

Herbert Fuchs Finnland:

"Nach der heutigen Sichtweise des Einzelhandels sollte ein Kaufmann soviel Freiheit besitzen seinen Laden zu öffnen oder geschlossen zu halten. Es steigert den Umsatz und schafft auch zusätzlich Arbeitsplätze. Im Grunde entscheidet der Kunde ob sich das Sonntagsgeschäft lohnt."

Walter Leu, USA:

"Die Arroganz der Kirchen muss enden. Vielleicht sollten die Kirchen am Sonntag geschlossen werden. In einer freien Gesellschaft muss das Volk entscheiden können wie die Zeit am Sonntag zu verbringen ist."

Martin Burmeister, Venezuela:

"Generell sollte diese Entscheidung dem Ladenbesitzer überlassen bleiben. Jetzt in der Weihnachtszeit sind viele Menschen froh, dass die ganze Familie zusammen ist, um einen Einkaufsbummel zu machen."

Harald Schmitz, Brasilien:

"Als Verbraucher würde ich es begrüßen, wenn sonntags geöffnet ist. Als Angestellter einer Firma sicher nicht. Wenn die Kirchen gegen Sonntagsarbeit Einspruch erheben, so müsste Bahn, Bus und Flugverkehr gestoppt werden, und Gasthöfe, Hotels und Freizeitparks ebenfalls geschlossen bleiben. Eine moderne Welt fordert modernes Denken."

Edith Müssig, Deutschland:

"Die Deutschen wissen gar nicht, was sie an den Sonntagen haben. Es ist eines der Dinge die mir hier sehr fehlen. Einfach ein Tag in der Woche, an dem das Leben anders läuft. Ohne Sonntag merkt man doch gar nicht, dass eine neue Woche anfängt. Es ist immer das Gleiche. Kein Innehalten, immerzu der gleiche Trott. Wenn man diesen anderen Tag der Woche nicht mehr hat, vermisst man ihn sehr bald."

Pongtorn Nakornsri, Thailand:

"Ich finde, an Sonntagen sollten die Geschäfte offen haben, jedoch zu anderen Öffnungszeiten wie z.B. von Mittag bis zum frühen Abend. In anderen Ländern in und außerhalb Europas geht das ja auch. Wenn ein Warenhausangestellter mal einen Tag Ruhe braucht, kann man ja individuell einen Tag in der Woche dafür abstellen."

Argel Martinez, Mexiko:

"Die Leute sollten die Möglichkeit haben, mehr Geld zu verdienen indem sie länger arbeiten. Gleichzeitig sollten Konsumenten die Möglichkeit haben, unabhängig von Ladenöffnungszeiten zu wählen, wann sie einkaufen. Auch würde der Tourismus profitieren. Und deutsche Familien, die ihre Zeit zusammen verbringen wollen, können dies zum Beispiel im Einkaufszentrum tun. Ich sehe nicht ein, dass die Kirchen den Deutschen ihren Weg aufdrücken wollen zu einem Zeitpunkt, da das Land multikultureller ist als jemals zuvor."

Claus Stauffenberg, Australien:

"Im letzten Jahrhundert hat sich die Gesellschaft rasend schnell entwickelt und in uns eine Rund-um-die-Uhr-Mentalität erzeugt. Wir haben unsere Produktivität immer weiter erhöht, dadurch aber auch mehr Stress und weniger Freizeit. Wir sind zu einer Gesellschaft geworden, die permanent darauf aus ist, die Bedürfnisse zu befriedigen, was ohnehin nie gelingt. Insofern ist ein arbeitsfreier Tag eine gute Idee."

Ken Regenos, USA:

"Ich habe lange Jahre in Deutschland gelebt und ich habe die ruhigen Sonntage geliebt. Heutzutage bin ich irritiert über all die Veränderungen dort. Jedes Jahr sieht Deutschland Amerika ähnlicher – überall Fast-Food-Restaurants und Fertiggerichte, Einkäufe am Abend und am Wochenende. Die Deutschen begreifen noch nicht, dass sie eine wunderbare Form von Lebensqualität verlieren. (...) Das deutsche Bier scheint die einzige Konstante geblieben zu sein."

Josef Schicker, Bolivien:

"Die Einführung des Sabbat war eine der größten kulturellen Leistungen des jüdischen Volkes. in der christlichen Welt wurde dies als Sonntag übernommen. Was über 3.000 Jahre geachtet wurde und Segen brachte, sollte keinesfalls in unserer Zeit kurzsichtig preisgegeben werden."

Klaus Warkentin, Mexiko:

"Falls die Kirchen befürchten, dass die freie Marktwirtschaft dem Glauben schädlich sein könnte, so sollten sie mal nach Mexiko kommen und sich die überfüllten Gotteshäuser bei jeder Tageszeit ansehen und das bei durchgehender Ladenöffnungszeit. Eine am Sonntag oder Feiertag geschlossene Mall wäre für uns eine Tragödie."

Ahmed Alhamed, Saudi-Arabien:

"Muslime haben einen Tag pro Woche frei, an dem die Geschäfte geschlossen bleiben sollten, denn dieser Tag ist zum Beten und zum Ausruhen da. Genauso ist es, glaube ich, bei den Christen. Ich weiß nicht wie man an einem Tag arbeiten und in die Kirche gehen kann. Wir sind Menschen, nicht Maschinen und wir sollten an diesem Tag allein Gott huldigen."

Jaimie Keppel, USA:

"Als jemand der im Rund-um-die-Uhr-Land Amerika lebt, weiß ich wie es ist, keinen wahren Feiertag zu haben. Deutschland sollte nicht so enden wie die USA, und deshalb sollten die Geschäfte sonntags geschlossen bleiben. Es ist eine wahrhaft heimtückisch Sache, wie der Materialismus allmählich jeden Lebensbereich durchdringt. Einen Tag zu haben, an dem man etwas anderes tut als Geld ausgeben, ist eine Wohltat... so kann man sich zum Beispiel mit Familie und Freunden unterhalten."

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